Geschichte Teil 2
Unter Feinden
Eine Geschichte von Skeeve und Wespe
Stand: 13.12.2007
Prolog
Es war früher Morgen und Odric war gerade unten im Erdgeschoß des Turmes um an seinem Aufsatz weiter zu schreiben, als die Außentür, erbärmlich knarrend, aufging. Irgendwer musste sie mal wieder Ölen. Und dieser wird er selber sein. Wozu lernte er Magie, wenn man dann immer noch mit den Händen arbeiten muss?
Die Gedanken abwerfend sah Odric zur Tür, um zu sehen wer sie besuchen kam.
Ein dürrer Mann mit einer markanten Spitznase trat ein. „Wen darf ich melden?“, fragte Odric höfflich aber leicht verwundert. Hatte er eigentlich gespürt, dass jemand den Schutzschild welcher den Turm abschirmte, deaktiviert? Nein, eigentlich nicht. Aber das konnte nicht sein, der Magierturm war mit aktivem Schutzschirm (dass er aktiv war spürte Odric) nicht zu betreten.
Der Mann erwiderte ihm nicht, sondern sah sich hektisch um. „Hallo?“, fragte Odric nach. In dem Moment grinste der Mann, seinen Blick auf die toten Tiere gerichtet, die zu Studienzwecken aufgeschichtet etwas abseits lagen.
„Odric, haben wir Besuch?“, das waren die Worte seines Meisters Marus die von einer der Oberen Etagen zu ihm runter drangen. „Ja..“, antwortete er laut. „..Meister.“, sprach er leise zu ende, wie sein Blick dem des Besuchers zu den Tieren folgte.
Diese, teilweise seit Tagen, toten Tiere bewegten sich. Fasziniert und gleichzeitig angeekelt, sah Odric zu, wie die Tiere sich erhoben. „Tötet den Wurm.“ Diese Worte, mit einer eiskalten, klaren und grausamen Stimme ausgesprochen, schlugen ein wie ein Blitz. Odric erstarrt, so etwas hatte er noch nie erlebt. Tiere die wieder lebendig wurden und ihn angreifen sollen, er sah ja die Wunden die die Jäger ihnen zugefügt hatten, so etwas konnte es einfach nicht geben. Das musste schwarze Magie sein.
Die Tiere bewegten sie sich nun geschmeidig auf ihn zu. Er gestand sich ein, immer noch nicht alle Tiere beim Namen nennen zu können, obwohl sein Meister ihn schon so oft angehalten hat sie zu lernen. Definitiv wusste er aber, dass ein Teil der Tiere Angst vor Menschen haben, doch selbst die griffen ihn gerade ohne Scheu an.
„AAAHHHHHHHH.“, entfuhr es ihm. „Odric?“, kam eine erschrockene Stimme von oben. Er hob seine Hände. Nun war der Augenblick also gekommen. Zum ersten Mal in seinem Leben konnte er die erlernte Magie nützlich einsetzen. Eventuell war dies ja auch eine Prüfung seines Meisters. Ja, so musste es sein, er wurde gerade geprüft.
Odric’s Hände gingen in Flammen auf. Schnell formte er das Feuer zu einem Ball. Dieser Ball war klein und schwach, sein Meister würde ihn nachher dafür bestrafen, aber jetzt musste er erst einmal reichen, das erste Tier war keine zwei Schritte mehr von ihm entfernt. Der Ball löste sich aus seiner Hand, gleichzeitig setzte dieses erste Tier zum Sprung an. Ein Wolf, die Rasse kannte Odric. Der Feuerball traf den Wolf, war ja auch ein einfaches Ziel.
Doch was war das? Odric’s Augen weiteten sich, der Wolf brach seinen Angriff nicht ab. Wie konnte das sein. Ein Traum? Kein Wolf ignoriert Feuer. Erst recht nicht, wenn es ihn berührt. Derweil war der Wolf in der Luft, zielsicher mit seiner Schnauze auf Odric’s Kehle gerichtet.
Das ist das Ende. Dies war eindeutig keine Übung, sondern sein Tod. Gestorben am sichersten Platz der Welt, im Turm seines Meisters. Was für ein Ende!
Schon seltsam, wie langsam die Zeit verrinnt, im Anblick seines Todes. Odric nutze die Zeit einen Gedanken an Manukis, dem Todesgott welcher ihn nun in Empfang nehmen wird, zu senden.
Es wurde heiß um Odric. Mehrere Feuerstöße und Feuerbälle flogen dich an ihm vorbei. Diese waren aber, im Gegensatz zu seinem kleinen Feuerball, von beeindruckender Stärke. Zielsicher traf das Feuer die Tiere. Die Wucht ließ die Tier nach hinten schleudern, er war erst einmal gerettet.
„Danke.“, hauchte Odric, kurz zu Treppe schauend, auf der sein Meister hockte und seine Magie wirken ließ. Immer und immer wieder schoss aus Marus Hände das alles vernichtende Feuer. Fasziniert schaute Odric seinem Meister zu. Wie groß und stark seine Magie war, hoffentlich kann er auch irgendwann so etwa vollbringen.
Ein trockenes Lachen holte Odric aus seiner Bewunderung. Schnell sah er zur Tür in dessen Nähe der Fremde stand und vergnügt lachte. Wieso, seine Tiere waren dahin, warum lachte er? Die Antwort gab sich Odric selber. Die Tiere waren nicht verbrannt, sie lebten noch und kamen wieder hervor. Ihr Fell, Haut oder Federkleid stand in Flammen, doch diese Tatsache völlig ignorierend kamen sie immer näher. Immer wieder wurde einer von Marus Kräften zurück geworfen. Doch es waren zu viele Tiere, egal wie schnell Marus seine Magie wirkte, es reichte nicht aus alle Tiere in Schach zu halten.
Odric musste was tun. Er war der Schüler und nun war es an der Zeit seinem Lehrer etwas von dem Gelernten wieder zu geben. Schnell formte er wieder einen Feuerball, diesmal sogar etwas größer und Intensiver als der Letzte und wollte ihn gerade einem aufdringlichen Vogel entgegen werfen, als ihm eine Idee kam.
Odric drehte sich etwas um und zielte auf den Eindringling. Der Ball flog unbeirrbar auf den Mann zu. Odric fing an zu lächeln. Ja, das war eine gute Idee, der Kampf dürfte bald zu Ende sein.
In dem Moment flog sein Feuerball durch den Mann. Durch? Wie konnte das sein? Odric war enttäuscht. Das konnte doch nicht sein, wieso flog sein Feuerball durch einen Menschen? Was war hier nur los? Feuerbälle die nicht trafen, Tiere die wieder lebendig werden, dazu Feuer ignorieren und dem Befehl eines Mannes gehorchen.
„Odric!“ Der Ruf kam gerade rechtzeitig, Odric bemerkte die Ratte an seinen Beinen und trat sie weit weg.
„Hau ab! Flieh! Hol Emelia.“, rief ihm sein Meister zu. Odric tat, wie ihm geheißen und rannte zur Tür, riss sie auf und stürmte raus, um sofort gegen das Schutzschild zu prallen. Es war also doch noch da, sein Gefühl war zumindest in der Sache nicht falsch gewesen. Hektisch sprang Odric auf, murmelte den Spruch und rannte los, nun nicht mehr durch das Schild aufgehalten.
Auf der Strasse sah alles normal aus. Anscheinend war hier draußen keinem etwas aufgefallen. Odric schaute sich kurz zur Orientierung um, dabei entdeckte er ihn. Neben dem Eingang stand der Angreifer. Draußen und nicht drinnen! Waren es Doppelgänger? Ist er ihm gefolgt? Ja, dass musste es sein, der Angreifer war nicht hinter Marus, sondern hinter ihm her. Panisch lief Odric los, seinem Verfolger zu entkommen.
1
Seno, ein umherstreifender Jäger und bekennender Streuner, saß gerade beim Frühstück in der Herberge ‚Theke des Mets’ in der kleinen Stadt Ametar. Seno mochte Städte nicht so gerne und lebte lieber in der freien Natur, doch ein Botenauftrag hatte ihn am Tag zuvor hergeführt. Da er noch etwas zu transportierendes erhalten sollte, ist er diese Nacht in der Stadt geblieben. Ihm gegenüber saß die junge Feuermagierin Emelia, die er auf der Reise nach Ametar getroffen hatte. Zusammen hatten sie ein gefährliches Abenteuer erlebt, wo eine aufgebrachte Meute sie des Mordes beschuldigte und lynchen wollte. Zum Glück wurde ihre Unschuld bewiesen und sie konnten sogar den wahren Mörder einfangen und der Stadtwache übergeben. Nach dem Frühstück wollten sie sich nun trennen, da Emelia zurück musste, er aber noch seinen Auftraggeber erwartete.
Sie waren fast fertig mit dem Essen, als ein Jugendlicher die Schenke betrat. Gehetzt kam er auf sie beiden zu und sprach Emelia an.
2
Die junge Pyromantin, Emelia, hatte gerade ihre erste eigene Mission erfolgreich beendet. Im Auftrag ihres Mentors hatte sie ein Dokument von Ergotar nach Ametar zu Marus, dem hier ansässigen Feuermagier gebracht. Nun würde sie sich auf den Rückweg machen. Auf ihrer Reise hierher war sie Seno, einem Erdmagier und Jäger, begegnet. Unterwegs hatte sie viel gelernt. Glücklicherweise konnte sie nun unbelastet in den Orden nach Ergotar zurückkehren. Sie waren in der Herberge ‚Zum lachenden Flahi’, in der sie eingekehrt waren, des Mordes beschuldigt worden. Der Fall hatte sich zu ihren Gunsten geklärt und ihre Unschuld war erwiesen worden. Nun lag nur noch der Rückweg nach Ergotar vor ihr. Da Seno noch etwas in Ametar zu tun hatte, würde sie alleine zurück reisen.
Emelia hatte ihr Frühstück gerade beendet, als Odric, der Schüler von Marus, dem sie am Vortag das Dokument überbracht hatte, in den Schankraum stürmte.
3
„Marus ist tot.“, keuchte der Junge. „Warum? Was ist passiert?“, fragte Emelia aufspringend. „Angriff, Turm. Er verfolgt mich. Marus hat.. beschützt.“ „Wer sind die Angreifer?“, fragte Seno dazwischen, seinen gespannten Bogen in der Hand und erwartend, dass die Angreifer jederzeit durch die Tür kommen. „Nur einer. Emelia komm, Marus ist alleine im Turm und kämpft.“, flehte der Jüngling, sichtlich verwirrt. Emelia sah Seno kurz an, ehe sie losrannte. Der Jäger tat es ihr gleich, wortlos sie verstehend. Hier war irgendetwas falsch. Der Junge war so durcheinander, dass er sich selber widersprach. Also mussten sie los, selber nachsehen und dies schnell. Vielleicht lebte ja dieser Marus noch.
Wie immer, blieben die anderen Gäste im Raum sitzen. Sich ja nicht in anderen Gelegenheiten einmischen. Man könnte ja Ärger mit der Stadtwache bekommen.
Während sie die Strasse entlang liefen, sahen sich alle drei um ob sie eventuelle Verfolger erspähen können, doch da war keiner. Auch keine Falle wurde ihnen gestellt. Vermutlich hat sich der Junge nur eingebildet, dass er verfolgt worden ist.
Wer ist den überhaupt dieser Junge? Warum rennen wir hinter ihm her? Fragte sich Seno, der nur mitlief um seiner Begleitung einen Gefallen zu tun. Hoffentlich komme ich nicht zu spät zurück um den Gegenstand entgegenzunehmen. Damit dachte der Jäger an den Mann, der ihn am Morgen eigentlich noch in der Herberge aufsuchen wollte, um ihn einen unbekannten Gegenstand zu geben, welchen er dann transportieren sollte.
Seno wußte nicht, wohin sie liefen, so folgte er ihnen wortlos mit kurzem Abstand. Die Stadt war ja nicht besonders groß, so konnte er auch schon bald ihr Ziel ausmachen. Der Hauptstrasse folgend, liefen sie eindeutig auf einem Turm zu. Beim Anblick des Turmes stutze Seno. Irgendetwas war mit dem Turm, aber er kam nicht sofort drauf.
Am Turm angekommen, sprach Emelia einen Satz und öffnete die Tür. Doch sie trat nicht sofort ein, sondern zögerte kurz um Feuer in ihrer Hand zu sammeln.
Dann endlich trat sie ein. Der Junge folgte ihr, Seno sah, dass auch seine Hände brannten, also war er auch ein Feuermagier. Seno wurde auf einmal sehr nervös. „Marus!“, rief der Kleine eintretend.
Dann sind wir ja angekündigt, dachte sie der Jäger und folgte den Magiern.
Drinnen fiel zuerst der Gestank von Verbrannten auf. Rauch lag in der Luft und die ganze sichtbare Einrichtung war zerstört. Hier hatte eindeutig ein Kampf stattgefunden.
In den Trümmern auf dem Boden lagen Knochen. Emelia bückte sich hin. „Das ist Marus. Er ist wirklich tot.“ „Als ich floh, lebte er aber noch.“, sprach der Junge mit zittriger Stimme, sich ängstlich umsehend. „Du hast doch gesagt, er ist tot.“, korrigierte Seno ihn und trat an die steinerne Treppe, noch immer den Bogen in der Hand. Den angesengten Leichnam eines älteren Mannes zu Emelias Füßen sah er nur flüchtig an, eher er nach oben stieg.
Die oberen 2 Etagen waren nicht zerstört. Anscheinend hatte der ganze Kampf im Erdgeschoß statt gefunden. Trotzdem musste der Mörder oben gewesen sein, denn alles war offensichtlich durchwühlt worden.
„Oben ist alles durchsucht. Der Mörder hat etwas gesucht und vermutlich auch gefunden.“, erklärte der Jäger, wie er wieder runter kam.
Emelia erhob sich gerade mit traurigem Gesicht. Ob sie den vermutlichen Meister des Knaben kannte? Wahrscheinlich. „Odric. Marus ist tot. Erzähl mir genau, was hier passiert ist.“
Seno’s Gedanken überschlugen sich, während er der Ausfragung des Jungen verfolgte, auch ab und an eine Frage einwarf. Jetzt wusste er also auch den Namen des Ortsansässigen Magiers, Marus. Dies hätte er sich auch eher zusammen reimen können. Schon als der Junge in die Herberge lief und dessen Tod verkündete. Wen sollte Emelia hier sonst kennen, als den Magier und dessen Schüler? Aber warum wurde dieser angegriffen und getötet? Zu viele Fragen. Da mussten unbedingt ein paar Antworten gefunden werden.
4
Der junge Pyromant war voller Angst und panisch, als er stolpernd durch den Schankraum auf sie zulief. Erschrocken und alarmiert sprang Emelia auf. Ihr Puls beschleunigte sich. Was war geschehen? Wo war Marus? Aufgeregt atmete sie schneller. Sie befürchtete das Schlimmste. In seiner Panik stieß Odric nur hervor: „Marus ist tot.“
Emelia stockte der Atem. „Warum? Was ist passiert?“, platzte es aus ihr heraus. Sie hatte diese Nachricht zwar befürchtet, konnte es sich aber kaum vorstellen. Marus war ein Meisterpyromant. Wer konnte ihn töten? Doch Odrics Panik sprach eine deutliche Sprache. Der gestern noch so ruhige und schlaue Junge konnte nun kaum noch einen Satz gerade herausbringen: „Angriff, Turm. Er verfolgt mich. Marus hat.. beschützt.“ Die rasche Nachfrage Senos nach den Angreifern gab Emelia etwas Sicherheit. Der Erdmagier würde sie begleiten. Odrics nächste Aussage, dass Marus noch kämpft, gab ihr Hoffnung. Er konnte einfach nicht tot sein. Sie müssten sich beeilen. Mit einem Blick zu Seno versicherte sich Emelia seiner Unterstützung. Dann sprintete sie los.
So schnell sie konnte, lief sie zum Turm. Sie versuchte sich darauf vorzubereiten, was sie im Turm erwarten konnte. Was konnte einen Meister ernsthaft bedrohen? Andere Magier? Eine Übermacht? Was würden sie ausrichten können, wenn Marus schon Probleme hatte? Immerhin wären sie dann zu viert, versuchte sie sich Mut zu machen. Emelia sah sich um, ob sie irgendwelche Hinweise darauf entdeckte, was im Turm geschah. Sie sah nichts Besonderes. Hoffentlich kamen sie noch rechtzeitig an.
Aus dem Augenwinkel sah sie eine Gestalt in eine Seitenstrasse verschwinden. War das Jargon gewesen? Nein, der war im Orden in Ergotar. Er konnte es gar nicht gewesen sein. Die Gestalt hatte ihm aber verblüffend ähnlich gesehen. Schnell verdrängte sie den Gedanken an diesen Quälgeist. Jetzt hatte sie wichtigeres zu tun. Wahrscheinlich hatte sie sich sowieso geirrt.
Endlich sah sie den Turm. Von außen konnte sie kaum etwas Auffälliges bemerken. Nur quoll Rauch aus den Öffnungen im Erdgeschoss. Das bestätigte Odrics Aussage, dass Marus dort kämpfte. Oder gekämpft hatte. Dieser Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, schnürte ihr fast die Kehle zu. Ungewissheit und Angst ließ sie ihr Tempo nochmals beschleunigen. Als sie sich dem Turm näherte murmelte sie hastig die Formel zum Öffnen des Schutzschildes. Ein solches Schild befand sich standardmäßig um Gebäude von Pyromanten. Vor der Tür hielt sie kaum merklich inne, um noch einmal tief Luft zu holen und einen Feuerball vorzubereiten. Sie achtete nicht darauf, ob Seno und Odric noch hinter ihr waren. Einen Feuerball parat öffnete sie die Tür.
Der Anblick der sich ihr bot, ließ sie erschaudern. Nur noch wenige kleine Flammen züngelten hier und da noch aus den Möbeln. Der Kampf, der hier stattgefunden hatte, war schon länger vorbei, sonst würde es noch brennen. Es roch nach verbranntem Fleisch. Sie waren zu spät. Emelia schluckte. Zorn stieg langsam in ihr hoch. Wir haben es nicht geschafft. Odric rief noch voller Hoffnung nach seinem Mentor, doch Emelia ahnte, dass ihm niemand antworten würde. Wäre Marus noch am Leben, wäre er bereits hier. Unbewusst bannte sie den Feuerball in ihren Händen, so dass nur noch ein kleines Rauchwölkchen von ihren Händen aufstieg. Der Mörder schien sich auch nicht mehr hier aufzuhalten. Es war einfach viel zu ruhig im Raum.
Tief durchatmend sah sich Emelia genauer in dem Raum um. Sie zwang sich dazu, dabei ruhig durchzuatmen. Doch was sie sah, ließ sie erneut erschaudern. Überall in der Asche lagen Knochen verstreut. Sie konnte blutige Zähne und Klauen darunter ausmachen. Was war hier nur geschehen?
Als ihr Blick zum Treppenabsatz fiel, hielt sie unwillkürlich den Atem an. Nun hatte sie traurige Gewissheit. Sie ging zu Marus hinüber und kniete kurz neben ihm. „Das ist Marus. Er ist wirklich tot.“, verkündete sie traurig mit einem Kloß im Hals. Es war, als ob durch ihre Worte der Tod des Magiers besiegelt war.
Unwillkürlich musste sie daran denken, wie gütig und geduldig Marus immer gewesen war. Lange Zeit hatte auch er in Ergotar gelebt, bis er vor ungefähr acht Jahren nach Ametar zog. Er war ein guter Bekannter ihrer Mutter gewesen. Emelia hatte ihn als Kind immer bewundert. Mit welcher Leichtigkeit er mit den Flammen umging. Er war der ausgeglichenste Feuermagier gewesen, den sie gekannt hatte. Er schien nie die Ruhe zu verlieren. Erlaubte es ihm diese innere Ruhe, seine Magie ohne große Gefahr häufiger einsetzen zu können, oder war es seine Beispielhafte Disziplin beim Training gewesen? Emelia wusste es nicht. Traurig versank sie einige Zeit in ihren Erinnerungen. Mühsam unterdrückte sie ihre Tränen. Nun musste sie Disziplin beweisen. Sie hörte Odric schluchzen. Weiterhin bemüht ruhig durchzuatmen kniete sie neben dem toten Pyromanten. Noch brauchte sie ihre ganze Konzentration, um nicht auch loszuheulen. Doch das würde ihnen hier nicht weiterhelfen. Es galt nun einen Mörder zu jagen. Sie versuchte ihre Trauer in Zorn zu kanalisieren. Der Zorn klarte ihre Gedanken auf. Sie betrachtete den Leichnam nochmals.
Ihr fielen zahlreiche unterschiedliche Wunden auf, die Marus erlitten hatte. Er sah aus, als wäre er von zahlreichen Tieren zerfleischt worden. Doch wie sollten so viele wilde Tiere in den Turm eindringen können? Das war kaum möglich. Von Odric würde sie vielleicht einiges erfahren können, kam es ihr in den Sinn. Sie sah zu dem Jungen hinüber, wenn sie ihn dazu bringen konnte, sich halbwegs zu sammeln. Er saß schluchzend am Fuß der Treppe.
Seno kam soeben von oben die Treppe herunter. Emelia hatte gar nicht bemerkt, dass er hinauf gegangen war. Er hatte die oberen Etagen begutachtet. Dort hat der Mörder anscheinend alles durchsucht und wohl auch etwas gefunden. Sie fragte nicht, wie er zu dieser Annahme kam. Dazu hätten sie später noch Zeit.
Langsam erhob sie sich und wandte sich dem Jungen zu. Nachdem sie erneut tief durchgeatmet hatte, sagte sie mit möglichst fester Stimme: „Odric. Marus ist tot. Erzähl mir genau, was hier passiert ist.“ Sie sah, wie Odric sich bemühte, ruhiger zu werden. „Da waren so viele.. Das Feuer.. sie brannten, aber starben nicht.. ich..“, erzählte er und schluchzte dann nochmals. „Atme ruhig durch, konzentrier Dich“, versuchte Emelia ihn zu beruhigen. „Und dann beginn nochmals, aber von vorne.“ Odric konzentrierte sich kurz und begann dann noch mal: „Ein Fremder kam herein. Die Tiere lebten plötzlich. Sie griffen mich an. Ich warf einen Feuerball auf den Wolf. Er brannte, aber starb nicht.“ „Wo kamen die Tiere her?“, fragte Emelia. „Das waren die präparierten Tiere, die mein Mentor zu Studienzwecken in dem großen Regal aufbewahrte.“ Marus hatte tote Tiere im Turm aufbewahrt? Seine Methoden waren vielleicht etwas praktischer als im Orden. In Ergotar lernte man vorwiegend aus Büchern, was anscheinend weniger gefährlich war.
„Sie starben nicht?“, fragte Seno interessiert. „Nein“, antwortete der Junge: „die Tiere haben zwar Feuer gefangen, griffen aber weiterhin an. Ich dachte, ich müsste sterben.“ Ein paar Tränen rannen über sein Gesicht: „Marus schickte mich fort. Ich sollte fliehen und Dich holen.“
„Wärst Du geblieben, wärst Du jetzt auch tot.“, tröstete ihn Emelia: „Du konntest ihm nicht helfen.“ In Gedanken fügte sie hinzu: ‚Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich es gekonnt hätte.’ „Wie sah der Fremde aus?“, fragte Seno in die Stille hinein, die entstanden war. Odric überlegte kurz und beschrieb den Fremden dann als sehr dünn. Auf nochmaliges Nachfragen fügte er hinzu, dass der Fremde eine spitze Nase hatte.
Wie hatte der Fremde den Turm überhaupt betreten können? „War der Schild nicht aktiv?“, fragte sie also, doch der Junge meinte, dass der Schild aktiv gewesen ist. Er wusste auch nicht, wie der Fremde eintreten konnte, aber er hatte gesehen, dass er es getan hatte. Wer konnte den Schild eines Feuermagiers durchdringen? Ein anderer Feuermagier? Sie wagte kaum daran zu denken.
Seno erkundigte sich genauer nach dem Fremden und was er getan hatte. „Der Fremde hatte den Turm betreten und sich hier umgesehen. Dann befahl er den Tieren, mich zu töten.“, erinnerte sich der junge Pyromant. ‚Ein Nekromant?’, dachte Emelia unwillkürlich. Aber wie hatte er den Schild durchdringen können? Das war unmöglich. Hatte er etwa Hilfe gehabt? Suchten sie zwei Mörder? Seltsame Parallelen, dachte sie. Vor zwei Tagen wurden wir noch als zwei Mörder verdächtigt, nun suchten sie zwei. Diesen eigentümlichen Gedanken verdrängend, sah sich Emelia die umher liegenden Knochen an. Es waren Tierknochen, soweit sie das erkennen konnte. Sie wiesen deutliche Brandspuren auf. Einige waren sogar verkohlt. An den meisten Schnäbeln, Zähnen und Klauen war Blut. Sie konnte sich nur zu lebhaft vorstellen, was hier vorgefallen sein musste. Wer sonst als ein Nekromant könnte so grausam sein. Wut stieg in ihr hoch. Sie würde diesen verhassten Nekromanten finden und zur Strecke bringen. Doch warum griff ein Nekromant einen Magier in seinem Turm an? Das barg ein erhöhtes Risiko in sich. Die feigen Nekromanten schickten doch Leichen in den Kampf, anstatt selbst zu kämpfen. Was hatte diesen dazu gebracht, selbst so nahe zum Kampfplatz zu gehen? Was hatte er hier gewollt? Da erinnerte sich Emelia daran, dass Seno erwähnt hatte, dass oben alles durchsucht worden ist.
„Was wollte der Mörder hier? Fehlt etwas?“, fragte sie unvermittelt den Jungen. Verwirt sah der sie an. „Ich weiß es nicht.“, war seine Antwort. Daraufhin gingen sie zu dritt nochmals nach oben, um nachzusehen, ob etwas fehlt und wenn ja, was. Odric sah sich dort genau um. Es war alles durchwühlt. Im Wohnbereich fehlte anscheinend nichts. Dann gingen sie in den privaten Raum des Mentors. Scheu schaute sich Odric auch hier um. Hier war der Schüler nur selten gewesen. Auch Emelia war gestern nur im mittleren Stockwerk im Wohnbereich gewesen. Schließlich bemerkte Odric, dass eine kleine Schatulle leer am Boden lag. Er sah sich dort genauer um: „Äh, ich denke, hier fehlt eine Papyrusrolle.“ „Was für eine Rolle ist das? Was für einen Inhalt hat sie?“, fragte Emelia neugierig. Odric druckste etwas herum und antwortete dann verlegen: „Das weiß ich leider nicht. Eigentlich dürfte ich nicht einmal wissen, dass diese Rolle hier lag.“ Auf Emelias fragenden Blick hin fuhr er nach einem kurzen Zögern fort: „Einmal bin ich nach einem kleinen äh Übungsunfall hier hereingeplatzt und dabei habe ich die Rolle gesehen. Marus hat sie damals sofort in der Schatulle verstaut.“ Das war also ein wichtiges Projekt für den Meister gewesen. So wichtig sogar, dass sein Schüler es nicht sehen durfte. Worum es dabei wohl ging? Und warum war der Mörder daran interessiert gewesen? Woher wusste der überhaupt davon? Das alles war sehr rätselhaft.
‚Ob der Zeitpunkt des Mordes Zufall war?’, schoss es Emelia durch den Kopf. Sie überlegte kurz und fragte den Jungen dann nach dem Dokument, welches sie am Vortag Marus überbracht hatte. Hatte ihre Botschaft vielleicht irgendetwas mit den Geschehnissen zu tun? Der Junge wies schweigend auf einen kleinen feuerfesten Behälter, in dem etwas Asche lag. Da Emelia nichts sagte, fügte er hinzu: „Er hat es verbrannt, sobald Du fort warst.“ Die Pyromantin seufzte. Das brachte sie nicht weiter. Vielleicht war es doch Zufall gewesen.
‚Ich glaube, wir können hier nicht mehr viel finden.“, stellte Emelia schließlich fest. Sie warf einen fragenden Blick zu Seno hinüber. Dieser bestätigte es und schlug vor, nun endlich den Mörder zu suchen. Als sie am Fuße der Treppe angekommen waren sah Odric Emelia verunsichert an. „Was soll ich nun tun?“, fragte er. „Du gehst nach Ergotar und informierst den Orden von den Geschehnissen hier.“, bestimmte die junge Pyromantin, die nun bemerkte, dass sie jetzt die älteste anwesende Feuermagierin war. Sie konnte den Jungen nicht mitnehmen, es war zu gefährlich, und hier bleiben konnte er auch nicht. Im Orden war er am Besten aufgehoben. „Wende Dich dort an Corvin, meinen Mentor.“, fügte sie hinzu. Sie setzte ein Schriftstück auf, zeichnete ihre Karte ab und gab diese beiden Dokumente dem Jungen. Die Karte würde ihn nach Ergotar führen und das Schriftstück sollte er Corvin geben. Odric suchte rasch ein paar Sachen zusammen, auf anraten von Emelia packte er auch eine extra Decke ein.
Gemeinsam verließen sie den Turm. Mit gemischten Gefühlen brach Odric nach Ergotar auf. Mit genauso gemischten Gefühlen ließ Emelia ihn alleine ziehen. Eigentlich war er noch zu jung für solch eine Prüfung, aber er war talentiert und diszipliniert. Er würde es schaffen, machte sie sich Mut. Und welche Alternativen hatte sie schon? Sie konnte ihn noch weniger mit auf eine Mörderjagd nehmen. Ihre Aufgabe war es, den Mörder zu verfolgen, da sonst kein erfahrenerer Feuermagier in der Nähe war. Eine solche Aufgabe konnte der Orden nicht einer Stadtwache überlassen. Sie hatte keine Wahl.
„Hier sind Fußspuren.“, hörte sie Seno sagen. Das erinnerte Emelia wieder an ihre Pflichten. Sie musste nun den Mörder finden. Doch bevor sie den Tatort verließen, musste sie noch den Turm mit einem magischen Schild versiegeln. „Einen Moment noch“, sagte sie. Sie nahm einige Pulverbeutel aus ihrer Tasche und verstreute etwas von deren Inhalt an bestimmten Punkten rings um den Turm. Aus einer kleinen Phiole gab sie in regelmäßigen Abständen jeweils einen Tropfen auf den Boden um den Turm. Dann sprach sie mit wenigen Handbewegungen unterstützt eine magische Formel zum Versiegeln des Turms. Als sie fertig war fuhr kurz eine flammende Hitzewelle den Turm hinauf. Danach konnte sie an der erhitzen, flimmernden Luft um den Turm herum sehen, dass ihr Spruch wirkte. Dieser Schild war stärker als ein normaler und würde den Tatort bis zum Eintreffen der anderen Pyromanten schützen.
Dann ging sie zu Seno und den Fußspuren. Nun konnte die Jagd beginnen. Doch bevor dieser etwas sagen konnte, kamen zwei Stadtwachen hinzu und fragten, was hier los sei. Ihr Versiegeln des Turms war wohl recht auffällig, aber nicht zu vermeiden gewesen. Kurz angebunden erklärte sie der Wache, dass es hier einen magischen Vorfall gegeben hätte, den sie jetzt untersuchen würden. Sie habe bereits Nachricht an den zuständigen Orden geschickt, den Tatort versiegelt und würde nun den Schuldigen verfolgen. Sie warf einen um Unterstützung bittenden Blick zu Seno.
5
Die Tiere starben nicht, so sagte es Odric. Seno wurde es heiß, obwohl die Feuer längst erloschen waren. Er hatte so ein Verdacht, aber dies konnte nicht sein. Ohne seinen Verdacht offen zu legen, warf er Fragen nach der Identität des Mörders in die Befragung ein. Odric beschrieb genau den Mann, dem Seno am Tage zuvor ein Buch übergeben hatte. Er kannte also den Mörder. Hätte er ihm das Buch nicht gebracht, wäre Marus dann auch gestorben? Ist Seno etwa durch den Transport des Buches mitschuldig am Tod des Mannes? Zu gerne würde er Marus befragen, denn wohl nur er hat die Antworten.
Den Rest der Befragung interessierte Seno nicht mehr. Er wollte den Mörder jagen, sicher gehen, dass ihn keine Teilschuld betraf.
Sie gingen endlich nach draußen und Seno beobachtete fasziniert, wie Emelia den Turm glühen ließ. Wofür das wohl diente? War es ein Schutzschild, oder konnte sie den Mörder so finden, identifizieren? Doch Emelia ging schweigend zu Seno und schaute zu, wie er Fußspuren untersuchte. Dies ließ vermuten, dass es doch ein Schutzschild war. Was Feuermagier doch immer ängstlich sind. In dem Turm war definitiv nix mehr von Wert.
„Was ist hier los?“, fragte in dem Moment eine herrische Stimme. Seno drehte sich um und erblickte zwei Stadtwachen, denen Emelia sofort erklärte, dass es hier um Magie ginge und sie sich darum kümmern werde.
„Wir haben den Turm versiegelt. Somit ist alles wieder in Ordnung. Wir reisen nun ab. Bis zu unserer Rückkehr darf niemand in den Turm, oder die Magie da drin wird Ihre halbe Stadt zerstören. Marus ist schon vorgegangen, sich um das Problem zu kümmern und wir müssen ihn nun folgen.“, log Seno die Stadtwache an. Diese wich auch gleich zwei Schritte zurück. „Keine Angst. Es ist alles unter Kontrolle, aber wir müssen nun wirklich los. Achten sie bitte darauf, dass keiner in den Turm geht, oder es geschieht ein Unglück.“ Die Stadtwache sah nun recht ängstlich aus, doch Seno beachtete sie nicht weiter, sondern erhob sich und ging eiligen Schrittes weg. Emelia folgte ihm.
„Danke.“, sprach sie zu ihm, als sie genug Abstand zur Stadtwache hatten. „Wofür danke? Ist doch das mindeste was ich für dich tun kann.“ „Weist du, wohin der Mörder verschwunden ist?“ „Nicht sicher. Am Turm waren zwar deutliche Fußspuren, doch hier in der Strasse find ich sie nicht wieder. Wir hoffen mal, dass er einen direkten Weg genommen hat.“ „Und wohin?“ „Das finden wir jetzt raus.“, mit diesen Worten sprach Seno einen Händler an einer Kreuzung an.
Mit der Beschreibung von Odric fragte Seno mehrere Menschen auf der Strasse, bis er sie zu einem Stadttor geführt hatte.
„Dafür, dass du die Stadt hasst, weist du aber gut bescheid, wie man jemanden in ihr verfolgt.“, lobte Emelia. „Ach, das ist nicht schwer. Außerdem hab ich ja meine ganze Kindheit in der Stadt verbracht. Ich kenne mich also schon aus, bin halt nur ungern in einer drin.“, erwiderte Seno verlegen.
„Hier ist wohl Ende? Du hast ja noch etwas zu tun. Hoffentlich kann ich ihm folgen.“, sprach Emelia am Stadttor. „Nein, du wirst ihn wohl kaum folgen können. Dafür kennst du dich in Spurenlesen zu wenig aus.“ „Ich werde ihn spüren… hoffe ich. Weist du, Magier können andere Magier spüren. Hast du nie ein kribbelndes Gefühl, wenn du in der Nähe eines Magiers warst. Oder wenn du mal hinter einem her gegangen bist?“ „Ich hab es immer vermieden einem Magier zu folgen. Und ein flaues Gefühl hab ich, außer bei dir, in der Nähe jedes Magiers. Was aber wohl eher Angst ist.“ Seno lächelte, jedoch lächelte Emelia nicht zurück. Zu Ernst war ihr diese Lage, und so sprach sie auch: „Ich muss nun los. Wünsch mir Glück, dass ich ihn finde und auch besiegen kann.“ Es entstand eine kurze Pause in der jeder seine Gedanken nachging. „Kannst..“ „Besser..“, redeten sie auf einmal los. „Du zuerst.“, erklärte Seno. „Kannst du deinen Auftrag nicht verschieben und mir helfen? Ich kann dich auch bezahlen.“ „Ich wollte dir gerade vorschlagen, dass ich dich begleite. Soviel Geld bringt der Auftrag nun auch wieder nicht. Aber bezahlen brauchst du mich deswegen noch lange nicht. Bin ja selber neugierig auf das Abenteuer.“, grinste der Jäger und ging. „Aber ich..“, versuchte Emelia noch zu sagen, doch Seno schnitt ihr die Worte ab. „Keine Widerrede. Kommst du? Wir müssen uns beeilen, wenn wir ihn einholen wollen.“
Seno sah sich immer öfters um. Die Gegend wurde zusehends hügliger. Der Weg, eher ein Trampelpfad führte durch kleine Täler durch. Ideal für einen Hinterhalt.
„Ich spüre ihn.“, unterbrach Emelia genau in dem Moment die Stille mit fröhlicher Stimme als zu Beginn der Jagd. „Jetzt wird es einfacher gehen.“ „Du spürst ihn? Ist er in der Nähe?“, fragte Seno und schaute sich noch genauer um. „Nein, vermutlich nicht.“, diesmal lächelte Emelia sogar. „Das mit dem Spüren ist komplizierter. Hör zu. Jeder Magier strahlt jederzeit Magie aus, wenn er zaubert sogar deutlich mehr. Wenn ein zweiter Magier sich nun am gleichen Ort befindet, wie der erste Magier zuvor, dann kann man dessen Magie spüren. Zumindest eine Weile lang. Mit der Zeit löst sich diese Spur auf. Verstehst du?“ „Ja, ich denke schon. Du hast eben nichts gespürt, weil sie schon zu schwach war. Jetzt spürst du sie, weil er genau dort, wo du bist Magie gewirkt hat. Richtig?“ „Entweder hat er hier Magie gewirkt, oder wir haben aufgeholt, so dass es noch nicht ganz so lange her ist, als er hier war.“, erklärte Emelia bereitwillig, zögerte und sah sich um. Sie hatte verstanden, woraus Seno hinaus wollte. So viel hatten sie nicht aufgeholt, wahrscheinlicher war es, dass der Gejagte hier Magie gewirkt hatte. Und was für eine Art von Magie hätte dies wohl sein können?
„Dort.“, wer dies auch immer sagte, zeitgleich erblickten sie in gut 30 Schritt Entfernung in einer Wegverengung durch Felsen zwei Gestalten. „Das soll uns wohl aufhalten.“, erklärte Seno überflüssiger Weise.
Die Gestalten kamen näher. Es waren Krieger in Lederrüstung; mit Schild und Schwert bewaffnet. Nur ihre Gesichter waren frei von Rüstungsteilen und dennoch, gerade ihre Gesichter verbreiteten den Schauer, der Seno den Rücken runter lief. Die Haut eingefallen, teilweise aufgeplatzt. Dem Einen fehlte sogar ein Auge, nur ein aufgefetztes Loch war zu erkennen. „Wiederbelebte.“, kommentierte Emelia. „Ja. Schieß.“, verlangte Seno und legte selber an, schickte einen Pfeil auf Reise.
Der Pfeil suchte sich ungehindert sein Ziel. Mitten in eines der halbverwesten Gesichter schlug er ein und blieb stecken. Dem Angreifer war dies aber offensichtlich egal, er kam ohne Verzögerung weiter auf sie zu. „Pfeile bringen nichts.“, erklärte die Magierin, bereits einen Feuerball losgeschickt.
Seno ließ sein Bogen fallen und schnappte sich sein Schwert. Am Kampf unbeteiligt beobachtete er, wie seine Begleiterin ihre Magie wirkte.
Immer wieder flogen Feuerbälle auf die Angreifer. Die meisten trafen. Aber keiner hielt die Wiederbelebten auf. Der einzige Erfolg den Emelia erzielte, war dass die Angreifer brannten. Genauer gesagt ihre Kleidung stand in Flammen, da sie ihr Gesicht mit ihren Schildern schützen. „Du musst ihre Haut verbrennen.“, rief Seno aufgeregt. „Ich weiß, aber erst muss ich durch die Rüstung.“ „Das Leder brennt schon.“ „Das reicht noch nicht.“
Gnadenlos kamen die zwei Feuersäulen näher. Seno trat nervös von einem Bein auf das Andere. Er musste was tun, keine fünf Meter und sie waren da.
Kurzentschlossen trat der Jäger vor und benutze sein Schwert mit großen Schwüngen, wie selbst ein Anfänger wohl kaum ein Schwert benutzen würde. „Auaua, ist das heiß.“; fluchte er, den seine Gegner, die nun ihrerseits ihre Schwerter benutzen und ihn angriffen, strahlten eine große Hitze aus. Tapfer versuchte er die Wiederbelebten auf Distanz zu halten. Dies klappte zwar einigermaßen, aber gleichzeitig versperrte er Emelia so die Flugbahn, dass sie keine neuen Feuerbälle werfen konnte.
Seno kam der Kampf schon wie eine Ewigkeit vor. Wie langsam doch diese Leichen brauchten um zu verbrennen, dachte er sich und musste doch grinsen. So sah es also aus, wenn man gegen Wiederbelebte kämpfte.
„Du lachst?“, rief ihm Emelia zu. Seno hat es gar nicht bemerkt, dass sie ihre Position geändert hat. Von der Seite aus konnte sie ihn sehen und hatte eine freie Flugbahn auf ihre stummen Gegner.
Er wollte schon etwas erwidern, da löste sich eine Fackel von ihm und trat an Emelia ran. Sie hatte nicht aufgepasst und war zu dicht gekommen, so dass sich einer der zwei Wiederbelebten sie als sein neues Ziel erwählt hatte.
„Ahh.“, Ein Schwerthieb teilte Senos Oberteil und ließ einen schmerzhaften Striemen auf der Brust. Tapfer versuchte er den Schmerz zu ignorieren und sah zu, wie Emelia verzweifelt dem Schwert ihres Angreifers auszuweichen versuchte, ohne eine Möglichkeit des Blockens zu haben. Das Feuer schien ihr aber keine Probleme zu bereiten, wohl ein Schutzschild, oder Feuermagier sind an sich immun gegen Feuer. Nur das Schwert kann und wird sie töten. Seno dachte, einen erneuten Schwerthieb parierend, angestrengt nach. Wie lange bleiben die zwei Wiederbelebten noch auf ihren Beinen? Die Gesichter waren längst zu einer dunklen Masse verkohlt, die Kleidung halb abgefallen und doch, noch immer war genug Fleisch an ihnen, um sie weiterkämpfen zu lassen. Er musste was tun. Aber was würde sie sagen? Wie würde sie reagieren?
Emelia fiel hin, nun war sie völlig der lebenden Fackel ausgeliefert. Dieser erkannte es und der todbringende Schwerthieb sauste runter. Emelia schrie all ihre Panik raus. Sie hatten falsch reagiert. Besser wäre es wohl gewesen, die Wiederbelebten anzuzünden und dann weg zu laufen. Aber nein, sie mussten ja warten. Nahkampf war dumm. Ein Jäger und ein Magier konnten nie im Nahkampf gegen zwei Kämpfer, welcher Art auch immer, bestehen. Jetzt war es, zumindest für Emelia, zu spät, das Schwert musste sie treffen.
Da drückte der Wiederbelebte in letztem Augenblick das Schwert zur Seite. Es traf noch Emelias Mantel, ehe es in den Boden eindrang.
Emelia starrte nach oben. Der wiederbelebte Klumpen Fleisch stand still da, drehte sich um und ging ein paar Schritte weiter.
Seno spürte ihren verwirrten Blick. Ahnend, dass ein weiter Kampf folgen würde machte er eine Handbewegung und ihre beiden Angreifer fielen in sich zusammen.
Emelia rief laut: „DU!“ und Seno zuckte schuldbewusst zusammen
6
Emelias eigentlich um Unterstützung bittender Blick erstarrte. Sie traute ihren Ohren kaum. Seno log, dass sich die Balken bogen. Zumindest waren sie nun die Wachen los, die wohl nach der Lügengeschichte Senos wohl auch darauf achten würden, dass sich niemand dem Turm näherte. Obwohl das kaum nötig war. Normale Bürger mieden Gebäude der Feuermagier sowieso. Ob Seno wusste, dass er damit Recht hatte, dass ein Unglück geschehen würde, falls jemand versuchen sollte in den Turm einzudringen? Sie musste nun doch grinsen. Feuermagier hatten nun mal Schutzschilde und Fallen aus Feuer. Nicht umsonst war der Boden um den Turm herum mit einer leichten Ascheschicht bedeckt. Daher standen die Gebäude der Pyromanten auch meistens mit einigem Abstand zu allem anderen. Es war eher so, dass die anderen Gebäude einen Sicherheitsabstand zu den Behausungen der Pyromanten hielten.
„Danke.“, sagte Emelia zu Seno, als sie sich eilig vom Turm entfernten und die Wache dort stehen ließen. In Gedanken fügte sie hinzu: ‚Ich hätte nicht so dreist lügen können, aber das hat die Wachen schließlich überzeugt.’ Vielleicht war es notwendig ab und an zu lügen, doch Emelia war sich sicher, dass sie sich daran nicht gewöhnen könnte. Es fiel ihr schon schwer genug Dinge zu verschweigen, aber Lügen war da etwas ganz anderes. Die Dringlichkeit der Verfolgung des Mörders drängte diese Gedanken in den Hintergrund.
Dass die Fußspuren vor dem Turm nicht weit führen würden, war Emelia klar. Die Schicht aus Asche und Dreck gab es nun mal nur in einem gewissen Abstand um den Turm herum. Das war der Bereich, den die Bürger der Stadt im Normalfall mieden. Zur Verwunderung der Feuermagierin schaffte es der Jäger, den Fluchtweg des Mörders mit Hilfe der Beschreibung von Odric nachzuvollziehen. Dies brachte sie an eins der Stadttore. Der Mörder hatte die Stadt also verlassen. Da Seno ja noch etwas in der Stadt zu erledigen hatte, würden sich ihre Wege nun wohl trennen.
Als sie Seno für die schnelle Verfolgung durch die Stadt lobte, erfuhr sie, dass der Jäger in einer Stadt aufgewachsen war. Interessant. Was mochte ihn bewogen haben, den Städten den Rücken zu kehren und lieber in der Wildnis zu leben?
„Hier ist wohl Ende? Du hast ja noch etwas zu tun.“, verabschiedete sich Emelia: „Hoffentlich kann ich ihm folgen.“ Der Jäger machte ihr kaum Hoffnungen, dem Täter folgen zu können, da sich die Magierin nicht aufs Spurenlesen verstand. Verwundert sah Emelia den Erdmagier an. War das sein Ernst? Wusste er tatsächlich nichts davon? Da er nicht ausgebildet worden war und viel in der Wildnis gelebt hat, könnte es sein, dass er es wirklich nicht wusste. So klärte die Pyromantin den Erdmagier weiter über die Natur der Magie auf. Verwundert darüber, dass er es selbst noch nie gespürt hatte, erklärte sie ihm, dass Magier einander spüren können. Seinen versuchten Scherz fand die Magierin völlig fehl am Platze. Wie konnte er die Magie nur so wenig ernst nehmen? Aber für lange Lehrstunden hatten sie keine Zeit.
So verabschiedete sie sich erneut. Auch wenn sie es bedauerte, den Jäger hier zurück lassen zu müssen. Der unbekannte Mörder schien auch sehr stark zu sein. Sie war sich nicht sicher, ob sie es alleine schaffen würde. Wenn Marus alleine schon gescheitert war, was für Chancen hatte sie dann allein?
„Kannst..“, setzte sei an, doch Seno begann zugleich: „Besser..“. Der Jäger ließ ihr den Vortritt. So fragte sie ihn, ob er nicht mitkommen könnte, sie könnte ihn auch entlohnen. Doch er wollte kein Geld, er wollte sie ohnehin begleiten. Entschlossen ging er aus der Stadt. Erleichtert folgte ihm Emelia.
Der Jäger schien irgendwelchen Spuren folgen zu können, zumindest ging er entschlossen einen Weg entlang. Weg war vielleicht übertrieben ausgedrückt, es war eher ein kleiner Pfad. Ihm folgend versuchte Emelia immer wieder eine magische Spur von dem Mörder zu entdecken, spürte aber kaum etwas. Immer wieder glaubte sie, eine schwache Spur zu entdecken, sagte aber nichts, da sie sich nicht sicher war. War der Vorsprung des Mörders so groß gewesen? Verflüchtigte sich die Spur bereits?
Da, die Spur wurde stärker. „Ich spüre ihn.“, frohlockte sie: „Jetzt wird es einfacher gehen.“ Senos Frage, ob der Gesuchte in der Nähe sei, veranlasste sie zu einem weiteren Vortrag über die Natur des Spürens von Magie. Er konnte nicht in der Nähe sein. Dafür war der Anstieg der Deutlichkeit der Spur zu plötzlich gewesen. Er musste hier Magie gewirkt haben. Aber wozu? Ahnte er, dass er verfolgt wurde? Was mochte er gezaubert haben? Sie sah sich um, konnte aber auf den ersten Blick nichts Verdächtiges bemerken.
„Dort.“ Vor ihnen zwischen zwei Felsen tauchten zwei gerüstete Krieger auf. Irgendetwas stimmte nicht mit ihnen. Auf den zweiten Blick sah sie, welche Magie hier gewirkt worden war. Hass stieg in ihr hoch. Nekromantie. An den Gesichtern der Krieger konnte man erkennen, dass sie bereits gestorben waren. Hasserfüllt zischte sie: „Wiederbelebte.“ Die Feindschaft zwischen Pyromanten und Nekromanten hatte eine lange Tradition. Meistens gingen sie sich einfach aus dem Weg. Aber dass sich ein feiger Nekromant erdreistete, einen Feuermagier in seinem Turm anzugreifen. Ihr Blut begann vor Wut zu kochen. Das würde er noch bereuen. Im Reflex hatte sie bereits einen Feuerball gegen die Kreaturen geschleudert. Auf ihren Hinweis hin, dass Pfeile gegen Leichen nichts ausrichten konnten, nahm der Jäger sein Schwert zur Hand. Innerlich stöhnte sie auf. Als ob ein Schwert so viel besser wäre. Ein bisschen Magie wäre eher angebracht. ,Erdmagier, warum tust Du nichts?’, schrie sie in Gedanken, musste sich aber dann wieder auf den Kampf konzentrieren. Dann halt nicht. Wütend warf sie weitere Feuerbälle auf die beiden wiederbelebten Krieger. Unbeirrt und mittlerweile lichterloh brennend kamen diese jedoch weiterhin auf sie zu. Und der feine Herr Erdmagier wollte immer noch nicht kämpfen. Worauf wartete er nur?
Dann begann er auch noch, ihr besserwisserisch Tipps zu geben. Na, das konnte sie gerade noch brauchen! Kurz dachte sie daran, ihm Feuer unter dem Hintern zu machen, damit er endlich mitkämpfte, entschied sich jedoch dagegen. Zwei Fronten waren nun das wenigste, was sie brauchen konnte. Ihre Chancen wurden so schon immer schlechter.
Endlich griff Seno in den Kampf ein, doch nicht so, wie es sich Emelia erhofft hatte. Dillethantisch griff er einen der Krieger mit dem Schwert an. Aber immerhin griff er jetzt an. Die beiden lodernden Krieger kamen nun schon bedrohlich näher. Glücklicherweise zog der Jäger die Gegner auf sich, so dass sie sich wieder etwas entfernen konnte. Nur stand ihr Seno jetzt permanent im Weg. Leise fluchend bewegte sie sich also zur rechten Seite hinüber. Von hier aus konnte sie weitere Feuerbälle auf ihre Feinde werfen. Da sah sie, dass Seno breit grinste. In ihrer Situation vollkommen unangemessen! „Du lachst?!“, schrie sie erzürnt. Was war nur in ihn gefahren? Er verhielt sich sehr seltsam.
Verdammt. Sie hatte sich ablenken lassen. Einer der Krieger griff sie nun an. Er war schon ziemlich nah. Sie wich zurück. Unbewusst hatte sie ihren Schild aktiviert, als der Krieger näher kam. Das half ihr zwar gegen das Feuer, aber leider half es nicht gegen sein Schwert. Sie wich aus, so gut sie konnte. Sie wich immer weiter zurück, bis sie über einen am Boden liegenden Stein stolperte. Der Sturz raubte ihr kurz den Atem. Sie sah das Schwert auf sich zu kommen. Das war es also jetzt? Die erste Luft, die wieder einatmen konnte, benutzte sie zum Schreien. So also sollte ihr Ende aussehen? Im Kampf gegen zwei verdammte Leichen? Sie hörte das fauchen des Schwertes in der Luft, den Einschlag des Schwertes in die Erde, .. Wieso fühlte sie nichts? War das so, wenn man starb? Nein. Da war kein Schmerz, gar nichts. Sie starrte nach oben. Der brennende Krieger blickte auf sie herab. Sein Schwert steckte neben ihr im Boden. Daneben? Von einem Krieger? Wieso stand er nur da? Der brennende Kämpfer drehte sich um und ging. Einfach so. Emelia verstand gar nichts. Was geschah hier? Sie spürte etwas. Magie? Sie blickte zu Seno, um zu sehen, was der andere Krieger machte. Auch der drehte sich um und ging. Verwirrt blickte sie nun zu Seno, der die Krieger mit einer Handbewegung zusammenfallen ließ. Nun setzte er also doch endlich seine Magie ein. Zorn stieg in ihr hoch. Doch er war kein Erdmagier. Dieser Lügner! Hatte er etwa die beiden Leichen beschworen?! Immerhin hatten sie ihm gehorcht. Waren darum die Spuren bis hierher so schwach gewesen? Bis er die Leichen erweckte? Ihr Blut begann zu brodeln.
„DU!“, rief sie hasserfüllt. Der Nekromant zuckte zusammen. Was hatte er vor? War er etwa auch der Mörder von Marus gewesen? Ihr Schutzschild, den sie immer noch aktiv hielt, begann zornig zu lodern. „Du solltest Deine Waffen nicht so achtlos fallen lassen, Nekromant!“, zischte sie ihren ehemaligen Begleiter an. Eine leise Stimme in ihrem Hinterkopf widersprach ihr. Er konnte nicht der Mörder gewesen sein. Sie hatten gemeinsam beim Frühstück gesessen, als Odric herein kam. Doch er hatte gelogen. „Ich will nicht gegen Dich kämpfen.“, behauptete der Nekromant. Sie glaubte ihm kein Wort. Was für ein Ablenkungsmanöver sollte das werden? Wenn er glaubte, dass sie darauf hereinfällt, dann hatte er sich gründlich vertan.
Jähzornig warf sie ihm einen Feuerball vor die Füße. Er zuckte etwas zurück, machte aber noch immer keine Anstalten, sich zu verteidigen. Sie wusste nicht, wie lange sie ihren Schutzschild noch aufrecht halten konnte. Der Kampf hatte ziemlich lange gedauert. Sie war erschöpft, wollte es sich aber nicht anmerken lassen. Schweiß rann ihre Stirn herunter.
„Genau darum habe ich es Dir nicht sagen wollen.“, versuchte Seno zu erklären: „Ich habe mir gedacht, dass Du so reagieren würdest.“ „Warum sollte ich Dir glauben, Nekromant?“, fuhr sie ihn an. „Weil ich Dich nicht angreife?“, versucht Seno zu argumentieren. Hektisch sah sie sich um. Beschwor er gerade irgendwelche Leichen in ihrem Rücken? Welche hinterhältigen und feigen Zauber mochte er noch auf Lager haben? „Und warum sonst hätte ich den Krieger aufhalten sollen, der Dich gerade töten wollte?“, warf Seno nach einer Weile ein. Immer noch wütend funkelte sie ihn an. Die leise Stimme der Vernunft in ihrem Hinterkopf meldete sich wieder zu Wort. Er hatte genügend Gelegenheit gehabt, sie zu töten, aber er hatte es nicht getan. Vielleicht sagte er die Wahrheit. „Vielleicht.“, sagte sie bestimmt: „Doch unsere Wege trennen sich hier.“ Mit diesen Worten entfernte sie sich von dem Nekromanten. Wütend und mit loderndem Schild machte sie sich auf den Weg. Sie hatte noch einen Mörder zu jagen. Sie ließ Seno dort stehen, war jedoch immer noch auf der Hut. Beim leisesten Anzeichen eines Zaubers oder einer Beschwörung, hatte sie einen Feuerball parat, den sie umgehend schleudern konnte.
Unter diesen Umständen war es extrem schwierig der Spur zu folgen. Ihre eigene Magie überlagerte die Spur des Mörders. Sie konnte nur hoffen, in die richtige Richtung gestartet zu sein. Als sie weit genug weg war, bannte sie den Feuerball und verringerte den Schutzschild. Sie war erschöpft, ging aber trotzdem weiter. Sie wollte nur fort von diesem Nekromanten, und verfolgte dabei ironischerweise einen anderen Nekromanten. Einige Zeit später legte sie eine kurze Rast ein. Der Schild war eh schon versiegt. Mit einer Meditationsübung stellte sie ein Minimum an Energie wieder her. Es würde nicht weit reichen, aber zumindest konnte sie der Spur nun folgen. Seno, der Nekromant, hätte der Spur leichter folgen können, aber ihn wollte sie nicht mehr dabei haben. Wenn es darauf ankam, würden die Nekromanten zusammen halten. Das Risiko wollte sie nicht eingehen. Vor allem nicht, da er sie bereits lange genug angelogen hatte. Hier war die Spur. Wenigstens war sie nicht vom Weg abgekommen. Sie würde diesen Mörder finden und dann.. ja, was dann? Welche Chancen hätte sie in einem Kampf? Vielleicht konnte sie den Mörder überraschen? Diese Überlegungen brachten sie nicht weiter. Sie folgte der Spur weiter.
Es wurde langsam dunkel. Die Magierin war immer noch verärgert. Doch je mehr sie über die Angelegenheit nachdachte, desto mehr kam sie ihr seltsam vor. Vielleicht hatte Seno ja doch die Wahrheit gesagt? Doch wie konnte sie ihm nochmals trauen, wo er sie die ganze Zeit über belogen hatte. So in Gedanken versunken fiel ihr siedend heiß ein, dass sie ein Lager für die Nacht brauchte. Sie würde sich beeilen müssen, da es immer dunkler wurde. Da sah sie in der Ferne ein Lagerfeuer. Vielleicht konnte sie einen Platz an dem Feuer bekommen. Hoffnungsvoll ging sie darauf zu.
7
Emelia war stocksauer. Seno versuchte sie zu besänftigen, doch in Ihrer Wut war sie für keine Argumente offen. Sie warf sogar einen Feuerball nach ihm. Zum Glück nur zur Warnung, denn er konnte Feuer nichts entgegensetzen. Nekromanten hatten keine Schutzschilde.
Hilflos musste Seno mit ansehen, wie Emelia nach ihrer Wutattacke weg ging. Ein flammendes Etwas in ihrer Hand demonstrierte noch besser als ihr wütender Gesichtsausdruck, dass Seno ihr besser nicht folgen sollte.
Nun war guter Rat teuer. Was sollte er tun. Ja, verdammt er hatte sie angelogen. Ja, er war ein Nekromant. Ja, er hat ihr so manches verheimlicht… Aber was hätte er tun sollen? Alle Welt hasste Nekromanten, Feuermagier insbesondere. Wer dem Tod widerstehen kann, wenn auch nur begrenzt, erntet nun mal Angst und Entsetzen. Wie oft hat er sein Erbe verflucht. Seinen Vater gebeten diese Gabe von ihm zu nehmen. Doch es war ein Fluch, er war damit geboren wie fast alle Männer seiner Familie und konnte nichts dagegen tun. Als sein Vater starb versprach er sich selber, seine Magie nur noch in Notsituationen zu benutzen. Als Jäger wollte er durch die Lande ziehen, sein dunkles Erbe vergessen.
Diese düsteren Gedanken brachten ihn aber nicht weiter. Er fühlte sich verpflichtet Emelia zu helfen. Jetzt, wo sie sein Geheimnis kannte erst recht. Außerdem war da noch immer die Sache mit seiner vermutlichen indirekten Hilfe mit dem Buch. Um dem ganzen eine Krone auf zu setzen, sollte er ein Dokument erhalten, welches er einem Onkel bringen sollte. Dies Dokument war bei Marus und sollte von dem Mörder gestohlen werden, ohne ihn umzubringen. Offensichtlich hatte er aber Seno das Dokument nicht gegeben, sondern ist aus der Stadt geflohen nachdem er den Magier umgebracht hatte. Seno war also mehrfach verpflichtet sich um die Sache zu kümmern. Nur wie?
Da es zu gefährlich war hinter einer wütenden Feuermagierin herzulaufen, entschloss er sich in die Stadt zurück zu gehen. Vielleicht erhielt er dort noch ein paar nützliche Infos. Die Spur des Mörders war deutlich genug, ihr könnte er auch noch am nächsten Tag folgen.
Schlecht gelaunt erreicht Seno Ametar. Auf dem Weg hierhin hatte er sich einen eher bescheidenen Plan zurecht gelegt. In den Turm konnte er wegen dem Schutzschild nicht, also musste er seine Informationen woanders her bekommen. Zum Glück waren Nekromanten eine eingeschworene Gemeinschaft, ja sogar oft miteinander verwandt. So wusste er, dass es hier einen alten Nekromanten gab. Den wollte er als erstes aufsuchen.
Das Haus zu finden war nicht weiter schwer. Es lag in der Nähe der Kirche und hatte ein geheimes Zeichen der Nekromanten an der Außenwand, so dass zufällig vorbeikommende Nekromanten wussten, dass sie hier jemanden mit dem gleichen Schicksal fanden.
„Manukis zum Gruße.“, sprach er, wie er das kleine Haus betrat. „Wer bist du?“, kam die unfreundliche Antwort des alten, halbblinden Mannes. „Ich bin Seno.“, mit dieser Erklärung fing der Fisch in der Pfanne an zu zappeln. Wenn er auch ungern seine Fähigkeiten einsetzte, so war dies doch der beste Weg zu beweisen, dass er ein Nekromant war. „Hey, mein Mittagessen.“ „Viel zu spät für ein Mittagessen.“, sprach Seno und zog seine Kraft aus dem Fisch zurück, dass der Mann ihn weiter braten konnte.
„Kehno, mein Name. Ich habe leider nicht viel dir anzubieten.“, erklärte der Mann, nun freundlicher. „Ich habe keinen Hunger. Und ehrlich gesagt auch keine Zeit. Ich suche ein paar Informationen. Vielleicht kannst du sie mir geben?“ „Was willst du denn wissen? Ich bin kein Stadtschreier. Nun stell schon deine Fragen.“, kam die Antwort.
So freundlich schien er dann doch nicht zu sein, was Seno aber egal war, solange er seine Informationen bekam. „Ist hier in letzter Zeit ein Nekromant gewesen?“ „Ja, Stretoh, ein überheblicher Typ mit einer spitzen Nase.“ „Genau den meine ich. Was weist du über ihn?“ „Mehr als mir lieb ist. Zuwenig, als dass es dir nützlich wäre. Er hat sechs Tage bei mir gelebt. Tagsüber geschlafen und nachts war er immer weg. Er redete kaum mit mir und wenn, dann in seiner überheblichen Art, fühlt sich als etwas Besseres.“ „Hat er gesagt, was er nachts gemacht hat?“ „Ja, gab damit an er würde bald unseren Magier töten. Mir war das ja egal. Weist du, ich hasse sie ja auch, diese Magier und dann war Marus auch noch ein Feuermagier. Dieser verdammten Feuermagier sind die schlimmsten Feinde. Die mit ihrem Feuer.“ „Ich weiß.“, unterbrach Seno ihn und versuchte den alten Mann wieder Informationen zu entlocken, die er noch nicht kannte. „Er hat Marus getötet.“ „Gut, dann wird er wohl abgereist sein und ich habe meine Ruhe.“ „Ja. Weist du, wohin er wollte?“ „Hat er mir verraten. Wenn auch unbeabsichtigt, als er mal wieder erzählte, wie toll seine Fähigkeiten doch sind.“ „Wohin?“, fragte Seno. „Wieso?“, konterte Kehno. „Ist die Frage nicht egal?“ „Ist die Antwort nicht egal?“ „Ich finde ihn auch so, er hat eine eindeutige Spur hinterlassen.“ „Dann brauchst du mich ja nicht.“ „Wieso so misstrauisch?“ „Wieso so neugierig?“ „So kommen wir nicht weiter. Bitte, es geht selbst für einen Nekromanten nicht, dass er jemanden umbringt. Ich will ihn finden und dann der Stadtwache übergeben.“ „Oder aber, wenn er sich zu sehr wehrt, umbringen.“, erklärte der Alte wissend. Seno nickte. „Bitte, ich kann auch seine Spuren folgen, aber ich denke eine Abkürzung wäre möglich, wenn ich sein Ziel weiß.“ „Ist ja gut, du hast mich überzeugt.“, zum ersten Mal zeigte sich im Gesicht des Mannes so etwas wie ein Lächeln. „Er will zum Kloster ‚Friedensberg’ in der Nähe..“ „Danke, das kenne ich.“, unterbrach ihn Seno. „Ich muss dann los. Bis irgendwann einmal.“ Er beeilte sich das Haus zu verlassen.
Das Kloster lag unweit eines Reichsweges, der in fast gerade Linie von Ametar weg führte. Wieso ging Stretoh diesen Weg? Kannte er sich nicht aus, hatte er noch etwas anderes vor oder benutzte er bewusst diesen Weg um ihm und Emelia Fallen zu stellen? Vermutlich letzteres, traten sie doch bereits in eine Falle.
Bevor er aber aufbrechen wollte, ging er doch einmal zum Turm hin, in dem Marus gelebt hatte. Er untersuchte das Feld, welches den Turm umgab. Nur zu gern wäre er noch einmal in den Turm gestiegen um Marus zu befragen. Doch er spürte die Kraft dieses Feldes und wusste, dass seine Magie nicht ausreichte es zu durchdringen. Eines musste man den Elementarmagiern lassen, Schutzschilder konnten sie sehr gut herstellen. Es war einfach sinnlos es zu versuchen auch war es Zeitverschwendung her zu kommen und sich die Sache noch einmal an zu sehen. Er sollte sich lieber auf den Weg zum Kloster machen.
So lange das Tageslicht es zuließ wanderte Seno so schnell es ging, um eine möglichst große Strecke hinter sich gebracht zu haben. Zu gern hätte er sich ein Pferd gemietet, doch Tiere hatten leider eine angeborene Angst vor Nekromanten.
Die Strasse war gut besucht und so fand er, als es zu dunkel zum Wandern wurde, problemlos eine Gruppe bei der er die Nacht verbringen durfte.
8
Als sie näher kam, sah sie einen großen Schatten und mehrere kleinere Schatten hinter dem Lagerfeuer aufragen. Es war mittlerweile dunkel geworden. Sie konnte schon einige Leute palavern hören, die um das Feuer herum saßen. Man musste sie nun auch schon sehen können. "Halt! Wer da?", hörte sie auch schon eine befehlsgewohnte Stimme rufen. Um nicht zu provozieren, blieb sie stehen und antwortete: "Bammla zum Gruße. Ich bin eine Reisende, die die Wärme eines einladenden Lagerfeuers sucht." "Möge auch Euch Bammla schützen.", erklang die Stimme nun schon viel freundlicher: "Tretet näher."
Zügig näherte sie sich dem wärmenden Lagerfeuer. Unterwegs stand ein Soldat mit einer Armbrust im Anschlag, die er jetzt, da er sie sehen konnte, langsam senkte. Als sie zum Feuer blickte, sah sie weitere auf sie gerichtete Armbrüste, die sich gerade senkten. Diese Leute waren sehr vorsichtig. Wenn sie dürfte, würde sie hier gut schlafen können. "Wer seid ihr?", fragte der Soldat im Plauderton, als er sie in Richtung Feuer begleitete. "Mein Name ist Emelia.", antwortete sie und sah im Feuerschein erschrocken, dass der Soldat an Stelle seiner linken Augenbraue eine Brandnarbe trug, und zog unwillkürlich ihren Mantel enger um die Schultern. Also fügte sie besser nicht hinzu, dass sie Pyromantin war. Eventuell würde er nicht so freundlich darauf reagieren. Er musste ihren Blick bemerkt haben, da er schmunzelnd flüsternd bemerkte: "Keine Angst. Ich werde den anderen nichts sagen. Ich habe schon oft mit Pyromanten Seite an Seite gekämpft. Dort wo Du die Narbe siehst, hat einer im Kampf eine Kopfverletzung, die mir ein Gegner schlug, versiegelt." Er hatte sie erkannt? Aber wie? Woran? Was hatte sie verraten? Verwirrt sah sie den fremden Soldaten an. "Übrigens, ich heiße Ortolf.", fügte er hinzu, da sie verwirrt schwieg. Sie wusste nicht so recht was sie von dem Soldaten halten sollte.
Am Feuer angekommen, stellte der Soldat sie als Emelia vor, er verzichtete darauf, zu erwähnen, dass sie eine Pyromantin war. Erleichtert ließ sie sich am Feuer nieder. Immer noch spürte sie die Erschöpfung vom Kampf. Man bot ihr etwas vom Braten an, was sie dankend annahm. Nur auf angebotene Getränke verzichtete Emelia ebenso dankend, was Ortolf mit einem Grinsen quittierte. Sie trank lieber das Wasser, was sie dabei hatte.
Die kleine Gesellschaft am Lagerfeuer bestand aus einer edlen Reisegesellschaft, einem Pärchen Wanderer und dem Soldaten. Lady Rosalinde Bloch, eine sehr jungen Edeldame aus Mandar, reiste in einer Kutsche mit ihrem Leibwächter Heinman, dem ältesten und erfahrensten der kleinen Reisegesellschaft, und ihrem Kutscher Josef, der ebenso jung schien, wie die Dame selbst. Der große Schatten hinter dem Feuer entpuppte sich als edle Kutsche, neben der ein paar Flahis grasten. Die beiden Wanderer stellten sich als Andred und Abbie vor, doch Emelia nahm ihnen nicht ab, dass sie nur einfache Wanderer waren. Für einfache Wanderer waren sie zu gut gerüstet, auch wenn sie dies zu verbergen suchten. Doch Emelia hielt es für besser, die beiden nicht darauf anzusprechen, war sie selbst als "einfache Reisende" nicht glaubwürdiger als die beiden. Der blonde Soldat war eilig auf dem Rückweg von einem Auftrag. Er trug das Wappen von Ergotar auf seiner Rüstung.
Die junge Lady Rosalinde war, nun ja, relativ redefreudig, um nicht zu sagen, geschwätzig. Zuerst dachte Emelia noch, dass sie von ihr interessante Neuigkeiten erfahren könnte. Nach kurzer Zeit bereute sie schon anfangs nachgefragt zu haben. Dabei hatte sie doch bloß gefragt, ob die Reisenden Neuigkeiten zu erzählen hätten. Dafür wusste sie nun, was beim Empfang auf Schloss Drakenhof alles erzählt und gemunkelt wurde. „..außerdem sagt man, dass Lord Conrad Darden schon zwei seiner Kutschen verkaufen musste. Er hatte auch einen älteren Anzug an, nämlich genau den, den er schon auf dem letzten Ball anhatte.“, schwätzte die Lady: „Doch das hässliche Kleid von Lady Magratha übertraf das bei weitem. Das sie sich damit überhaupt auf die Tanzfläche getraut hat.“ Das ging jetzt schon seit einer halben Stunde so und die Lady schien keine Atempausen zu benötigen. Emelia seufzte leise, lächelte aber höflich. Die beiden Reisegefährten der Lady warfen Emelia mitleidige Blicke zu. „..und seit gestern benimmt sich die Lady Perydot so seltsam. Das muss mit diesem Herrn zusammenhängen, der eben gestern auf dem Schloss eintraf. Man sagt, er hat so eine unheimliche Aura um sich herum.“ Plötzlich wurde Emelia hellhörig. Das hörte sich doch ganz interessant an. Vielleicht war der Mörder ja zu diesem Schloss gegangen. „Wie sah er denn aus?“, versuchte sie in den Redeschwall der Lady zu kommen. Mit Erfolg, denn die Lady unterbrach sich irritiert: „Äh, wie?“ Doch dann freute sie sich anscheinend, dass Emelia ihr sogar zuhörte: „Tja, so genau weiß ich das leider nicht, aber Lady Ophelia sagte, dass er noch unheimlicher aussieht als der alte Lord Hirtzel.“ Die Beschreibung konnte auf so ziemlich jeden passen. Das half Emelia nicht wirklich weiter. Daher fragte sie noch in eine andere Richtung nach: „Was ist denn so auffällig am Benehmen der Lady.. äh..“ „..Perydot?“, nahm die Lady sogleich den Faden auf: „Nun ja, wenn man Lady Elayne glauben kann, dann hat sie sich ziemlich viel mit diesem seltsamen Herrn unterhalten..“ Emelia gab es auf und ließ noch weitere Stunde Redeschwall über sich ergehen, bevor sie sich höflich zurückzog und zur Ruhe begab. Von da an schwallte die Lady wieder ihre Begleiter zu.
Nahe am Feuer liegend schlief die Pyromantin schließlich trotz des Palavers der Lady erschöpft ein.
Am nächsten Morgen erwachte Emelia etwas frierend. Das Feuer hatte über Nacht abgenommen. Sie sah sich um. Bis auf die Lady waren alle schon wach. Die Pyromantin hatte lange geschlafen, aber zumindest hatte sie sich dadurch etwas erholen können. Beim Frühstück redeten alle ausgesprochen leise, um die Lady nicht zu wecken. Emelia grinste, da sie nun wusste, dass das weniger Rücksichtnahme auf die Adelige, als Selbstschutz war. Auch ihr stand der Sinn nicht nach einem weiteren Monolog über irgendwelches belangloses Zeug. Sie setzte sich zu den anderen nahe ans Feuer. Heinman und Josef, die Begleiter der Lady, dankten ihr für die Pause, die sie ihnen am Abend zuvor verschafft hatte. Nun kam sie auch mit Abbie ins Gespräch. Ihr schweigsamer Begleiter und sie kamen aus der Gegend, in die Emelia anscheinend unterwegs war. Geschäftstüchtig bot ihr Abbie eine Karte der Gegend zum Kauf an. Erfreut nahm Emelia das Angebot an und erstand für einen Taler eine umfangreiche Karte der Gegend. Freundlicherweise zeigte ihr Abbie auch gleich, wo sie sich gerade befanden. Das waren doch mal interessante Informationen. Auf der Karte waren ebenfalls Schloss Drakenhof und ein kleines Kloster eingezeichnet, welches auf halbem Weg dorthin lag. Dort könnte sie dann, wenn die Spur sie tatsächlich zu dem Schloss führen würde, wohl übernachten. Ein Dach über dem Kopf und ein warmes Feuer, ja, das war ein guter Plan. Emelia war zufrieden mit sich. Grübelnd saß sie beim Frühstück. Gestern hatte sie sich vor Erschöpfung kaum Gedanken machen können. Das holte sie jetzt nach. Da war immer noch die offene Frage, was sie zu tun gedachte, wenn sie diesen Nekromanten fand. Alleine konnte sie ihn kaum besiegen, fürchtete sie. Von denen, die mit ihr um das Feuer saßen, konnte sie kaum einen darum fragen, mit ihr zu kommen. Abbie schien ja ganz nett zu sein, aber ihr Begleiter war ihr nicht ganz geheuer. Den wollte sie lieber nicht dabei haben. Heinman, der Leibwächter der Lady, wäre ihr schon eine Hilfe, aber dann käme wohl auch die Lady mit, was Emelia auf jeden Fall vermeiden wollte. Damit blieb noch Ortolf, der Soldat, der auch ohne Zweifel im Kampf eine Unterstützung sein würde, doch er hatte Befehl, nach Ergotar zurückzukehren, und wenn sie ihn fragte, dann würde er ablehnen müssen, und dann bestand die Gefahr, dass ihr eine der anderen Gruppen helfen wollte..
Nein. Sie würde besser alleine weiterreisen. Außerdem war Unterstützung ja bereits unterwegs. Sie hatte Odric mit einer Nachricht zum Orden nach Ergotar geschickt, in der sie um Unterstützung bei der Aufklärung des Mordes und der Verfolgung des Mörders bat. Jedoch würden die Magier nach Ametar reisen. Vielleicht könnte sie Corvin, ihrem Mentor, eine weitere Nachricht zukommen lassen, in der sie genauer mitteilte, in welcher Richtung sie unterwegs war. Dann könnten die anderen Magier schneller zu ihr aufschließen. Außerdem könnte sie ihre Vermutungen in Bezug auf diesen seltsamen Herren auf Schloss Drakenhof in der Nachricht erwähnen. Diese Idee schien ihr die beste zu sein, daher fragte sie den Soldaten Ortolf, ob er eine Nachricht mit nach Ergotar nehmen könnte. Dieser erklärte sich gerne dazu bereit. Glücklicherweise verstand Ortolf sofort, wohin er die Nachricht bringen sollte, ohne dass die Pyromantin ihren Orden erwähnen musste. Er fragte nur nach, wem er die Nachricht übermitteln sollte. Nachdem sie die Nachricht schnell aufgesetzt hatte, gab sie diese dem Soldaten mit den Worten, dass die Botschaft für Corvin bestimmt sei. Er nickte und verabschiedete sich, da der Morgen doch schon weit fortgeschritten war und er fort wollte, ehe die Lady erwachte. Grinsend verabschiedete sich Emelia auch. Ortolf hatte Recht, man musste die Gelegenheit nutzen. Diese Idee griffen auch Abbie und Andred auf. Alle verabschiedeten sich mit Mitleid in den Augen von dem Leibwächter und dem Kutscher, empfahlen Grüße an die Lady und zogen schnell von dannen.
Obwohl Emelia lange ausgeschlafen hatte, war sie erstaunlich schnell wieder unterwegs. Mit Hilfe der Karte konnte sie nun wenigstens sehen, wohin die Spur sie führen würde. Nach kurzem Suchen fand sie auch die schwache Spur des Nekromanten wieder und folgte ihr eilig.
9
Blitze schlugen krachend in das alte Gemäuer ein. Seno roch das Feuer, dass sich vom Dachstuhl aus ausbreitet. Gefahr! Er musste hier raus. Er wollte die Treppe runter rennen, die er am Ende des Ganges sah. Schnell lief er hin, aber kaum auf der Treppe, flogen Feuerbälle dieselbe hoch. Da war jemand, der ihn jagte. Schnell zog er sich zurück. Dies war eindeutig eine Falle. Die Treppe zum Dachboden flackerte im Feuerschein. Nicht lange und es würde sich bis zu ihm runter gefressen haben. Er musste hier raus, koste es was es wollte. Erneut rannte er zur Treppe, lief sie halb runter als er die Person unten stehen sah. Emelia! Sie war gekommen um ihn zu retten. Nein, sie formte gerade einen Feuerball. Sie wollte ihn umbringen! Der Feuerball warf sie auch schon. Nein, das stimmte nicht. Emelia war weg, der Werfer war Marus. Er war sein Killer, denn nun traf der Feuerball ihn und Seno brannte sofort lichterloh. Da standen nun beide. Marus und Emelia. Sie lachten, spotteten und freuten sich einen Nekromanten getötet zu haben.
Schweißgebadet erwachte Seno. Er brauchte einen Augenblick, bis er erkannte, dass er geträumt hatte und dass er nicht brannte. „AAHH.“ Flammen krochen um ihn hoch, er brannte doch! Panisch wollte er sich wälzen, aber da warf ihm jemand etwas übers Gesicht. Sie wollten ihn verbrennen. Emelia war zurück gekommen und verlangte nun seinen Tod. Er konnte sich nicht bewegen, sie hielten ihn fest, auf dass das Feuer ihn vernichte. Er schrie um Hilfe, wand sich, doch die Magier ließen ihn nicht los.
Plötzlich wurde es wieder hell. Seno wurde losgelassen, so dass er an sich runter sehen konnte.
Während er seinen verbrannten Oberkörper untersuchte, klärten sich auch seine Gedanken. Emelia war nicht hier. Keiner der Anwesenden hatte vor ihn umzubringen. Im Gegenteil, noch benommen vom Albtraum hatte er nur nicht verstanden, dass sie ihm eine Decke zum ersticken der Flammen übergeworfen haben.
„Du siehst übel aus.“, bemerkte Marcel, ein Jäger den er schon gestern Abend kennen gelernt hatte. „Was ist passiert?“, fragte Jennifer, eine Heilerin, wäre sie sich neben Seno hinkniete. „Er schlug im Traum um sich, wälzte sich dann mitten ins Feuer.“, kicherte der Fleischer. Seno hatte seinen Namen vergessen. Er war auch längst nicht so hübsch wie seine Frau Jennifer. „Aua.“, protestierte da der Nekromant, Jennifer pulte an seiner Brust rum. „Halt still, die Wunden müssen gereinigt werden.“, verlangte sie. „Ich hab keine Zeit dazu. Hab es ein wenig eilig.“ Seno versuchte sich zu erheben, doch Jennifer legte ihre Hand mitten auf seine verbrannte Brust. „AAH. Das tut doch weh.“ „Lieg still. Meine Frau weiß genau, was sie tun muss. Sie ist Heilerin.“, erklärte ihr Mann. „Du brauchst neue Oberbekleidung, mein Freund. Ich habe ein Lederstück, welches ich eigentlich verkaufen wollte. Jetzt mach ich dir einfach daraus etwas und du kaufst es mir ab.“, erklärte Marcel voller Tatendrang. „Aber, ich..“ „Ruhe, wir haben Zeit. Bleiben wir bis morgen. Oder, Schatz?“ „Ja, bis morgen geht es ihm wieder ganz gut.“, meinte Jennifer. „Du hast da eine frische Schnittwunde. Eventuell solltest du etwas vorsichtiger mit deiner Brust sein.“, kicherte die Heilerin und fügte Seno weiter Schmerzen zu indem sie einzelne Stofffetzen aus seiner Haut zog. „Ich muss aber..“, versuchte Seno erneut, doch Marcel fuhr ihm dazwischen: „Au ja, wir bleiben bis morgen hier. Dann kann ich gleich jagen und uns ein ganz leckeres Mittagessen zaubern. Ich weis da ein Gericht, nach dem ihr euch alle zehn Finger lecken werdet. Und heute Abend gibt es dann einen Braten mit frischen Früchten. Ich weiß genau woher ich die bekomme.“ Derweil gab die Heilerin Seno ein Getränk. Er schluckte die kalte Brühe schnell runter. „Ich werde aber aufbrechen müssen. Ich werde ge.. gebraucht. Was .. war .. nein.“ Zu spät erkannte Seno, dass die Heilerin ihm einen Schlaftrunk verabreicht hatte. So sehr er auch dagegen ankämpfte, wurde er immer müder und schlief letztendlich ein.
10
Auch diese Abzweigung war auf ihrer Karte nicht verzeichnet. Nach zwei Stunden hatte Emelia es aufgegeben, den Weg, den sie ging, auf der erstandenen Karte Nachverfolgen zu wollen. Der auf der Karte eingezeichnete Weg verlief zudem völlig anders, als der, auf dem sie ging. Seufzend steckte sie die Karte in die Tasche, da sie ihr sowieso nicht weiterhalf. Da konzentrierte sie sich lieber mehr auf die magische Spur, der sie folgte. Die Qualität der Karte ließ sie vermuten, dass sie Abbie und Andred wohl nicht wieder sehen würde, was für alle Beteiligten auch besser wäre.
Reisende, die ihr auf dem Weg entgegenkamen, beachtete sie kaum. Sie konzentrierte sich darauf, die schwache magische Spur des Mörders nicht zu verlieren. An einer Wegkreuzung musste sie anhalten. Am Wegesrand sitzend und meditierend fand sie schließlich die Spur wieder. Hier war er auf einen kleineren Weg abgebogen.
Bestand eigentlich das Reich außerhalb der Städte nur aus Wald? Es kam Emelia so vor, da sie wider, oder immer noch durch einen kalten Wald stapfte. Dieser Weg war weniger benutzt. Hier begegneten ihr kaum noch andere Reisende. Langsam gewöhnte sie sich daran, der schwachen Spur zu folgen. So begann sie, an einem Schild gegen die Kälte zu experimentieren. Ganz vorsichtig initiierte sie einen schwachen Hitzeschild. Anfangs flackerte er noch ein wenig und von Zeit zu Zeit züngelten Flammen aus dem Schild, doch mit der Zeit bekam sie ihn immer besser unter Kontrolle. Bis zum späten Nachmittag hatte sie den schwachen Schild so weit gemeistert, dass er etwas wärmte, aber von anderen kaum wahrgenommen werden konnte. Der Wärmeschild war noch lange nicht perfekt, aber schon einsetzbar. Nun fror sie unterwegs nicht mehr so sehr, hatte aber trotzdem noch genügend Reserven, um der magischen Spur folgen zu können. Ihr schwacher Schild erschwerte zwar das Aufspüren des Mörders etwas, so dass sie einige Male anhalten musste, um ihre Konzentration durch Meditation zu verstärken, und so die schwache Spur wieder zu finden. Es war ein mühsamer Weg. Doch sie nahm die Mühe gerne auf sich, wenn sie dafür nicht frieren musste.
Zu ihrer Freude lichtete sich der Wald und es wurde etwas wärmer. Hier gab es sogar einige Lichtungen. Sie freute sich aus der bedrückenden Kälte des Waldes herauszukommen. Der kleine Weg führte sie nun über eine Wiese. In der Ferne hörte sie ein ständiges Plätschern. In den wärmenden Strahlen der Sonne konnte sie nun auch, ohne zu frieren, ihren Wärmeschild beenden. Sie wollte ihre Kräfte schonen, da sie nicht wusste, was vor ihr lag. Hätte der Mörder eine weitere Falle für sie vorbereitet? Was konnte sie tun, wenn sie ihn tatsächlich fand? Sie bedauerte nun, Seno nicht an ihrer Seite zu haben. Auch, wenn er ein Nekromant war. Immerhin hatte er sie bei dem Angriff gerettet. Einerseits hasste sie den Nekromanten, weil Feuermagier Nekromanten nun mal hassten, aber andererseits hatte sie gelernt, Seno zu vertrauen. Es half nichts, dem nun nachzutrauern. Sie hatte ihn fortgeschickt. Das war nun kaum mehr rückgängig zu machen. Mit einem Feuerball hatte sie ihn regelrecht davon gejagt. Mit den Konsequenzen ihrer Handlungen musste sie nun alleine klarkommen.
Sie näherte sich der Ursache des Plätscherns, das sie gehört hatte. Es war nun lauter geworden, mehr als nur das Plätschern von vorhin. Ein reißender Strom durchschnitt hier das Land. Die magische Spur führte sie weiter, den Weg entlang, in Richtung des Flusses. Eine Brücke führte über den Fluss. Diesen Weg hatte der Mörder genommen und so musste Emelia ihm folgen. Skeptisch sah sie sich diese Brücke genauer an. Eine Holzbrücke, stellte sie verächtlich fest. Nur Steinbrücken waren fest und sicher, wusste die Pyromantin.
Vor der Brücke machte sie eine kurze Rast. Sie aß etwas Brot und trank etwas von ihrem Wasser dazu. Um Kräfte zu sammeln ruhte sie sich aus und begann dann zu meditieren. Eine halbe Stunde später begann sie, die Brücke magisch nach Fallen und sonstigen Spuren zu sondieren. Der Mörder hatte die Brücke überquert, doch magische Fallen hatte er anscheinend nicht vorbereitet. Emelia wunderte sich. Hatte er es eilig gehabt? Diese Stelle war geradezu prädestiniert für eine Falle. Oder hatte er nicht geglaubt, dass seine eventuellen Verfolger die erste Falle überleben konnten. Vielleicht hatte er nicht damit gerechnet, so schnell von Magiern verfolgt werden zu können.
Vorsichtig und wachen Auges überquerte sie schließlich die Brücke. Immer wieder warf sie dabei auch besorgte Blicke in die reißenden Fluten unter ihr. Es behagte ihr nicht, dass nur von etwas Holz unter ihren Füssen einen Sturz in den Fluss verhinderte. Eine Steinbrücke wäre wesentlich sicherer gewesen. Warum bauten die unvorsichtigen Menschen nur immer wieder solch wichtige Bauwerke aus einem so fragilen und unsicheren Material wie Holz? Erleichtert betrat sie den festen Boden auf der anderen Seite des Flusses. Ein Blick zum Himmel verriet ihr, dass es nun bald dunkel werden würde. Also waren die Abstände auf der Karte auch falsch gewesen. Ein Kloster war weit und breit nicht in Sicht, also würde sie sich hier irgendwo im Freien einen Lagerplatz für die Nacht suchen müssen.
Auch auf dieser Seite des Flusses gab es lichten Wald. Sie suchte sich eine kleine Lichtung, auf der sie ein Lagerfeuer entzündete. Dann suchte sie geeignete Steine zum Aufwärmen. Nach einigem Suchen gab sie es auf. Hier schien es kaum Steine zu geben, die größer waren als kleine Kiesel. Also gab es auch heute Nacht keine Steinheizung. Sie entschied sich dagegen, die ganze Nacht über einen Wärmeschild zu verwenden. Also sammelte sie nochmals Holz für ein zweites Lagerfeuer. Immerhin hatte diese Methode auch schon einmal funktioniert. Außerdem würde das ihre Kräfte schonen und sie konnte sich über Nacht besser regenerieren.
Zum Abendessen kaute Emelia lustlos auf etwas trockenem Brot herum. Ein Stück Fleisch wäre jetzt nicht zu verachten gewesen, aber sie hatte keines und jagen konnte sie ebenso wenig. Sie starrte in die Glut des Feuers vor ihr mit der angenehmen Wärme des zweiten Feuers im Rücken. Wenigstens war ihr warm. Überhastet waren sie in Ametar aufgebrochen. Sie hatte ihren Proviant nicht auffüllen können. Wieder bereute sie, dass Seno nicht dabei war. Er hätte jetzt bereits, von erfolgreicher Jagd zurück, einen leckeren Braten aus einem geschossenen Meloghe gezaubert. Das Lagerfeuer knackte bestätigend. Die Flammen züngelten hoch. Warum musste er auch ausgerechnet ein Nekromant sein? Warum hatte er sie belügen müssen? Die knisternde Glut gab ihr keine Antworten. Lange Zeit hörte sie dem knackenden und knisternden Feuer zu. Sie war froh, dass dieser Weg weniger von Reisenden genutzt wurde. So konnte sie in Ruhe ihren Gedanken nachhängen. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr stellte sie fest, dass ihre Wut auf Seno fast schon verraucht war. Aber konnte sie einem Nekromanten je vertrauen? Ohne es zu wissen, hatte sie es bereits getan, doch nun? Im angenehmen Duft des Feuers schlief sie bald ein.
Ein leichter Nieselregen weckte die Pyromantin am nächsten Morgen. Schnell packte sie ihr Lager zusammen, löschte die Reste der beiden Feuer und verfolgte die Spur des Mörders weiter. Fluchend aktivierte sie wieder den am Vortag geübten Wärmeschild, dieses mal etwas stärker, damit er sie trocken hielt. Nach einigen Feinjustierungen klappte dies auch ganz gut, sogar ohne einen auffälligen Flammenkranz zu erzeugen. Die Pyromantin war stolz, ihre erlernten Fähigkeiten so praktisch nutzen zu können, ohne groß dabei aufzufallen. War die Fähigkeit, Magie möglichst unbemerkt, aber effektiv zu wirken, vielleicht eine der Voraussetzungen für umher reisende Magier?
Gegen Mittag hörte der Nieselregen auf, so dass Emelia den Wärmeschild wieder einziehen konnte. Die Spur, der sie folgte, führte weiterhin den kleinen Weg entlang. Hier standen wieder mehr Bäume, doch die Sonne konnte den Weg genügend erwärmen. Nach einer kurzen Mahlzeit setzte sie die Verfolgung fort.
Verwirrt hielt sie nach einer Weile inne. An dieser Stelle führte die Spur, der sie folgte, anscheinend in alle Richtungen. Die Spur führte sie nach links in den Wald, ging aber gleichzeitig nach vorne weiter und führte auch nach rechts an etlichen Büschen vorbei. Wie konnte das sein? Waren es doch mehr als einer gewesen? Hatten sie sich hier getrennt? Zu welchem Zweck? Hatten sie ihr hier eine Falle gestellt? Doch warum war dann noch nichts geschehen? Aber für mehrere Magier war die Spur zu schwach gewesen. Oder überschätzte sie ihre Fähigkeiten? Wohin sollte sie nun gehen? Welcher Spur sollte sie folgen? Sie wusste es nicht. Sie konnte nur hoffen, dass sie der richtigen Spur folgen würde. Da die Spur bisher am Weg entlang führte, entschied sie sich, dem Weg weiterhin zu folgen. Ihr Puls beschleunigte sich. Was würde am Ende des Weges auf sie warten? Überlaut hörte sie ihren eigenen Herzschlag. Mit Konzentrations- und Atemübungen versuchte sie sich wieder zu beruhigen. Mit langsamen Schritten folgte sie dem Weg.
Vorsichtig folgte sie der Spur weiter. Doch es wurde immer schwieriger. Immer wieder kreuzten andere Spuren den Weg oder verliefen am Weg entlang. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht. Entweder war der Mörder hier kreuz und quer durch das Gelände gelaufen, oder hier waren mehrere Magier unterwegs. Darauf konnte sie sich einfach keinen Reim machen. Sie beschloss, dass es sicherer wäre, den Weg zu verlassen und neben dem Weg her zu gehen. Eine Spur, der sie folgen konnte, konnte sie sowieso nicht mehr ausmachen, dafür gab es hier zu viele, die in die unterschiedlichsten Richtungen führten. Sie wurde immer nervöser und hoffte, dass Odric schon in Ergotar angekommen wäre. Sie hatte bald wohl Unterstützung dringend nötig.
Den Weg im Auge behaltend schlich sie nun durch den Wald. Dabei achtete sie darauf, ob sich eine der Spuren verstärkte, woraus sie schließen können würde, dass diese Spur frischer wäre, oder gar ein Magier in der Nähe wäre. Ihr war klar, dass es dann zu spät wäre, da dieser Magier sie dann auch schon spüren konnte, jedoch wäre sie wenigstens vorgewarnt und hätte eine Chance zu reagieren. Aber sie wusste ja nicht einmal wer ihre Gegner waren und wie viele es waren, wenn es überhaupt mehrere wären. Es begann zu dämmern. Auch das noch, dachte sie niedergeschlagen. Wie sollte sie hier ein Lager suchen? Und ein wärmendes Feuer würde sie nur verraten.
Vor ihr tat sich eine Lichtung auf. Ein großer Gebäudekomplex stand inmitten dieser Lichtung. Graue Gestalten liefen geschäftig zwischen den einzelnen Gebäuden herum. Bildeten diese Gebäude das in der Karte eingezeichnete Kloster und waren die Gestalten die darin wohnenden Mönche? Emelia beschloss, besser vorsichtig zu sein. Warum sollte es um ein Kloster herum magische Spuren geben? Sie versteckte sich lieber in einem den Gebäuden näheren Gebüsch und beobachtete die Szenerie eine Weile. Um ihre eigene magische Spur brauchte sie sich hier kaum Sorgen machen, da hier starke Überlagerungen vorhanden waren, wie sie erleichtert, aber auch besorgt feststellte. Hier war Magie gewirkt worden, und das nicht nur einmal. Doch daher konnte sie die Spur des Mörders auch nicht mehr verfolgen. Sie konnte nicht einmal sagen, ob er hier war oder weiter gezogen war.
Trotz der mit der Dunkelheit aufsteigenden Kälte wagte die Pyromantin es nicht, ihren Wärmeschild einzuschalten. Gespannt beobachtete sie die Mönche. Irgendetwas schien mit ihnen nicht ganz zu stimmen.
Die anderen drängten wieder. Doch er blieb stehen und sog die Schönheit der kleinen Pflanze vor ihm auf. Der elegante Schwung des Stiles, die Blüte war nahezu perfekt, doch da fehlte noch etwas. Er fügte es mit einer Fingerbewegung hinzu. Ja. Perfekt. Er lächelte. Dieser perfekte Moment wurde vom Zischen eines seiner Begleiter zerstört: „Nicht hier, ihr wisst doch…“ „Was glaubst Du, wer Du bist? Meinst Du, Du könntest mich zurechtweisen?“, antwortete er zornig knisternd. Der Begleiter zuckte ängstlich zusammen und schwieg, hatte jedoch erreicht, was er beabsichtigte. Meister Dareg trennte sich von seinem Werk und setzte den Weg fort.
Sie hörte ein leises knistern von einer Gruppe Mönche in ihrer Nähe. Erstaunt nahm sie einen Anstieg in der magischen Spur wahr. Sie sah zu ihnen hinüber. Einer hielt eine kleine Lampe in der Hand. Sie wünschte sich, sie könnte mit einem kleinen Spruch die Lichtverhältnisse verbessern. Doch der kleinste Spruch konnte sie jetzt verraten. Vier in grau gehüllte Gestalten standen dort vor ein paar Blumen. Sie überlegte, was an diesem Bild nicht stimmte. Zwei Atemzüge später wusste sie es. Eine der Blumen war mit einer weißen Schicht überzogen. Im Lichtschein der Lampe glitzerte sie besonders schön. Verwirrt starrte sie den jungen Mönch an, der den Blumen am nahsten stand, an. Er verlor sich gerade in der Betrachtung der Blumen. War das wirklich ein Mönch? Konnte das einer sein? Er hatte kurze schneeweiße Haare, die störrisch nach oben standen. Sie sah ihn lächeln, bis einer der anderen ihm etwas zuflüsterte. Daraufhin änderten sich die Haltung und der Gesichtsausdruck des jungen Mannes. Laut wies er seinen Begleiter zurecht: „Was glaubst Du, wer Du bist? Meinst Du, Du könntest mich zurechtweisen?“ Hierbei spürte Emelia wieder einen Anstieg der magischen Spuren hier. Der junge Mann war ein Magier? Die Temperatur fiel um einige Grad. Die Pyromantin fröstelte. Anscheinend erging es den Begleitern des jungen Magiers ähnlich. Sie zuckten zusammen. Einer wurde blass, oder war es schon vorher blass gewesen? Sie hatte das Gefühl, eine ziemlich bizarre Situation zu beobachten. Zornig stapfte der Magier davon. Sein Atem war zu Emelias erstaunen, als kleine Wolken sichtbar. Ein Eismagier? Hier? Eingeschüchtert folgten ihm seine Begleiter. Der blasse zog dabei eine Spur von Dunkelheit hinter sich her.
Eine seltsame Gruppe hatte sie da gesehen. Das waren bestimmt keine Mönche gewesen. Ein Magier.. Was machte der hier? Blumen einfrieren? Bestimmt nicht. Auch die anderen Mönche, die über den Hof liefen, sahen wenig Vertrauens erweckend aus. Einer eilte barfuss über den Hof, wobei es Emelia so schien als hätte er Krallen an den Füssen. Die langen Haare eines anderen schienen im Wind zu wehen, doch nichts anderes bewegte sich, nicht die Blätter zu seinen Füssen, noch die Blüten der Bäume, an denen er vorbei schritt.
Vorsichtig zog sich Emelia zurück. Sie hatte genug gesehen, um zu wissen, dass sie hier nicht unbedingt übernachten wollte. Wer waren diese Leute? Was wollten sie hier? Wo waren die Mönche? Was sollte sie nun tun? Bei den vielen sich überlagernden magischen Spuren hier konnte sie den Mörder nicht weiter verfolgen. Wie sollte sie ihn nun finden? Eine grobe Beschreibung, wie er ausgesehen hatte, hatte sie von Odric erhalten. Doch wenn sie so vorgehen wollte, musste sie sich alle Anwesenden hier ansehen. Und was sollte sie dann tun, wenn sie ihn erkannte? Vielleicht wäre es am Besten, wenn sie hier in der Nähe auf die Verstärkung vom Orden warten würde. Auf jeden Fall würde sie sich für diese Nacht einen Unterschlupf in der Nähe suchen müssen. Mittlerweile war es dunkel geworden.
Vorsichtig schlich sie durch den dunklen Wald. Immer wieder blieb sie an Zweigen und Ästen hängen. Sie bemühte sich leise zu sein, was ihr schwer fiel. Sie stieß im dunklen gegen etwas Hartes. Was war das? Sie tastete danach und spürte kalten Stein. Eine Mauer? Hier im Wald? Hatte sie sich nicht vom Kloster entfernt? Das musste sie sich genauer ansehen. Behutsam erzeugte sie eine winzige Flamme, um etwas erkennen zu können. Sie hielt den Atem an und lauschte, ob sie sich durch die Flamme verraten hatte. Es blieb ruhig.
Vor sich sah sie nun im schwachen Schein der kleinen Flamme ein halb zusammengefallenes Haus, eine kleine Ruine. Wachsam sah sie sich um. Es schien nicht zum Klosterkomplex zu gehören. Hier führte kein Pfad von dort aus her. Im Boden der Ruine fanden sich auch keine Fußspuren. Erleichtert atmete Emelia auf. Hier könnte sie die Nacht verbringen. Diese Nacht würde kalt werden. Doch die Pyromantin wagte nicht, ein Feuer zu entzünden. Das könnte sie verraten. So suchte sie sich eine Wind geschützte Stelle in der Ruine und wickelte sich eng in ihren Mantel. Sehr vorsichtig legte sie eine Hand auf die Wand hinter ihr und erwärmte sie zaghaft. Sie wollte nicht zuviel Magie anwenden, um sich nicht zu verraten. Am nächsten Tag würde sie weiter sehen. Unruhig schlief sie irgendwann ein.
11
Seno kam langsam zu sich. Ausgeschlafen genoss er die feinen Regentropfen die sein Gesicht benetzten. Seine Augen noch immer geschlossen, hörte er zufrieden den Regentropfen zu, die eine beruhigende Melodie auf den Blättern der Bäume und dem Boden des Waldes spielten. Diese Musik wurde nur von den Stimmen einiger Menschen in seiner Nähe gestört. Seno dachte nach. Wer waren die Menschen? Nur langsam kamen die Erinnerungen wieder.
„Irgendwie kenne ich diese Verwirrtheit.“, erklärte er stöhnend, sich dabei aufsetzend und umsehend. Marcel kicherte. „Du bist ein seltsamer Vogel.“ „Und dieser Vogel muss weiter fliegen. Wie spät ist es?“ Seno besah sich das Lederhemd, was neben ihm lag. „Das ist deins.“, erklärte Marcel. „Danke.“, der Nekromant zog es an „Wie viel kostet es?“ „Ich habe mich schon bedient.“, schmunzelte Marcel. Seno stöhnte auf und sah zu Jennifer. Auch sie grinste und ihr Mann sprach: „Es ist schon der nächste Tag. Du hast den ganzen Tag und die ganze Nacht durchgeschlafen. Der Trunk meiner Frau war wohl etwas stark für dich.“ „Den ganzen Tag und die Nacht?“ Entsetzt raffte Seno seine Sachen zusammen. „Ich muss nun.“ Seno war resigniert. Er hatte viel zu viel Zeit verloren. Da konnte er kein Zwiegespräch mit den Leuten gebrauchen. Selbst von der Lektion für Marcel ließ er ab, denn Eile war angesagt. Seno bedankte sich bei den Dreien und verabschiedete sich. Ohne Frühstück eilte er davon, die verlorene Zeit wieder raus zu holen. Wer weiß wie es derweil Emelia ergangen war. Hatte sie das Kloster erreicht? Lebte sie noch?
Am Abend, es war mittlerweile schon ganz dunkel, ertastete Seno seine leicht ziehende Brust. Der Verband war trocken und lag noch stramm an. Jennifer schien wirklich etwas von ihrem Handwerk zu verstehen. Er legte sich hin, ohne ein Feuer zu machen. Er fror zwar etwas ohne seinen Umhang, der ein Opfer der Flammen geworden war, aber fürs Holzsammeln wollte er keine Zeit verschwenden.
Früh am nächsten Morgen, der Nebel lag noch schwer auf dem Boden und ließ kaum die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne durch, brach Seno auf. Das Kloster sollte bald erreicht sein. Dort würde er hoffentlich auf eine gesunde Emelia treffen. Hoffentlich griff sie ihn nicht gleich wieder an. Letztendlich ist es ja schon eine dumme Idee, sie wieder treffen zu wollen. Aber er konnte sie nicht ihrem Schicksal überlassen. Nein, seine Schuld würde er begleichen. Er würde ihr beweisen, dass er ein friedliebender Nekromant war, dass nicht jeder Nekromant schlecht war.
Er sah die Abzweigung aus der Ferne. Da musste er vom Hauptweg abbiegen. Der Weg würde ihn dann direkt zum Kloster führen. Seno schweifte mit den Gedanken ab. Hungrig dachte er an das leckere Essen der Mönche, welches er wohl bald zwischen seinen Zähnen spüren würde. Er hatte seit seinem Unfall nur noch Pökelfleisch gegessen. Es war das Einzigste, was er noch an Nahrhaften mit sich trug. Beerensammeln und Jagen verbot die Zeitnot. Aber bei den Mönchen hoffte er auf Emelia zu treffen, eine Pause zu haben und gut speisen zu können.
Er kannte die Mönche. Ein friedlicher Haufen, nichtmagischer Menschen, die in friedlicher Eintracht mit sich und ihrem Gott Obwagt lebten. Sie nahmen Reisende ohne zu Fragen auf und teilten ihre schlichten, aber leckeren Speisen mit ihnen. Wer Ruhe und Frieden suchte, war für ein paar Tage auch ein gern gesehener Gast. Was Stretoh dort wollte, war Seno nicht bewusst, vielleicht hatte er auch Kehno belogen, was sein Reiseziel betraf. Doch dies wird sich alles aufklären, wenn Seno im Kloster eintreffen wird.
Die Abbiegung; Seno wand sich dem Hauptweg ab und folgte den schmaleren Weg.
„Ei, sieh an, wen haben wir denn da?“ Seno schaute erstaunt in die Richtung des Sprechenden. Zwei Jünglinge standen im Gestrüpp und traten soeben hervor. „Bammla zum Gruße.“, sprach Seno sie an, sich überlegend ob er die jungen Männer kannte. „Du darfst hier nicht lang gehen.“, sprach einer der Zwei, ein ganz in schlichten braunen Stoff gekleideter Jüngling, ihn an. „Warum? Ich wollte nur zum Kloster.“, erwiderte Seno verwirrt. Das er zum Kloster wollte, konnte er ruhig sagen, führte der Weg nur zu diesem Ziel. Seno schätzte die Zwei ab, Wegelagerer oder einfach nur ein paar freche Bauernlümmel?
Die Erde unter Seno wurde weich. Er begann zu versinken. „Erdmagier?! Was wollt ihr von mir?“ „Erdmagier?“, schrie der zweite Jüngling, gekleidet in ockerfarbender Hose und mit bloßem Oberkörper. Wind peitsche Seno Dreck durchs Gesicht, während er bis zu den Knöcheln im Morast stand, aber zum Glück nicht weiter versank. „OK, Erdmagier und ein Himmelmagier.“ Seno streckte vorsichtig seine Magie aus, hier musste es doch etwas Totes geben. „Was wollt ihr denn? Ich habe keine Wertsachen.“, er musste sie am Reden halten. Er brauchte Zeit und musste sie etwas hinhalten. „Du Dummer. Wir töten dich.“ „Wieso?“, da, da lag etwas. Ein Meloghe, Seno stöhnte innerlich auf. Was soll er nur mit diesem kleinen Tier anfangen?
„Weil du hier lang gegangen bist.“ „Ja, du bist zur falschen Zeit am falschen Ort.“ „Das bin ich öfters.“, erklärte Seno, den Meloghe herholend. „Keine Angst. Dies war das letzte Mal.“ Die beiden grinsen fies.
„Wer soll ihn töten?“
„Ich, mit einem Ast den ich ihm in den Körper fliegen lasse.“
„Soll ich ihn nicht lieber ins Erdreich versinken lassen?“
„Ne, ein Ast ist viel schöner, ich will sein Blut sehen“
„Und dann sieht jeder, dass hier einer getötet wurde.“
„Ja und? Wir killen sie dann eh.“
„Aber sie sind dann vorgewarnt.“
„Du kannst auch das Blut in die Erde aufnehmen.“
Der Meloghe war da. Seno ließ ihn den jungen Himmelmagier angreifen. Wie eine Furie griff der Meloghe an. Trotz des Ernstes der Lage, musste Seno kurz schmunzeln. Der Himmelmagier war sicherlich der erste Mensch, der jemals von einem so ängstlichen Tier angegriffen wurde.
„Was?..“ Die beiden jungen Männer starrten verwundert auf den Angreifer. Während der Himmelsmagier den Angriff mit bloßen Händen abwehrte, sah sein Kumpel tatenlos zu, so etwas hatte er noch nie gesehen. Einen Moment später kam dann doch leben in den jungen Erdmagier, erst sah es so aus als wollte er seinem Partner helfen, doch dann besann er sich des anderen Gegners. Er drehte sich zu Seno um, als dessen Schwert auf ihn zuraste. „AAHH.“
Geschafft, der erste Gegner war tot. Gleichzeitig war Seno dem aufgeweichten Boden entstiegen, nur noch Erdreste klebten an seinen Schuhen. Seine Aufmerksamkeit richtete er nun gegen den letzten Gegner.
„Verschwinde.“, eine Windhose erfasste den Widerbelebten und schleuderte ihn außer Sichtweise. So weit, dass Seno den Kontakt aufgab. Es war nur verschwendete Magie, denn bis der Meloghe wieder angelaufen war, musste der Kampf schon beendet sein.
Seno wurde nach hinten geschleudert. Schuld war ein kräftiger Windstoß aus dem Nichts. Ächzend kam er an einem Baumstamm wieder auf die Füße. Noch immer wehte ein kräftiger Wind, wenn dieser auch nicht ausreichte einen Mann weg zu wehen, so reichte er allemal Zweige, kleine Steine und Sand mit sich zu reißen. Den Arm schützend vor dem Gesicht kämpfte Seno sich vorwärts.
„Gib auf, du hast schon verloren.“, höhnte der Himmelsmagier laut rufend durch den Sturm.
„Deine Magie wird schon schwächer. Sand bringt mich nicht um.“, erklärte Seno, Meter für Meter näher kommend.
„Ahh.“, der Nekromant fiel, als der Wind auf einmal aufhörte, zu Boden. Sein Gegner stand in dem Augenblick über ihn und drosch mit einem Unterarmdicken Ast auf ihn ein. „Meine Magie ist nicht schwach. Hörst du? Ich bin mächtiger als du.“ Seno wand sich unter den einprasselnden Hieben. Mühsam wehrte er die meisten Hiebe ab, verlor dabei aber sein Schwert.
Während die Schläge nicht aufhören wollten, nahm Seno alle seine Kräfte zusammen, sprang auf und packte den Stock. Sie rangen um ihn, bis Seno auf einmal losließ und ein Messer zückte.
Froh, dass sein Gegner nur über geringe körperliche Kräfte verfügt hatte, machte Seno sich wieder auf.
12
Frierend erwachte Emelia. Die Wand hatte zwar etwas Wärme speichern können, aber das war kein Vergleich zu einem oder zwei wärmenden Feuern. Zudem lag ein schwerer Nebel in der Luft. Nachdem sie sich vorsichtig umgesehen hatte, wagte sie es ihren Hitzeschild ein wenig zu aktivieren. So wärmte er zwar nur schwach, dafür war aber die Entdeckungsgefahr auch deutlich geringer. Sobald ihr etwas wärmer geworden war, beendete sie den Hitzeschild wieder und brach von ihrem improvisierten Nachtlager auf, um sich das Kloster und dessen Bewohner nochmals näher anzuschauen.
Im morgendlichen Frühnebel sah der Turm sehr seltsam aus. Die Luft um ihn herum flimmerte und der Nebel verdampfte den Turm hinauf. So war der gesamte Turm in heißen Dampf eingehüllt, mit Nebelschwaden am Boden rings herum. Das war ein eindrucksvoller Anblick. Dieser Feuermagier mochte wohl keine Besucher. Er hatte ohnehin keine Zeit hier in Ametar zu verweilen. Sein Befehl führte ihn auf direktem Wege nach Ergotar. Zügig marschierte Ortolf aus der Stadt.
Um sich dem Kloster wieder zu nähern, schlich Emelia vorsichtig durch die Büsche des Waldes. Die Gebäude waren trotz des Nebels gut zu erkennen. In den wenigen Minuten, die sie durch das Unterholz schlich, sammelte ihre Kleidung genug Tau auf, um klamm zu werden. Das verbesserte die Laune der Pyromantin nicht besonders, zumal sie ihren Hitzeschild zum Trocknen so nahe am Kloster nicht einsetzen wollte, bevor sie wusste, was hier vor sich ging.
Auch im morgendlichen Nebel sahen die Klosterbewohner nicht nach Mönchen aus. Sie trugen zwar schlichte braune und graue Kutten, doch gab es an etlichen seltsames zu entdecken. Um den einen herum gab es keinen Nebel am Boden. Er schien dort wie fort geblasen. Ein anderer war im Nebel kaum auszumachen. Er schien fast mit dem Nebel zu verschmelzen. Auch beteten sie nicht, wie es Emelia von Mönchen am Morgen erwarten würde, sondern liefen geschäftig hin und her. Einige trugen Gefäße und kleine Kisten von einem Nebenhaus zum Haupthaus, andere schienen Wache zu stehen, andere gingen in Zweiergruppen in den Wald. Emelia hielt den Atem an. Sie konnte nur hoffen, nicht entdeckt zu werden. Vorsichtig wich sie etwas ins Gebüsch zurück. Leider konnte sie von hier aus den Eingang des Haupthauses nicht sehen.
Ihr Verstand ermahnte sie, dass es besser wäre auf die Verstärkung aus dem Orden aus Ergotar zu warten, doch die Neugier brannte immer heftiger in ihr. Was machten die vielen Magier hier im Kloster? Wo waren die Mönche? War der Mörder von Marus hier im Kloster? War er weiter gezogen? Was sollte sie nun tun?
In Gedanken versunken hörte sie ein Knurren. Augenblicklich hielt sie den Atem an. Ihr Herz pochte laut. Sie drehte ihren Kopf, um zu hören, von wo dieses Geräusch gekommen war. War sie entdeckt worden? Strich hier ein gefährliches Tier durchs Unterholz? Es knurrte wieder. Lauter diesmal. Erschreckt stellte sie fest, woher das Geräusch kam. Sie fürchtete, dass es sie verraten könnte. Schnell zog sie sich etwas weiter in den Wald zurück, damit ihr Magenknurren nicht die Aufmerksamkeit einer Wache auf sich ziehen konnte. Hastig griff sie in ihre Tasche und aß etwas von dem trockenen Brot, welches sie noch dabei hatte. Die Zeit war wie im Flug verflogen. Es war bereits Mittag. Langsam verflüchtigte sich der Nebel. Nachdem sie ihren Hunger gestillt hatte, beschloss sie, das Kloster noch von einem weiteren Ort aus zu beobachten, da sie nicht das ganze Gelände hatte einsehen können. Ihr Plan war es, auf die andere Seite eines kleinen Nebengebäudes zu schleichen, um von dort aus vielleicht einen Blick auf den Eingang des Haupthauses werfen zu können.
Die Sonne stand mittlerweile hoch am Himmel. Er hoffte, noch am selben Tage die Herberge ‚Zum lachenden Flahi’ zu erreichen. Nun war es nicht mehr weit nach Ergotar. Nun zumindest nach den Maßstäben, die er nun anlegte. Er war schon seit Wochen unterwegs. Sein Auftrag hatte ihn zur abgelegenen Festung Isthros geführt. Froh bald wieder in der heimischen Kaserne zu sein marschierte er weiter. Er überlegte, ob er erst seinem Vorgesetzten Meldung machen, oder erst die Nachricht dieser Feuermagierin in den Orden bringen sollte. Den Orden würde er zu gerne einmal von innen sehen. Da er mit der Nachricht einen guten Grund dazu hatte, sah er hierfür eine Chance gekommen. Dann würde er wohl möglich sogar den mächtigen Pyromanten Corvin kennen lernen, für den die Nachricht war. Ortolf war in Ergotar aufgewachsen und war von jeher fasziniert von den Pyromanten. Normale Leute mieden sie, doch Ortolf schlich sich immer in ihre Nähe und beobachtete sie bewundernd. Leider konnte er nicht in den Orden hinein, doch er beobachtete die Pyromanten, so oft wie sie hinaus kamen. Die Neugier gewann. Er würde zuerst die Nachricht überbringen. Er lag gut im Zeitplan und diese Chance ergab sich nicht so oft. Unbewusst begann er schneller zu marschieren.
Von dieser Position aus konnte sie tatsächlich den Haupteingang des Klosters einsehen. Dort standen zwei Wachen vor der Tür. Drei weitere in braun gehüllte Gestalten kamen auf der gegenüberliegenden Seite aus dem Wald. Lachend und palavernd gingen sie in ein entferntes Nebengebäude. Kurz darauf kamen sie mit ein paar Taschen beladen wieder heraus. Einer der drei lachte laut auf. Die Pyromantin hielt den Atem an. Diese Lachen kam ihr bekannt vor. Aber das konnte nicht sein. Den Gedanken verdrängend beobachtete Emelia weiter das Geschehen auf dem Klosterplatz. Die mittlere Gestalt kam ihr merkwürdig vertraut vor. Die drei bewegten sich auf den Haupteingang des Klosters zu. Beim raschen Gehen bewegten sich ihre Roben im Wind. Einen Augenblick glaubte Emelia beim Mittleren orangene Hosenbeine erkennen zu können. Einer der anderen Beiden schien ein blaues Gewand unter der unscheinbaren Kutte zu tragen. Nervös beobachtete sie die drei weiter. Kurz bevor die drei das Haupthaus erreicht hatten, streiften sie ihre Kapuzen ab, um sich den Wachen zu erkennen zu geben. Emelia atmete scharf ein. Er war es doch!
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Misstrauisch geworden, ging Seno parallel zum Weg im Wald lang. Das die 2 Magier da zufällig auf ihn gewartet hatten konnte er nicht glauben. Hier war etwas faul. Lieber Vorsicht walten lassen, als einen neuen Kampf zu provozieren.
So dauerte es noch Stunden, ehe er das Kloster erreichen sollte. Aber wer in den letzten Tagen so viele Kämpfe wie sonst in 10 Jahre erlebt hatte, riskierte nichts mehr. Seno war sich nun sicher, dass es im Kloster wohl keine Mahlzeit für ihn geben würde. Der Mörder auf dem Weg dahin, die Zwei vor ein paar Stunden. Irgendetwas war los im Kloster. Vermutlich wird er Emelia nicht mehr da antreffen. Wenn er schon kaum dahin kam, wie sollte dann eine Magierin mit ihren Erfahrungen es ganz alleine schaffen? Seno war wütend auf sich. Wieso hat er sich nur als Nekromant zu erkennen gegeben. Jetzt waren sie beide ganz alleine und alleine ist gleichbedeutend mit einer Niederlage.
Gegen Mittag schälten sich die ersten Mauern zischen den Baumstämmen durch. Jetzt verlangsamte Seno seine Schritte noch mehr, um jedes noch so leise Geräusch zu vermeiden.
Da waren wieder zwei. Zwei Mönchen schritten durch den Wald. Der Nekromant vermied eine Konfrontation und machte einen Bogen um die Mönche, so dass er weit weg vom Hauptweg an den Komplex kam.
Hier liefen mehrere Mönche geschäftig umher. Nichts wies auf eine Bedrohung hin, sah man mal von den Zwei im Wald ab. Doch wer sagte, dass es Wachen waren? Vielleicht suchten sie nur Wurzeln oder Beeren. Warum musste Seno immer so misstrauisch sein. Zwei Jünglinge auf Konfrontation und zwei Mönche im Wald und er musste das Schlimmste denken. Nein, hier war keine Ungewöhnlichkeit zu erkennen. Gleich würde er in im Besucherbereich des Klosters bei einem leckeren Mahl sitzen und sich den Klostereigenen Wein gut gehen lassen. Vielleicht war ja Emelia auch schon da und genoss den Frieden dieser Anlage. Seno beeilte sich zum Kloster zu gehen.
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Ein Hilfeschrei zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Etwas abseits vom Weg konnte er eine zierliche Gestalt ausmachen, die von einer größeren bedrängt wurde. Ohne zu zögern zog er sein Schwert und lief los, um der jungen Frau in Not zu helfen. Das war eines Soldaten Pflicht. Die Dame zeterte: „Dieb! Ganove! Verbrecher! Zu Hilfe!“ „Halt! Im Namen der Wache von Ergotar!“, rief Ortolf im Laufen. Der Dieb wand sich nun ihm zu. Sein Gesicht war mit einem Tuch verdeckt und er trug eine Mütze tief ins Gesicht gezogen. Der Soldat trieb den Dieb mit Schwerthieben von dem Opfer weg und positionierte sich schützend zwischen sie. Ein Stich raubte ihm den Atem. Seine Augen weiteten sich. Zu spät erkannte Ortolf seinen Fehler. Der Dieb hörte auf zu kämpfen und nickte anerkennend: „Guter Treffer, Abbie.“ Entsetzt merkte Ortolf, wie ihn seine Kraft verließ. Schwert und Schild glitten ihm aus der Hand. Er spürte, wie sie den Dolch aus seiner Seite riss. Röchelnd sank er auf die Knie. Heißes Blut strömte aus der Wunde unter der linken Achselhöhle. Sie hatte ihn genau dort getroffen, wo seine Rüstung ihn nicht schützen konnte. Er konnte kaum noch atmen. Langsam sank er zu Boden. Das war es also jetzt? So kurz vor dem Ziel würde er sterben? Aus der Ferne hörte er Abbie quengeln: „Jetzt durchsuch ihn schon, Andred. Ich will hier weg.“ Ortolf spürte wie er gepackt und umgedreht wurde. Er sah den blauen Himmel. Flinke Hände durchsuchten seine Taschen. Es wird kalt. „Hier ist es.“, hörte er die Stimme des Diebes wir durch Watte. An den kurzen roten Haaren erkannte er den Landstreicher, wie er ihn am Lagerfeuer eingestuft hatte, wieder. Sie mussten mitbekommen haben, wie Emelia ihm die Nachricht gab. War diese so wichtig, dass er nun dafür sterben musste? „Das ist ja nur eine Nachricht.“, klang es enttäuscht. Er wurde müde. Seine Augenlieder wurden schwer. „Naja, immerhin hat er einiges an Sold dabei.“ Für ein paar Taler, dachte er. „Die Rüstung trägt das Wappen von Ergotar, die werden wir eh nicht los.“ Es ist so kalt.
Ihr Rivale Jargon war einer von diesen Leuten. Was machte er hier? Wenn Jargon dabei war, konnte hier nichts Gutes im Gange sein. Konnte es sein, dass sie sich in Ametar doch nicht geirrt hatte, als sie glaubte, ihn dort gesehen zu haben? Ihre Gedanken überschlugen sich. Hatte er sogar etwas mit Mord an Marus zu tun? Jargon verschwand nun mit den beiden anderen im Haupthaus. Auf das geschäftige Treiben auf dem Klosterplatz achtete die Pyromantin nun kaum noch. War Jargon ihr etwa gefolgt? Doch warum sollte er dann vor ihr hier eingetroffen sein? Langsam beruhigte sie ihre Gedanken. Hatte er hier einen Auftrag des Ordens zu erfüllen? Immerhin war er genauso weit wie sie. Also konnte er ebenfalls einen Auftrag erhalten haben. Doch sie beschloss, dass sie weiterhin äußerst vorsichtig vorgehen musste.
Als sie wieder einen aufmerksameren Blick auf den Platz richtete, bemerkte sie, dass einer der grau gekleideten genau auf sie zukam. Hatte man sie entdeckt? Würde dieser sie gleich entdecken? Schnell wich sie ins Unterholz zurück. Seine langen Haare im Wind wehend ging er auf das Gebüsch zu, hinter dem sie sich eben noch verborgen hatte, und ging zu ihrer Erleichterung schnurstracks daran vorbei. Er ging auf einen Stapel Holz zu, der hinter dem kleinen Nebenhaus gelagert wurde, und lud sich einige große Holzscheite auf. Er musste Bärenkräfte haben, soviel wie er sich auflud. Mit laut pochendem Herzen zog sich Emelia, den Blick weiter auf den Unbekannten gerichtet, gehend zurück. Sie wollte gerade wieder aufatmen, da sie nun genügend Entfernung zwischen sich und jenen Holzhohler gebracht hatte, als sie stolperte. Wie versteinert vor Angst lag sie da. Vorsichtig sah sie zu dem Unbekannten herüber, doch dieser lud sich weiter Holz auf. Er schien sie nicht bemerkt zu haben. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie erstaunlich weich gefallen war, dafür dass sie sich im Wald befand. Ein Blick nach unten verriet ihr den grausigen Grund dafür. Panik stieg in ihr auf. Sie unterdrückte mühsam einen Schrei. Ein toter Mönch hatte ihren Fall abgefedert. Einige Augenblicke der Konzentration waren notwendig, bevor sie wieder klar denken konnte und handlungsfähig war. „Willem, wo bleibst Du? Beeil Dich gefälligst!“ hörte sie eine Stimme rufen, woraufhin sich der wilde Holzträger unter Volllast ächzend in Bewegung setzte. Sicherheitshalber blieb Emelia regungslos sitzen, bis er außer Sicht und Hörweite war. Dann sah sie sich um und entdeckte, was sie befürchtet hatte. Weitere tote Mönche lagen hier verstreut. Man hatte sie ermordet und achtlos in den Wald geworfen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Dass die Mönche ermordet worden waren, daran bestand kaum ein Zweifel. Einige waren von Ästen durchbohrt worden, anderen der Schädel zerschmettert, bei einigen Leichen hatten sich ihre eigenen Knochen die Haut durchbohrt, einige waren zusätzlich gefroren… es war ein Bild des Grauens. Es muss ein Gemetzel gewesen sein. Die Mönche hatten sich kaum zur Wehr setzen können, da die Mörder offensichtlich Magier von verschiedenen Orden gewesen waren. Die Pyromantin schluckte. Zu ihrem Entsetzen wiesen auch etliche Leichen Brandverletzungen auf. Ein Pyromant war also beteiligt gewesen? Jargon? Sie traute ihm mittlerweile alles zu. Er war immer schon boshaft gewesen. Doch hatte er die gleiche Erziehung genossen, wie sie selbst. Sie waren in Konkurrenz aufgewachsen. Konnte er tatsächlich ein solch brutaler Mörder sein? Sie musste es herausfinden. Was geschah hier? Bereiteten die Magier hier irgendetwas vor? Was hatten sie ins Kloster getragen? War der Mörder von Marus unter ihnen? Die Neugier übermannte sie und sie beschloss, sich sehr vorsichtig im Kloster umzuschauen. Immerhin war sie auch eine Magierin und trug einen grauen Mantel. Das konnte als Tarnung funktionieren. Sie wollte ja nur einen kurzen Blick hinein werfen. Nur Jargon durfte sie dabei nicht begegnen. Er könnte ihre Tarnung auffliegen lassen. Aber das Kloster war so groß. Wenn sie aufpasste, könnte sie ihm aus dem Weg gehen. Denn er ahnte ja nicht, dass sie auch hier war. Ihr eigentlicher Auftrag hätte sie ja hier gar nicht her geführt. Ja, das konnte funktionieren. Sie musste nur so tun, als gehörte sie hierher.
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Sicheren Trittes ging Seno auf die Lichtung, auf welche die Klosteranlage gebaut worden war, zu. Es war immer wieder schon bei Mönchen zu sein. Wenn schon Menschen, dann Mönchen. Sie bedrängten einen nicht. Ihre Ruhe strahlte ab und man wurde selber ruhig und entspannte sich besser. Genau das Richtige nach den letzten Tagen.
Er betrat die Lichtung, noch hatte keiner der Mönche ihn bemerkt. Dies wollte er ändern und sie ansprechen als er im Augenwinkel einen Mönch bemerkte der einen halben Baum auf seinen Armen trug. Viel zu schwer für einen Menschen.
Wieder war da dieses Misstrauen zurück. Schnell umgesehen: Nein, noch hatte ihn niemand gesehen. Und Seno warf sich regelrecht zurück, in das Dickicht des Waldes. Erschrocken, wie viel Lärm dies machte haarte der Nekromant ängstlich aus. Kein Ruf erschall, keine Schritte näherten sich. Er hatte wohl Glück gehabt. Tief ausatmend wischte er sich die Schweißperlen von der Stirn und zog sich langsam und leise weiter ins Dickicht zurück.
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Emelia richtete sich auf, klopfte ihren Mantel etwas sauberer ging in Richtung Klosterplatz. Um sich zu beruhigen und sicherer zu werden, atmete sie ein paar Mal tief durch. Nun verließ sie den schützenden Wald. Selbstsicher schritt sie an dem Holzstapel vorbei und auf das nähere Nebenhaus zu, da nur vor dem Haupthaus Wachen standen und sie nicht gleich zu viel riskieren wollte. Schweren Schrittes kam ihr der Holzträger von vorhin entgegen. Wortlos nickte sie ihm zu. Mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen, den Emelia nicht zu deuten wusste, schlurfte er wortlos an ihr vorbei. Mit beschleunigtem Puls ging die Pyromantin weiter. Jetzt bloß nichts anmerken lassen. Wenn andere ihre Nervosität bemerkten konnte sie sich verraten. Er hatte keinen Alarm geschlagen und hielt sie anscheinend für dazu gehörig. Das gab ihr etwas mehr Selbstvertrauen. Ihr Plan funktionierte. Zumindest einen hatte sie durch ihr Auftreten täuschen können. Festen Schrittes setzte sie ihren Weg zu dem Eingang des Nebenhauses fort. Sie nahm an, dass die beiden Wachen am Haupteingang sie beobachteten, sah aber nicht zu ihnen hinüber, um nicht unsicher zu wirken. Nach einer, ihr endlos scheinenden, Minute erreichte sie das kleinere Nebengebäude.
Drinnen angekommen sah sie sich rasch um und atmete erleichtert auf. Sie war hier allein. Das kleine Gebäude war in wenige Räume eingeteilt. Hier lagerten anscheinend Vorräte. Im ersten Raum lagerten Brot, Getreide, und diverse andere Lebensmittel, im nächsten Raum fand sie etliche Getränke in Fässern, Flaschen und Amphoren, im dritten und letzten Raum war ein großes Fleischlager. Hier hingen kleine und große Fleischstücke, teilweise zubereitete Pasten, Würste, und ähnliches von der Decke. Auf Tischen lagen frisch geschlachtete Tiere. Hier wollte Emelia nicht unbedingt länger verweilen, also verließ sie dieses Gebäude rasch wieder.
Draußen angekommen sah sie, wie die beiden Wachen ihr ein breites wissendes Grinsen zuwarfen. Emelia grinste verlegen zurück. Dachten sie, sie hätte etwas Hunger gehabt und sich hier selbst bedient? Egal. Sollten sie das denken. Das war ihr nur Recht, solange sie keinen Verdacht schöpften.
Mutiger wählte sie nun den Weg zu dem, dem Hauptgebäude am nahsten liegenden Nebengebäude. Dieses war, im Unterschied zu den anderen aus Stein und eben das weckte Emelias Neugierde. Was dort wohl darin war? Als sie über den Platz schritt hörte sie aus den Büschen links neben sich ein Knistern. Ein rascher Blick dorthin verriet ihr, dass dort ein Eismagier wirkte. Sie sah eine kleine Gruppe eingefrorener Büsche, neben der ein zufriedener Magier saß und sie betrachtete. Das Stillleben wirkte tatsächlich beruhigend und irgendwie stimmig. Um nicht weiter aufzufallen, riss sie sich von dem Anblick los und setzte ihren Weg fort.
Auch dieses Nebengebäude konnte sie ungehindert betreten, was sie weiterhin darin bestärkte, dass sie unverdächtig wirkte. Neugierig sah sie sich um. Hier standen viele Regale in langen Reihen. Dies mochte einmal eine Bibliothek gewesen sein, doch nun standen die Regale voller Elixiere, kleinen Flakons mit seltsamen Flüssigkeiten, kleine und größere Behälter mit nicht einsehbarem Inhalt, verschlossene Dosen und viele anscheinend sortierte Beutel. Dies schien ein Lager mit magischen Zutaten und Erzeugnissen zu sein. Weiter hinten im Raum konnte sie Tische mit Glasaufbauten, Mörsern, und anderen Gerätschaften sehen. Daraus schloss die Pyromantin, dass sich die Gruppe von Magiern hier wohl länger aufhalten wollte. Oder sie benötigten viele magische Erzeugnisse. Was hatten die hier nur vor? Und warum hatten sie sich ausgerechnet dieses Kloster für ihr Vorhaben ausgesucht? Plötzlich hörte Emelia, dass die Tür aufging. Erschrocken sah sie sich um. Ein Magier mit wild wehendem langen Haar betrat den Lagerraum: „Hier bist Du! Du solltest mir doch helfen!“, herrschte er sie an. Perplex nickte Emelia wortlos. Sie wagte kaum zu atmen. „Die drei Kisten dahinten müssen ins untere Turmzimmer.“, wies er sie an. Als sie nicht gleich reagierte, fügte er ungeduldig hinzu: „Die tragen sich nicht von selbst! Folge mir!“ Die Pyromantin schluckte, nahm sich rasch eine der angewiesenen Kisten und beeilte sich, dem Magier zu folgen.
Mit der schweren Kiste hetzte sie über den Platz, dem Magier folgend. Die beiden Wachen am Haupteingang zum Kloster ließen sie mit mitleidigem Blick passieren. Der Magier stürmte einen Gang entlang und dann eine Treppe hinauf. Emelia folgte ihm so schnell sie konnte. Waren da Backsteine in der Kiste? Die war so schwer… Keuchend hetzte sie die Treppe hinauf. „Stell sie da in die Ecke.“, befahl er: „und dann hol gefälligst die anderen beiden Kisten.“ Außer Atem stellte sie die Kiste in die angewiesene Ecke. „Vorsichtig!“, erhielt sie barschen Lohn: „Beeil Dich! Ich habe noch besseres zu tun, als auf Dich zu warten!“ Schnell verließ sie den Raum und eilte die Treppe hinunter und den Gang entlang. Wohl oder übel musste sie wohl mitspielen, wenn ihre Tarnung nicht auffliegen sollte.
Als sie den Eingang passierte grinste sie einer der Wachen an: „Was hast Du nur verbrochen, dass Du Meister Garposch helfen musst?“ Mit einem schiefen Grinsen antwortete Emelia: „Ich war wohl zur falschen Zeit am falschen Ort.“ „Na dann viel Glück! Und beeil Dich, der Meister wartet nicht gern.“, lachte die Wache. Das befürchtete die Pyromantin auch und lief über den Platz zum Nebenhaus. Rasch holte sie die zweite Kiste, die nicht minder schwer war als die erste. Wieder grinsten die Wachen, als sie mit der Kiste vorbeihetzte. Polternd betrat sie erneut das untere Turmzimmer. Der Meister, den die Wache Garposch genannt hatte, stand mit dem Rücken zu ihr, den Blick aus dem Fenster gerichtet. Hastig stellte sie die Kiste zu der anderen und beeilte sich aus dem Raum zu kommen. Sie wunderte sich, was wohl in diesen Kisten war. Vielleicht konnte sie noch einen Blick hinein werfen. Als sie schwer atmend mit der dritten Kiste den Raum betreten hatte und sie neben die beiden anderen gestellt hatte, scheuchte sie der ungeduldige Meister mit barschen Worten aus dem Raum. Leider hatte er die Kisten nicht in ihrem Beisein geöffnet. Da sie den Raum nicht schnell genug verließ, half Garposch mit einem Windstoß nach. So wurde ihr Weg die Treppe hinab unangenehm bescheunigt.
Unten angekommen atmete die junge Pyromantin erst einmal tief durch. Doch niemand hatte sie bisher verdächtigt, nicht dazu zu gehören. Und es war ihr gelungen unerkannt ins Kloster zu gelangen. Doch bevor sie sich hier umschauen konnte, musste sie sich erst einmal etwas ausruhen. Zum Glück hatte sie sich beim Sturz die Treppe hinab nicht verletzt.
Nachdem sie sich etwas erholt hatte, begann sie neugierig durch das Kloster zu streifen. Doch weit kam sie nicht. Schon einen Gang weiter kam ihr eine kleine Gruppe von Magiern entgegen. Jargon war unter ihnen und er musste sie auch schon entdeckt haben. Er blieb stehen und deutete auf sie: „Sie ist keine von uns!“ Schon flog ein Feuerball in ihre Richtung. Sie wich dem aus und rannte so schnell sie konnte hinaus. Im Laufen hörte sie hinter sich erneut das vertraute Geräusch „WUFF… KRCHCHCHCHCH“. Schnell duckte sie sich und ließ den zweiten Feuerball passieren. Die Pyromantin wusste, dass sie gegen die Magiergruppe kaum eine Chance hatte, schon gar nicht hier im Kloster. Sie musste schnell wieder ins Freie kommen und dann in den Wald entfliehen. Eine laute Stimme hinter ihr wies Jargon zurecht: „Spinnst Du? Doch nicht hier! Typisch Pyromant, erst feuern, dann denken…“ Trotz der Gefahr musste Emelia grinsen. Sie erahnte die Reaktion. Ein lautes Klatschen und ein dumpfer Aufschlag verrieten ihr, dass Jargon zornig zugeschlagen hatte und so den anderen zum Schweigen gebracht hatte. Hastig bog sie um die Ecke und lief den Gang nach draußen entlang. Ihr konnte es nur Recht sein, wenn sich die anderen gegenseitig aufhielten. Ohne anzuhalten lief sie an der erstaunten Wache vorbei, die ihr hinterher rief: „Noch eine Kiste?“, doch Emelia hörte nicht zu und rannte weiter.
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Nun war er sich sicher. Genaues Beobachten bewiesen Seno, dass es hier Probleme geben wird. Nicht nur, daß er keinen der beobachten Mönche kannte, sie verhielten sich auch bei genauerer Betrachtung sehr ungewöhnlich. Er hatte mittlerweile herausgefunden, dass einige der Mönche in Wirklichkeit Magier waren. Wenn doch nur Emelia da wäre, sie könnte ihm sicherlich sagen, wie viele der hier umlaufenden Mönche magische Fähigkeiten haben.
Seno beschloss das Kloster eingehend zu beobachten. Er musste raus finden, was hier geschah. Wo waren seine Bekannten? Vermutlich kam bald der Mörder von Marus an. Ihm folgend, hoffentlich noch immer Emelia. Sein Plan sah vor hier alles zu beobachten, Emelia ab zu fangen, wenn sie auftauchte, und mit ihr dann zu reden. Sie musste einfach einsehen, dass er ihr helfen wollte. Alleine hatten sie keine Chance. Wenn Emelia noch immer auf ihn sauer war oder gar tot war, wollte er zur nächsten Stadt reisen. Hier konnte er alleine nichts ausrichten.
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Durch das Rufen ihrer Verfolger wurden die Wachen schließlich alarmiert. Plötzlich bewegte sich der Boden unter Emelia und sie stolperte. Eine Wurzel hatte spontan den Boden durchbrochen. Also hatte ein Naturmagier zuerst reagiert. Damit war es auch keine gute Idee mehr in den Wald fliehen zu wollen. Verdammt, was sollte sie nun tun? Schnell beschloss sie, dass es wohl das Beste wäre, sich erst zu verteidigen, so gut es ging und dann einen Weg entlang zu fliehen. Im Aufstehen warf sie einen Feuerball in Richtung Klostereingang. Ihren Fluchtweg versperrte jener seltsame Eismagier, doch der schien nur interessiert das Geschehen zu beobachten. Da er sie nicht angriff, wandte sich Emelia wieder den Verfolgern zu. Ein heftiger Windstoß holte sie erneut von den Beinen. Also war die zweite Wache ein Himmelsmagier. Ein schnell geworfener Feuerball ließ den Himmelsmagier Deckung suchen. Mit einer Feuerwand hoffte Emelia die Tür versperren zu können. Doch sie spürte, wie Jargon von innen begann, ihre Flammen zu bannen. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Ein Rascheln aus dem Wald neben ihr störte ihre Konzentration. Ein Blick dorthin verriet ihr, was der Naturmagier in der Zeit getan hatte. Ein junger Baum bewegte sich auf sie zu. Sie verlor die Feuerwand gegen Jargon. Mit einer Handbewegung setzte sie den Baum in Brand. Auf diese Weise verlor sie zu schnell zu viel Energie. Ihr Blick fiel auf einen Karren am Rande des Platzes. Mit einem kleinen Feuerball setzte sie ihn in Brand. So hätte sie einen Munitionsvorrat und musste nicht jede Flamme erschaffen. Als sie wieder zu ihren Verfolgern sah, die inzwischen das Kloster verlassen hatten, sah sie einen großen Wasserball auf sich zufliegen. Schnell erschuf sie einen Feuerschild. Im Hintergrund gefror gerade der Himmelmagier, der seine Deckung verlassen hatte, zu einer Eisstatue. Der Wasserball füllte bald ihr Gesichtfeld aus, doch bevor der Wasserball sie erreichte, gefror er plötzlich. Ihr stockte der Atem. Der große Eisball war zuviel für den Feuerschild. Ein Teil des Eises platzte beim Aufprall ab und stob in einer Eiswolke davon, der Kern des Balles traf die Pyromantin am Kopf. Sie taumelte und spürte, wie ihr etwas Blut die Schläfe herunter lief.
Kurz darauf flog ein Feuerball auf sie zu, den sie in Richtung des jungen Baumes umlenken konnte. Der Naturmagier heulte auf.
Es begann unvermittelt heftig zu regnen. Schnell warf sie noch ein paar Flammen vom Karren auf ihre Gegner, ehe ihre Munition versiegen würde. Doch es regnete nicht mehr, nun schneite es. Doch nur hier. Außerhalb des Klosterplatzes regnete es noch. Magie war schon etwas verwirrendes, vor allem, wenn sie so durcheinander gewirkt wurde.
Der Wassermagier war zu sehr konzentriert, den Regen zu verstärken, dass er den Feuerball, den Emelia auf ihn warf, nicht bemerkte. Getroffen flog er zwei Meter zurück und landete auf dem Rücken, wo er reglos liegen blieb. Wenn er bewusstlos war, würden die Flammen ihr Werk vollenden. Der Regen und damit auch der Schnee hörten schlagartig auf. Ein heftiger Schlag ins Kreuz riefen der Pyromantin den Baum schmerzhaft ins Gedächtnis zurück. Doch hätte der Baum sie nicht zu Boden geschlagen, hätte sie der Feuerball von Jargon getroffen, der nun den eh schon verkohlten Baum traf. Dieser fing so erneut Feuer. Am Waldrand links neben ihr nahm Emelia einen Schatten wahr. War sie schon so erschöpft? Schwer atmend sprang sie taumelnd wieder auf. Ein lautes Pfeifen, das ein laues Lüftchen begleitete, kündete davon, dass der Himmelsmagier wieder aufgetaut war. Die Pyromantin wollte den geschwächten Windfächerer mit einem Feuerball außer Gefecht setzen, doch alles was sie zustande brachte war ein lautes „PFFFT“ mit einem kleinen Rauchwölkchen. Ein weiterer Feuerball von Jargon, der selbst mittlerweile rauchte, schoss heran. Also war auch er schon erschöpft. Um ihre Kräfte zu schonen, wich sie dem Angriff lieber aus, als ihn umzulenken. Da sich von hinten der brennende Baum wieder näherte, wurde dieser dadurch voll getroffen. Wütende Flüche drangen nun vom Naturmagier herüber, der sich nun wohl frisches Material suchen musste. In diesem Zorn erstarrte er unvermittelt und begann eine Frostschicht anzusetzen. Das war ihre Chance. Sie sammelte schnell ihre Kraft und warf sie in einen Feuerball. Mit jubelndem Herzen sah sie, dass er gelang und den bewegungsunfähigen Naturmagier traf. Klirrend stürzte dieser nach hinten um.
Mit einem lauten Krachen öffnete sich die Tür des Vorratslagers. Unbemerkt hatte sich ein weiterer Magier der Schlacht hinzugesellt. Doch er war es nicht, der diese Tür öffnete. Unheimlich still stand der Stier in der Tür. Panisch sah sie sich um. Nun blieb nur die Flucht. Gegen den Stier hatte sie keine Chance. In der Tür zum Kloster stand hämisch lachend eine düstere Gestalt, dessen Handbewegungen der Stier zu gehorchen schien. Aus Jargons Richtung hörte sie ein lautes „PFFFT“. Ein Glück. Danach war ein Klirren zu hören. Hatte der seltsame Eismagier etwa den Rauch gefroren? Huftrampeln erinnerte sie an ihre eigentlichen Probleme. Eigentlich war dies nun nur eins. Und dieses war ziemlich groß und schwer und bewegte sich sehr schnell auf sie zu. Ein Schatten huschte hinter dem Stier her. War er schneller als sein Schatten? Ihr Herz pochte laut. Innerhalb weniger Herzschläge war der Stier da. Sie sprang zur Seite. Getroffen wurde sie heftig zu Boden geschleudert. Der Stier rannte noch geradeaus weiter. Von einem seiner Hörner tropfte etwas Blut. Ihr linker Arm schmerzte. Tränen schossen ihr in die Augen. Blut sickerte langsam durch ihren linken Ärmel. Verzweifelt rappelte sie sich wieder auf. Entweder schaffte sie es jetzt zu fliehen, oder sie würde hier sterben. Sie lief los. Ein Knirschen unter ihren Füßen vergrößerte ihre Verzweifelung. Plötzlich befand sie sich auf einer Eisfläche, fiel und rutschte einige Meter weit. Doch das war nur ihr Glück, da der Stier ebenso unkontrolliert an ihr vorbei rutschte.
Ein zorniger Jargon mühte sich, die Eisfläche wieder aufzutauen. Kaum war die Eisfläche getaut, stand sie auf dem nun matschigen Boden wieder auf. „Auf wessen Seite steht Ihr eigentlich?“, rief der erzürnte Himmelsmagier dem Eismagier zu, während er vom Boden aufstand. Dafür erhielt er einen kleinen Eisball in den Magen und sank hustend in die Knie.
Das ist meine letzte Chance. Nichts wie weg hier. Eine warnende Stimme aus dem Wald rief: „Vorsicht, Emelia! Hinter Dir!“ Sie drehte sich um und sah einen Schatten vor sich. Das Aufblitzen eines Dolches ließ sie reagieren. Erschöpft versuchte sie die Hand mit dem Dolch aufzuhalten. Mit beiden Händen griff sie nach dem, was sie als Handgelenk vermutete. Kurz vor ihrer Schulter stoppte der Dolch. Im Ringkampf gegen diesen ausgeruhten Schatten würde sie zweifellos schon bald unterliegen. In ihrer Verzweifelung versuchte sie ihren Flammenschild zu aktivieren. Sie sammelte ihre Kräfte und „PFFFT“ stieß eine kleine Rauchwolke aus. Die Klinge kratzte bereits an ihrer Schulter. Mit einem „WUSCH“ sprang ihr Feuerschild an. Sie spürte, wie der Druck nachließ. Auch ein Schatten konnte also Hitze spüren.
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„Vorsicht, Emelia! Hinter Dir!“, rief Seno hektisch, sich durchs Unterholz schlagend.
Er hatte Emelia entdeckt. Aber sie kam nicht zum Kloster, wie er es erwartet hatte. Stattdessen war sie schon vor ihm da. Seltsamerweise kam sie direkt aus dem Kloster. Keine Ahnung wie sie es geschafft hatte, vielleicht ein Trick einer Feuermagierin. Dennoch war sie offensichtlich entdeckt worden, denn gleich eine ganze Meute war um sie rum und trachteten ihr nach dem Leben.
Mehr als eine Warnung konnte er nicht rufen. Er hatte einfach eine zu schlechte Sicht um in den Kampf einzugreifen. Während er hetzend näher kam um einen guten Aussichtsplatz zu ergattern, streckte er seine Gedanken schon aus Tote zu finden. Zuerst dachte er ja an den Stier, der da wild geworden immer wieder auf Emelia losging, doch es war kein Leichnam. Keine Ahnung, wie jemand den Stier so dressieren konnte, dass er die Zielperson angriff.
Verzweifelt suchte er nach Helfern. Er hatte längst eine gute Position unweit von Emelia eingenommen, als er endlich totes Fleisch spürte. Gleich eine ganze Menge lag da rum. Menschen, ganz eindeutig Menschen. Gleichzeitig spürte er auch totes Tier. Offenbar in einem kleinen Schuppen aufgebahrt. Er erinnerte sich, dass war die Vorratskammer. Doch es waren nur kleine Tiere, mit etwas Unwillen wählte er doch die Menschen, während er seinen Bogen spannte.
Sein Pfeil flog los, ehe seine Helfer aus dem Wald traten. Das todbringende Holz galt dem Angreifer welcher direkt an Emelia stand. Es war gewagt, konnte er doch die Magierin treffen, doch sah er keine andere Wahl, wollten sie überhaupt eine Chance haben. Der Pfeil flog, wie gewohnt, zielsicher seinen leichten Bogen. Gespannt starrte Seno ihm hinterher. Würde er Emelia oder ihren Gegner treffen? Er müsste natürlich den Richtigen treffen. Aber in so einem Kampfgewirr war es nicht ausgeschlossen, dass sich die Kämpfenden abrupt wendeten und man so seinen Freund traf. Darum nannte man so einen Pfeil auch Wahnschuss. Nur ein Wahnsinniger oder wie in Seno’s Fall, ein Verzweifelter riskierte so einen Schuss in Richtung zwei sich im Nahkampf befindenden Personen.
Der Pfeil war keinen Schritt von den beiden Kämpfenden entfernt, konnte nur den Richtigen treffen, da flog er direkt runter in den Boden, ohne an ein Hindernis geprallt zu sein. Seno war stocksauer, wie hasste er doch den Kampf gegen Magier. Schutzschilder, Brandgeschosse und jetzt auch noch abknickende Pfeile. Konnten die nicht mal auf natürliche Weise kämpfen?
Sechs Tote betraten nun den Kampfplatz. Als unbewaffnete, ehemalige Mönche, ließ Seno sie direkt auf die Gruppe hinter Emelia losgehen. Während er seine Helfer schon in einem Feuerhagel sah, wendete Seno seine Aufmerksamkeit dem Stier zu, welcher sich aufgerappelt hatte und nun wieder auf Emelia losgehen wollte.
Pfeil um Pfeil jagte er dem Koloss aus Fleisch entgegen. Zuerst nur auf die weichen Knie um seine Laufbahn zu unterbrechen. Er traf auch bald, aber den Stier interessierte dies nicht, er nahm Geschwindigkeit auf, Emelia nieder zu trampeln.
Zeitgleich waren die Toten an den Kämpfenden vorbei. Dies verwirrte wohl kurz Emelias Gegner, denn sie konnte ihn gerade wegstoßen. Freie Bahn. Seno sendete sofort einen Pfeil erneut in seine Richtung. Diesmal traf er auch, mitten ins Herz.
Da flogen auf einmal Feuerbälle auf ihn zu. Seno duckte sich hastig. Er war zu unvorsichtig gewesen, ein Nekromant ging nie direkt in den Kampf. Zum Glück konnte er den zwei Bällen ausweichen.
Er sah noch mal zu Emelia, die gerade dabei war den Stier anzuzünden. Das Tier war wahnsinnig, es griff trotzdem weiter an. Wie konnte dies sein? Kein Tier vollendete brennend einen Angriff. Wie mächtig muss die Kontrolle des Magiers sein.
Oder? Seno zögerte. Was, wenn der Stier doch nicht lebte? Schnell ertastete er den Stier. Ja, das Herz schlug nicht mehr. Es war ein Wiederbelebter, wie konnte er dies beim ersten Versuch übersehen? Seno sah zu seinen Wiederbelebten, die kurz vor der Gruppe waren. Die Magier konzentrierten sich auf die Sechs. Seno hielt sie nur noch schwach unter Kontrolle und griff grinsend nach dem Stier.
Dann, mit aller Macht ließ er die Mönche frei und legte seine ganze Macht in den Stier. Der abgelenkte Nekromant der Gegner wurde überrascht und gab die Kontrolle unfreiwillig her. Sofort drehte Seno den Stier um und jagte ihn auf die Gegner.
Emelia musste schnell reagiert haben, denn nun jagten schon ihre Feuerbälle zu der Angreifergruppe, beschäftigte sie, indem sie sie dadurch zwang eine Verteidigung gegen die Bälle auf zu bauen, während sie sich wohl noch immer halb um die nun wieder toten Mönche kümmerten. Die Verwirrung war perfekt, weil ein Mönch immer noch stand. Eingefroren. Noch ehe die Gruppe Ihre Verwirrung ablegen konnte jagte der Stier in sie rein.
Und doch, trotz ihrer Verwirrtheit sprang ein jeder rechtzeitig dem Tier aus dem Weg. Nur ein junger Mann, der sich gerade erheben wollte, hatte den angreifenden Stier nicht bemerkt. Er wurde überrannt.
Noch drei Gegner waren da. Der Eine fror, kaum dass er sich wieder erhoben hatte den ganzen Stier ein, während er zeitgleich eine Eiswand zwischen sich und Emelia aufbaute. Für ihn musste noch eine Lösung gefunden werden, zu mächtig für Emelia und ihn. Ein anderer Gegner, offensichtlich der Nekromant der Gruppe sprang bei seinem Versuch den Stier zu entkommen direkt in Emelias Feuerball nun kämpfte er verzweifelt gegen seine berennende Kleidung an. Er sollte erst einmal keine Probleme darstellen.
Anders mit der dritten Person, einem noch recht jungen Mann, der wütend mit Feuerbällen nach Emelia warf. Seno schien er nicht zu beachten, flogen seine Bälle ausschließlich der Magierin entgegen.
Was war zu tun? Der Stier war eingeeist. Also richtete Seno seine Gedanken wieder zu den Mönchen hin, die noch immer zwischen den beiden Parteien am Boden lagen.
Die Mönche erhoben sich nicht, nur ein zucken ihrer Gliedmaßen war zu bemerken. Seno hatte sich überanstrengt. Er versuchte sich nur auf einen zu konzentrieren, aber selbst dies klappte nicht mehr richtig. Seno war am Ende seiner geistigen Kraft. Um nicht ganz unbeteiligt zu sein, nahm er sich wieder seinen Bogen vor, wohl wissend, dass dieser in diesem magischen Kampf nicht viel ausrichten konnte.
Auf der Gegnerseite schimpfte der Feuermagier den Eismagier aus, der gerade damit beschäftigt war, gesichert hinter seiner Eiswand, den eingefrorenen Stier zu bewundern. Der Nekromant hatte seine Flammen gelöscht und robbte hinter die Eiswand, Seno spürte wie dieser Mann bereits dabei war seine Gedanken auf die Mönche zu richten. Bald würden sie sechs neue Gegner haben.
Es war zum Verzweifeln. Momentan waren es nur noch zwei Gegner oder drei, bei dem Eismagier wusste man es nicht so genau, aber sie sollten dennoch verlieren. Wenn der Nekromant hinter der Eiswand erst einmal die Mönche kontrollierte, dann waren sie verloren. In seiner Verzweiflung schoss Seno ungezielte Pfeile ab, hektisch und schnell deckte er seine Gegner in einen wahren Hagel von Pfeilen ein. Doch die Eiswand und das Schutzschild des Feuermagiers hielten die Pfeile problemlos aus. Ein Blick zur Seite genügte um zu Wissen, dass auch Emelia am Ende ihrer Kräfte war.
So sollte es wohl sein. Hier war ihr Ende. Noch drei Pfeile und die Mönche erhoben sich schon. Das konnte nicht gut ausgehen.
Wütend, dass er wohl letztendlich durch einen Nekromanten sterben sollte, schoss Seno seinen drittletzten Pfeil direkt auf den gegnerischen Nekromanten ab, während die Mönche bereits standen. Natürlich war da die Eiswand, hinter der sein Gegner stand, somit war es eine Verschwendung von einem Pfeil, aber jetzt war eh alles verloren.
Es sollte aber anders kommen. Emelia schien auch nach einer verzweifelten Lösung gesucht zu haben. Statt ihrem Gegenüber den Feuermagier der Gegner weiterhin mit Feuerbällen in Schach zu halten, traf einer ihrer Bälle Senos Pfeil, kurz bevor dieser die Eiswand traf.
Die Kombination war faszinierend. Der brennende Pfeil traf die Wand, bohrte sich rein und hinterließ einen sichtbaren Krater. Sofort legte Seno seinen vorletzten und danach seinen letzten Pfeil an, schickte sie ab Wieder steckte Emelia den zweiten Pfeil in Brand, wieder sprengte der brennende Pfeil ein Stück aus der Wand. Deutlich konnte man das kleine Loch in derselben erkennen. Leichte Hoffnungsschimmer kamen auf.
Auch ein dritter Ball kam von Emelia...
Waren es ihre ausgezehrten Kräfte, oder die schnelle Abfolge der Pfeile? Ihr Ball traf den letzten Pfeil nicht.
Der Nekromant, der dies natürlich beobachtet hatte lachte auf, während Seno den Pfeil weiterhin verfolgte.
Blattschuss, der Pfeil traf genau das kleine Loch. Seine Überheblichkeit strafte den fremden Nekromanten indem der Pfeil tief in seine Schulter eindrang.
Sofort brachen die Mönche zusammen. Der Nekromant fluchte und schimpfte, dann drehte er sich um und stolperte zum Kloster zurück.
Der Eismagier schaute sich verwundert um, bemerkte das Loch in seiner Eiswand und besah es sich genau. Dem jungen Feuermagier wurde es wohl auch zuviel er schnauzte den Eismagier noch einmal kurz an, ehe er hinter dem Nekromanten herlief.
Nun da endlich etwas Zeit war, sah sich Seno um, an der hinteren Ecke des Klosters waren Personen die gerade herbei gelaufen kamen.
Emelia und Seno sahen sich nur kurz an, ehe sie sich blitzartig umdrehen und in den Wald rannten.
20
Schwach grinsend stieß sie den Angreifer von sich fort. Also mochten Schatten die Hitze nicht und waren vielleicht auch brennbar. Mit einem „PFFFT“ stiegen kleine Rauchwölkchen von ihren Händen auf. Nun zeigte der Schatten siegesgewiss ein breites Grinsen. Er holte erneut mit seinem Dolch aus und erstarrte in der Bewegung. Doch er war nicht gefroren. Emelia sah verwirrt einen Pfeil in der Brust des Schattens stecken. Dann brach dieser zusammen. Ein Pfeil? Wer schoss hier mit Pfeilen? War es möglich, dass Seno hier wäre? Nein, schalt sie sich. Sie hatte ihn ja davon gejagt. Wie sollte er auch hier her gekommen sein? Suchend sah sie sich um.
Die Mönche? Was machten die Mönche hier? Sei waren doch tot. Wiederbelebt? Verdammte Nekromanten. Warum griffen die Mönche sie nicht an? Etwas anderes zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Unwillkürlich hielt sie den Atem an. Der Stier kam wieder auf sie zu. Sie war wie erstarrt und sammelte verzweifelt ihre Kräfte. Pfeile, die auf den Stier zuflogen und auch trafen, hielten ihn nicht auf. Woher kamen diese Pfeile? Nachdem sie genügend Energie gesammelt hatte, wagte sie einen weiteren Feuerball. Der Stier ging in Flammen auf. Das hielt ihn zwar nicht auf, doch die Pyromantin hoffte, dass dies den Stier auf Dauer doch schwächen, vielleicht sogar vernichten würde. Sie bereitete sich nun darauf vor, dem Stier auszuweichen. Ihr Atem ging schneller.
Urplötzlich änderte der rasende Stier seine Richtung. Erleichtert sah Emelia, dass der Stier nun auf ihre Gegner zulief. Eine Chance witternd schickte sie schnell ein paar Feuerbälle hinterher. Sie hatte unerwartet Unterstützung bekommen. Vielleicht konnte sie nun doch noch lebend entkommen. Rasch sah sie sich um und entdeckte Seno am Waldrand. Erleichtert lächelte sie und atmete auf. Er schien doch auf ihrer Seite zu kämpfen.
Die Ablenkung durch den Stier nutzte die Pyromantin für eine dringend benötigte Pause. Sie war zu erschöpft. Glücklicherweise waren ihre Angreifer durch den Stier hinreichend beschäftigt. Bis auf den Himmelsmagier waren alle ausgewichen. Der hatte wohl eine unangenehme Begegnung mit dem Stier gehabt. Der Eismagier hatte eine Schutzwand aus Eis erschaffen und den Stier eingefroren. Zufrieden lächelnd nahm sie zur Kenntnis, dass der Nekromant sich am Boden wälzte, um seine brennende Kleidung zu löschen. Ein wütender Jargon rappelte sich gerade wieder auf und warf schon einen Feuerball auf sie. Mit möglichst wenig Kraftaufwand lenkte sie den Ball ab, da warf Jargon schon die nächsten. Woher nahm er jetzt noch die Kraft für so viele Feuerbälle? Der wieder entzündete Karren beantwortete ihre Frage. Von dort könnte sich Emelia auch bedienen. Doch zuerst musste sie die Feuerbälle abwehren, die auf sie zu flogen. Die am Boden liegenden toten Mönche begannen zu zucken. Gegen die sechs wiederbelebten Mönche hätte sie auch zu zweit keine Chance. Welcher Nekromant bemühte sich gerade um sie? Sie konnte nur hoffen, dass es Seno war. Doch dann sah sie, dass sich der gegnerische Nekromant, nun nicht mehr brennend, hinter die Eiswand gerettet hatte. Ein Pfeilhagel verriet ihr, dass Seno wohl gerade keine Magie wirkte. Es sah nicht gut für sie aus. Die Pfeile richteten keinen Schaden an. Hatte Seno seine Energien auch schon aufgebraucht und dies war nur eine Verzweifelungstat? Oder bezweckte er damit irgendetwas?
Dann sah sie einen einzelnen Pfeil auf den Nekromanten zufliegen. Wie wollte er die Eiswand durchbrechen? Das Lachen des Nekromanten bestätigte ihren Zweifel. Doch vielleicht... Mit einer Handbewegung nahm sie Flammen vom Karren und entzündete den Pfeil. Das könnte funktionieren. Der Pfeil schlug tief in die Wand ein. Ein weiterer Pfeil folgte schnell dem ersten. Auch diesen entzündete Emelia. Dieser Pfeil drang so tief in die Wand ein, dass der nächste sie durchschlagen könnte. Das könnte ihre Chance für eine Flucht sein. Doch sie würden weitere Ablenkung brauchen, damit sie nicht zu schnell verfolgt würden. So sandte sie einen Feuerball vom Karren durch die zerbrochene Tür in das Vorratshaus.
An der hinteren Ecke des Klosters trafen gerade weitere Gestalten ein. Emelia warf einen Blick zu Seno, jetzt war es an der Zeit zu fliehen. Die Verfolger würden hoffentlich durch das bald brennende Vorratshaus aufgehalten werden. Schnell laufend folgte sie Seno in den Wald.
Zunächst rannten sie planlos geradeaus. Als sie merkten, dass ihnen keiner unmittelbar gefolgt war, hielten sie kurz an. Seno nahm einen Zweig vom Boden auf und verwischte die letzten Meter der Spur. „Danke.“, sagte Emelia unvermittelt in die Stille hinein. „Wofür? Die Flucht ist noch nicht vorbei…“, antwortete Seno: „Danke mir nicht zu früh.“ Ewig würde ihre Verfolger der Brand nicht aufhalten. Sie mussten sich verstecken, um auszuruhen. „Ich habe ein paar Ruinen da hinten im Wald entdeckt.“, schlug die Pyromantin ein Versteck vor. „Die kenne ich, da können wir uns nicht nur verstecken, sondern im Notfall auch gut verschanzen.“, antwortete der Jäger. Nein, korrigierte sie sich, der Nekromant. Doch er verhielt sich überhaupt nicht feindselig, wunderte sie sich. Schweigend gingen sie zu den Ruinen. Dabei verwischte Seno ihre Spuren. So dauerte der Weg zwar länger, aber ihre Verfolger konnten sie auch nicht so leicht aufspüren. Emelia brauchte dringend eine Ruhepause. Ihr Arm begann zu schmerzen. Nun bemerkte sie auch, dass ihr etwas Blut in den Kragen tropfte und sie erinnerte sich an den Eisball. Im Gehen versiegelte sie ihre Kopfwunde. Seno sah sie an: „Tolle Idee, jetzt Magie zu wirken. Nun müssen wir einen Umweg nehmen. Ich verwische hier die Spuren und Du legst welche.“ Darüber hatte die Pyromantin nicht nachgedacht. Doch sie musste ihre Wunden versiegeln, sonst würde sie noch weiter geschwächt werden. Jetzt, da die Aufregung des Kampfes nachließ, kamen die Schmerzen erst richtig durch. Sie sagte nichts, sondern hielt sich nur den linken Arm. „Vielleicht könnten wir mit der Magie eine falsche Fährte legen.“, lenkte der Jäger ein. „Einverstanden.“, presste Emelia nickend unter Schmerzen hervor. Der Arm schmerzte nun doch stärker als sie vorher angenommen hatte. Sah Seno etwa besorgt aus? Sollte sie sich auch Sorgen machen? Bewegen konnte sie den Arm nicht, ohne Schmerzen zu haben. Blut quoll zwischen den Fingern ihrer rechten Hand hervor, die sie auf die Wunde presste. „Dann gehen wir jetzt erst in eine andere Richtung.“, schlug die Pyromantin vor und ging voraus. Ihr war nun auch leicht schwindelig, sie ließ sich aber nichts anmerken. Nach einiger Zeit blieb sie stehen. Die Augen schließend atmete sie tief durch. Der Schwindel wurde etwas besser. Sie zückte einen Dolch und wollte damit den linken Ärmel aufschneiden. Entschlossen nahm Seno ihr den Dolch aus der Hand: „Lass mich das machen.“ Sie lehnte sich an einen Baumstamm und überließ Seno den Dolch. Ein kurzer Schnitt und die Wunde war freigelegt. So ein Stier war nicht zu unterschätzen. Das Horn hatte eine tiefe Fleischwunde hinterlassen. „Schaffst Du das?“, fragte Seno vorsichtig. „Ich kann nicht heilen, ich kann es höchstens versiegeln. Damit blutet die Wunde nicht mehr.“, antwortete sie und begann vorsichtig die Wunde von der Tiefe nach oben hin zu versiegeln. Die Blutung war gestillt, doch die Wunde klaffte noch offen. Seno riss kurzerhand ihre eh schon zerschnittenen Ärmel ab und verband die Wunde damit. „Besser?“, fragte er. „Etwas.“, war ihre Antwort: „Wir müssen weiter.“
Einige Zeit später erreichten sie die Ruinen nahe des Klosters. Erschöpft ließen sie sich dort nieder. Eine Weile saß Emelia einfach nur da. Der Arm schmerzte noch immer, ihr war etwas schwindelig und sie fühlte sich ausgelaugt. „Was machst Du eigentlich hier?“, fragte sie Seno. „Ich schnitze mir neue Pfeile.“, antwortete der. Verwirrt blickte Emelia zu Seno hinüber. Tatsächlich saß er da und schnitzte Pfeile. „Du hast etwas geschlafen.“, erklärte er. „Du weißt, was ich meine.“, beharrte sie auf ihrer Frage. „Ich wollte nur helfen, ich meine, ich..“ „Woher wusstest Du, dass Du mich hier finden kannst?“, fragte sie weiter. „Ich habe in Ametar noch ein paar Nachforschungen angestellt und dabei Hinweise auf das Ziel des Mörders erhalten.“, erklärte der Nekromant. „Nachforschungen?“, fragte Emelia skeptisch nach: „Du solltest mir jetzt langsam mal die Wahrheit sagen.“, forderte die Pyromantin. „Von wem anders als dem Mörder oder dessen Auftraggeber könntest Du das schon erfahren haben.“ Misstrauisch sah sie Seno an. Einerseits verheimlichte er ständig wichtige Informationen und hinterging sie. Andererseits rettete er ihr Leben. Was wollte er? Was war sein Ziel? Was wusste er noch alles? Sie wollte nun endlich Antworten hören. „Vom ansässigen Nekromanten in Ametar.“, fing Seno an: „Der Mörder hat bei ihm übernachtet und ihm sein Ziel genannt.“ Das hörte sich einleuchtend an, doch steigerte es nicht gerade ihr Vertrauen in Nekromanten. „Und ihr Nekromanten haltet zusammen, ja, ja.“, unterbrach ihn Emelia. „Genau wie die Pyromanten“, fuhr Seno fort: „Aber ich will nichts mehr mit den Nekromanten zu tun haben. Darum habe ich auch meine Magie nie richtig ausgebildet. Ich liebe es zwar, Tote zu erwecken, doch will ich niemanden damit ängstigen.“ Konnte das sein? In sich war seine Geschichte stimmig. Doch eine Frage brannte ihr noch auf der Zunge. „Warum wolltest Du mir eigentlich noch immer helfen? Ich habe Dich doch ähm ziemlich deutlich davon gejagt.“, fragte die Pyromantin neugierig. Nun wurde auch Seno verlegen. „Tja, ich..“, fing er an: „..ich fühlte mich irgendwie mit schuldig.“ Fragend sah sie den Jäger an: „Mit schuldig? Woran? Du?“ „Na ja,“, druckste er herum: „Ich habe gewusst, dass das Dokument gestohlen werden sollte. Ich hatte den Auftrag, es nach dem Raub meinem Onkel zu bringen.“ Er sah irgendwie erleichtert aus. Ungläubig schaute die Pyromantin den Nekromanten an: „Du hast davon gewusst? Und Du hast mir nichts gesagt?! Du hast mich nicht gewarnt? Und Marus?!“ „Nein, nein“,, verteidigte er sich schnell: „von dem Mord wusste ich nichts. Es sollte nur ein Dokument gestohlen werden, es sollte niemand dabei sterben. Der Dieb hat sich nicht an die Anweisungen gehalten und ist zum Mörder geworden.“ Schweigend sah ihn Emelia an. „Darum fühlte ich mich schuldig.“, fuhr Seno fort: „Ich wollte niemandem schaden…“
Eine Zeitlang schwieg Emelia. Das, was sie da gehört hatte, musste sie erst einmal verdauen. Es schien die Wahrheit zu sein. Solch eine Geschichte dachte sich niemand aus. Doch was war das für ein Dokument? Warum sollte es gestohlen werden? Was wollte Senos Onkel damit? Wusste Seno noch mehr darüber? Also hakte sie nochmals nach: „Was weißt Du noch über dieses Dokument? Und was wollte Dein Onkel damit?“ Sie fühlte sich seltsam dabei, Seno zu verhören. Er schien es nur gut zu meinen. Doch sie wollte endlich Bescheid wissen. „Mein Onkel meinte, er wollte das Dokument sicherstellen. Warum weiß ich leider nicht.“, beantwortete er ihre Fragen so gut er konnte: „Ich interessiere mich nicht für diese Sache, ich habe mir nur etwas Geld mit einem Botengang verdienen wollen.“ „Dann arbeitet Dein Onkel also nicht mit dem Mörder zusammen?“, folgerte Emelia. „Ja.“, gab Seno zu: „Er hat das Dokument von Marus haben wollen, es aber nicht diesen Magiern hier im Kloster überlassen wollen. Er befürchtete, dass das Dokument Schlimmes auslösen könnte.“ Eines wurde Emelia nun klar. Sie mussten das Dokument aus dem Kloster zurückholen. Es schien eine wichtige Rolle zu spielen. Alleine konnte sie sich nicht in das Kloster zurück wagen. Das war ihr klar. Auch mit Seno zusammen war es sehr riskant, aber dann hätten sie wenigstens eine Chance. Ein Schwindelanfall zwang sie kurz die Augen zu schließen und ein paar Mal tief durchzuatmen. Der Eisball hatte wohl mehr als nur einen Kratzer hinterlassen. Sie brauchte jetzt einen klaren Kopf. Sie richtete sich gerade auf und stieß dabei an ein Stück Ruinenmauer. Vor Schmerz verzog sie das Gesicht. „Ich habe Dich gerettet, Du könntest mir ruhig mal etwas glauben.“, beschwerte sich Seno. Daraufhin musste sie grinsen, was durch die Schmerzen nicht ganz gelang. „Du hast Recht.“, sagte sie: „Wir müssen hierbei zusammen arbeiten.“, seine Schuldgefühle ausnutzend fügte sie hinzu: „Doch Du musst mir versprechen, dass Du mich nicht hintergehst und wir das Dokument gemeinsam ausliefern werden. An wen können wir entscheiden, wenn wir es haben.“ Dem stimmte Seno zu.
21
So fühlte es sich also als Wild an. Einfach herrlich.
Seno versuchte Emelia in Sicherheit zu bringen, was gar nicht so einfach war, machte sie doch einige Fehler. Doch er war ihr nicht sauer. Im Gegenteil. Nicht nur das sie ihm folgte und nicht mit einem Feuerball zu grillen versuchte. Er war diesmal sogar das Wild in einer wilden Verfolgungsjagd. Aufgeregt versuchte der Jäger in ihm die Jäger hinter ihnen zu erahnen, sein Wissen gegen ihres zu setzen. So mochte sich Wild anfühlen, wenn er es folgte. Dem Jäger im Nacken, die eigenen Erfahrungen nutzen diesem zu entkommen. Seno fühlte sich gut. Es war aufregend und spannend. Und doch, er konnte nur hoffen, daß kein erfahrener Spurenleser bei den Verfolgern war. Denn so gut er auch ihre Fährte verwischte, perfekt klappte es in der gegebenen Eile nicht. Zwischendurch wirkte Emelia leider auch einmal Magie, was seine Bemühungen immer wieder zu Nichte machte.
Sie wechselten öfters die Richtung, ihre Gegner zu verwirren. Als Seno sich endlich sicher sein konnte, daß sie ihre Verfolger abgeschüttelt hatten, steuerte er die Ruine an welche Emelia als Fluchtpunkt vorgeschlagen hatte.
Während er sich neue Pfeile schnitze war Überzeugungsarbeit zu leisten. Die junge Feuermagierin war noch voller Mißtrauen. Nur mühsam schaffte es der Nekromant sie von seinen guten Absichten zu überzeugen. Selbst als sie überzeugt schien, war sich Seno nicht ganz sicher, ob nicht doch ein funken Mißtrauen bei seiner Partnerin übrig geblieben war. Fürs erste sollte Ihr neugewonnenes Vertrauen ausreichen. Seine zukünftigen Taten würden die letzten Zweifel, sollten sie denn da sein, tilgen.
„Wie aber sollen wir das Dokument uns holen?“, überlegte Seno laut. „Wir müssen uns reinschleichen und es finden.“ „Das wird sehr schwer.“ „Na, ohne rein zu gehen, werden wir es nicht bekommen. Sie werden es uns wohl kaum freiwillig rausbringen.“, tadelte Seno Emelia, sich aber sofort danach selbst innerlich schallend. „Ich sagte schwer, nicht unmöglich.“, schmunzelte Emelia und erklärte: „Ich habe einige Beobachtungen gemacht und war sogar in einem Teil drin. Ich denke ich könnte uns erneut rein bringen.“ „Sicher? Hmm, zeig doch einmal, was du gesehen hast.“, fragte Seno und malte mit einem halb fertigen Pfeil eine grobe Skizze von dem Kloster und dessen Nebengebäuden, soweit er sie kannte. „So in etwa sah es bei meinem letzten Besuch der Mönche aus. Stimmt dies soweit du es gesehen hast?“ Emelia hatte nun wahrlich noch längst nicht alles vom Komplex gesehen, aber die Gänge, welche sie betreten hatten, waren auf dem Plan richtig eingezeichnet. „Ja, sieht in Ordnung aus. Ich habe dort eine Wache gesehen, und dort...“ Alles was Emelia ausspioniert hatte und alles, was Seno von seinen früheren Reisen noch wußte trugen sie zusammen um ein recht komplexes Bild ihrer Situation zu bekommen.
Anschließend arbeiteten sie gemeinsam Emelias Idee weiter aus, so daß sie alsbald einen konkreten Plan hatten.
„Ok, wann sollten wir beginnen?“, fragte Emelia den Nekromanten. „Jetzt, es ist bereits dunkel geworden. Wenn du dich fit genug fühlst?“ Sie betrachtet ihre Wunde. „Es wird gehen.“ „Dann laß uns. Folg mir.“ Seno führte sie außerhalb des Sichtkreises des Klosters um dasselbe, bis sie an der Stelle abgekommen waren, wo sie ihr Glück versuchen wollten. Langsam schlichen sie näher, bis die Steinwände sich langsam durch die Stämme schälten. In einer kleinen Buschgruppe kauerten sie sich nieder, um die Gegend zu beobachten.
Schnell sahen sie die Wachen, die trotz des Kampfes vor Stunden gelangweilt ihren Job verrichteten. „Sieh mal, wie desinteressiert sie rumstehen. Keine guten Leute. Bei dem was heute geschehen ist...“ „Die denken wohl wir sind längst über alle Berge.“ „Wollen wir hoffen. Jetzt heißt es warten.“
Und dies taten sie nun auch. Abwechselnd sitzen und Beobachten warteten sie den richtigen Zeitpunkt ab um ihren Plan aus zu führen.
„Jetzt.“, flüsterte Emelia aufgeregt und sogleich schlichen sich die beiden Angreifer in den Schuppen. „Dann wollen wir mal.“, während Seno die Leichen der Mönche durchsuchte, zögerte Emelia erst. Tote zu berühren war kaum etwas, was sie gerne tat. Schließlich überwand sie sich aber doch und suchte sich passende Kleidung aus.
„Erster Teil hat geklappt.“, sprach Seno freudig, erhielt von Emelia aber nur ein gequältes Lächeln. Nun hieß es wieder zu beobachten. Erneut wechselten sie sich ab, durch das einzige Fenster zu linsen, wo die Wachen gerade waren.
„Der Weg ist frei.“, erklärte Emelia und ging auch gleich los. Seno folgte ihr. Hastig überwanden sie die Entfernung zum Kloster und traten ein. Innen atmeten sie einmal kräftig durch, um dann wie ganz normale Mitglieder ihrer Feinde zu wirken. Die großen Kapuzen der Mönchsroben sollten ihre Gesichter verbergen, so wie die Robe selber ihre Kleidung verbarg.
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Erleichtert darüber, dass Seno versprochen hatte, sie nicht wieder zu hintergehen, keimte in Emelia wieder so etwas wie Vertrauen auf. Sie hoffte nur, dass ein Versprechen bei diesen Nekromanten genauso viel galt, wie bei den Pyromanten.
Nachdem sie besprochen hatten, wie sie das Dokument zurückholen wollten und ihrer beider Wissen zu einem mehr oder weniger genauen Plan des Klosters zusammengetragen hatten, überlegten sie, wie sie am Besten in das Kloster herein gelangen könnten, ohne sogleich wieder bemerkt zu werden. „Wir müssen uns besser tarnen, damit wir nicht erkannt werden.“, meinte Emelia: „Mein Mantel hat als Tarnung nicht ausgereicht und die Blutflecken machen die Situation nicht besser.“ „Dann sollten wir Mönchskutten überziehen.“, schlug Seno vor. „Und woher sollen wir welche bekommen? Das Vorratshaus habe ich abgefackelt.“, meinte Emelia verdrossen dazu. Doch Seno hatte einen Vorschlag, der ihr nicht wirklich behagte: „Von den toten Mönchen.“ In ihr sträubte sich alles dagegen, doch es kam kaum eine andere Möglichkeit, unerkannt in das Kloster zu gelangen. Widerwillig stimmte sie dem zu.
Für den weiteren Weg schlug Seno vor durch den Hintereingang das Kloster zu betreten, da dieser hoffentlich weniger bewacht würde, als der Vordereingang. Dann wollten sie sich in dem Kloster ein Versteck suchen, von dem aus sie operieren konnten. Emelia schlug dafür den Klosterkeller vor, da dieser hoffentlich von den Magiern im Kloster weniger genutzt würde. Dann würden sie das Dokument suchen müssen. Dieser Schritt ließ sich nicht genauer planen, da sie nicht wussten, wo es aufbewahrt wurde.
Dunkelheit hüllte sie langsam ein. Ihr Plan, wenn man ihre Überlegungen so nennen konnte, stand soweit. Auf ihre Frage, wann sie beginnen wollten, überließ Seno ihr die Entscheidung mit dem Hinweis auf ihre Verletzung. Kurz überlegte sie. Ihr Arm schmerzte noch, doch ihr war nicht mehr so schwindelig und nach dem Schlaf auch etwas ausgeruhter. Die Zähne zusammenbeißend sagte sie: „Es wird gehen.“ Im Schutz der Dunkelheit brachen sie auf.
Den ersten leidlichen Teil ihres Planes brachten sie glücklicherweise schnell hinter sich. Emelia fühlte sich nicht besonders wohl in der Kutte eines toten Mönchs. Doch was blieb ihr anderes übrig? Dem Nekromanten machte das anscheinend nichts aus.
So getarnt schlichen sie sich durch den Hintereingang in das Kloster. So weit verlief alles nach Plan.
„Wo geht es in den Keller?“, fragte Emelia Seno leise. Wortlos ging der voran. Glücklicherweise begegneten sie hier niemandem. Die Wache, die hier zweifellos postiert sein musste, hatte wohl kurzzeitig ihren Posten verlassen. Welch ein Glück. Nach wenigen Schritten kamen sie an eine schwere Tür, vor der Seno stehen blieb. „Hier geht es hinunter.“, sagte er leise. „Na dann fangen wir mal an.“, flüsterte Emelia und öffnete dabei die Tür. Mit einem leisen Quietschen schwang sie auf. Erschocken hielt Emelia inne und lauschte, ob sie jemand gehört hatte. Es waren weder Schritte noch Stimmen zu hören. Irgendetwas vor sich hin brabbelnd stieg Seno die Treppe hinab. Rasch folgte Emelia ihm und schloss dabei die Tür, die wieder ein wenig quietschte. Dadurch standen sie plötzlich im Dunkeln. Emelia hörte nichts, außer ihrem eigenen Atem und ihrem Herzklopfen. In einem Reflex erschuf sie eine kleine Flamme in ihrer rechten Hand. Nun konnte sie wieder etwas sehen.
Ein paar Stufen weiter unten, kurz bevor die Treppe im rechten Winkel nach rechts abknickte, stand Seno und sah sie vorwurfsvoll an. Sie ging schnell die paar Stufen herunter und sah bereits auf dem Weg, dass vom unteren Ende der Treppe schwach Licht herauf schien. Schnell löschte sie die Flamme in ihrer Hand. Da hatte sie wohl etwas vorschnell reagiert. Das Licht vom Ende der Treppe genügte vollkommen, die kurze Treppe zu beleuchten.
Möglichst leise schlich sie hinter Seno die Treppe hinab. Kurz vor dem Ende der Treppe hielt Seno inne und lauschte. Sie hielt den Atem an. Dann bedeutete er ihr, weiter zu gehen. Der Gang, den sie betraten, wurde von einigen Fackeln beleuchtet. Es war niemand zu sehen. Nun hatten sie die Wahl, nach links oder nach rechts zu gehen. Aus einem inneren Impuls heraus ging Emelia nach rechts. Nach wenigen Schritten blieb sie stehen. Zu ihrer rechten war eine Tür und knapp vor ihr führte ein Seitengang nach links weg. Seno stand plötzlich neben ihr. Sie erschrak ein wenig, da sie seine Schritte nicht gehört hatte. „Kein Licht machen.“, flüsterte er ihr zu: „Es ist besser, wenn wir nicht entdeckt werden.“ Emelia sah ihn kurz an und nickte. Ja, das war wohl besser. Es hatte bestimmt einen Grund, warum sich nicht so viele dieser Magier hier unten aufhielten. Zu erklären, wer sie waren und warum sie im Keller waren, wäre bestimmt nicht leicht. Sie horchte kurz an der Tür, bevor sie sie öffnete. Diese Tür quietschte nicht. Sie schwang leise auf. Im Raum war es dunkel. Nur wenig Licht fiel vom Gang aus hinein. Sie huschte hinein. In ihrer unbändigen Neugier entzündete sie ein winziges Flämmchen in ihrer rechten Hand. Es reichte gerade so, den Raum schwach auszuleuchten. Ein Vorratsraum, wie langweilig. „Was tust Du da?“, zischte ihr Seno von der Tür aus leise zu. Ebenso leise antwortete Emelia: „Ich durchsuche den Keller.“ Sie wusste wohl, dass er das Licht meinte, welches sie erzeugt hatte, doch sie konnte im Dunkeln nicht so gut sehen. Wie sonst sollte sie feststellen, was sich im Raum befand? Dann verließ sie den Raum wieder und schloss die Tür.
So schlichen sie weiter durch den Keller, immer auf der Hut, ob nicht doch noch jemand hier unten wäre. Im Gang befanden sich immer wieder kleine, dunkle Nischen, in denen eine Statue oder ein kleiner Alter oder ähnliches stand. Nach links und rechts zweigten Gänge ab und auf beiden Seiten des Ganges befanden sich Türen. Nachdem sie in zwei weitere Räume gespäht hatten, die auch nur irgendwelche Vorräte beinhaltet hatten, hielt Seno, der ein paar Schritte vor ihr schlich, plötzlich inne. Rasch zwängte er sich in eine Nische vor ihnen. Dann spürte Emelia einen Windzug. Die Fackeln im Gang flackerten und sie hörte Schritte vor sich. Dort wo sie sich gerade im Gang befand, gab es weder eine Nische, noch eine Tür. Also eilte sie einige Schritt zurück und versteckte sich in der erstbesten Nische. Aufgeregt hielt sie den Atem an. Laut hörte sie ihr Herz pochen. Die Schritte kamen näher. Sie zwängte sich noch tiefer in den Schatten neben dem kleinen Altar. Mit dem verletzten Arm stieß sie dabei an eine Verzierung an der Seite des Altars. Ein kurzer Schmerz durchzuckte sie. Die Zähne aufeinander beißend hielt sie wieder den Atem an. Die Schritte klangen nun ganz nah. Mit wehendem Schritt und wehenden Haaren ging jemand schnell an der Nische, in der sie sich befand, vorbei. Sie wartete noch kurz, bevor sie sich vorsichtig hinaus wagte. Von Seno war nichts zu sehen. Dann hörte sie erneut Schritte, die aus der gleichen Richtung kamen, wie die vorhin. Rasch zog sie sich in die Nische zurück. Diese Schritte klangen eiliger. Jemand, der eine schwere Kiste trug, hetzte an ihrer Nische vorbei. Die Schritte wurden leiser. Vorsichtig spähte sie wieder aus ihrer Nische heraus. Von Seno war nichts zu sehen und zu flüstern wagte sie nicht. Genauso wenig wagte sie sich in die Richtung weiter zu schleichen, aus der ständig Leute kamen. Schräg gegenüber von ihrer Nische bog ein Seitengang vom Hauptgang ab. Dieser war schwächer beleuchtet und wies, soweit sie sehen konnte ebenfalls Nischen und Türen auf. Erneut hörte sie Schritte kommen. Wieder aus der gleichen Richtung. Hatte da gerade eine Versammlung aufgehört? Sie kam sich vor, wie auf einem Marktplatz und nicht wie in einem Keller. Rasch schlich sie hinüber in den Seitengang und versteckte sich dort in der erstbesten Nische. In dieser befand sich irgendeine Statue.
Was nun? Bloß nicht entdeckt werden. Erstmal wollte sich Emelia von diesem Hauptgang entfernen. So wartete sie ab, bis keine Schritte zu hören waren und schlich Nische um Nische tiefer in den Seitengang. Die Türen hier ignorierte sie erstmal.
Nach einiger Zeit stieß sie auf einen Gang, der vom Seitengang abzweigte. Dieser schien ihr etwas sicherer. Da sie hier keine Schritte hören konnte, dachte sie daran, den Plan weiter zu verfolgen. Seno würde sie schon wieder treffen und bis dahin wollte sie wenigstens in ein paar Räume gesehen haben. Also öffnete sie die nächst beste Tür. Der Raum war ebenfalls dunkel. Da sie sich hier etwas sicherer fühlte, entzündete sie eine kleine Flamme auf dem Zeigefinger ihrer rechten Hand. Damit beleuchtete sie den Raum. Hier standen größere und kleinere Kisten. Einige Fässer standen in einer Ecke. Noch ein Vorratslager, dachte Emelia enttäuscht. Wie lange wollten diese Magier denn hier bleiben? Wollten die hier überwintern?
23
Kaum waren sie im Inneren des Gebäudes begaben sie sich in den Keller. Mit knirschenden Zähnen beobachtete Seno, wie seine Begleitung trampelte, als wäre sie eine Magd beim Wasser holen. Nur gut, daß keine Menschenseele in der Nähe war um ihre lauten Schritte zu vernehmen. Und nicht nur das. Gleich zweimal beschwor Emelia Feuer auf. Wie unvorsichtig konnte man nur sein? Er hatte sie schätzen gelernt, mochte ihre Begleitung. Aber vom Schleichen, der Unauffälligkeit, dem Leben allgemein hat sie kaum eine Ahnung. Was für ein Weltfremdes Frauenzimmer sie doch war. Nun gut, man mußte ihr vorhalten, bis dato immer behütet gewesen zu sein, keine Chance gehabt zu haben, die wirklich wichtigen Dinge im Leben gelernt zu haben. Apropos lernen. Nur 2 Mal beschwert und sie schien es verstanden zu haben und machte kein Feuer mehr. Dumm war sie also nicht. Seno mußte Kichern, wie er die junge Magierin stumm tadelte, war er doch selbst nicht das beste Beispiel perfekten Auftretens bei jeder Gelegenheit.
Seine Gedanken abrupt abbrechend hörte er jemanden kommen. Ohne Zeit Emelia noch zu warnen, zog sich der Nekromant zurück, hoffend, daß seine Begleitung es auch noch schaffen würde. Die vorbeischreitenden Männer sprachen miteinander. Aus den verstandenen Gesprächsfetzen erfuhr er, daß diese nichts von den Eindringlingen bemerkt hatten.
Er atmete auf, als sie durch waren und beeilte sich zu Emelia zu kommen.
Die Stelle erreichend, wo eben noch Emelia stand, fand er dieselbe nicht mehr vor. „Verdammt....“, über sich selber erschrocken erstarrte Seno . Hatte ihn jemand gehört? Nein, gut so, es war auch nur leise gesprochen. Aber er hatte auch keine Schmerzen. Komisch. Senos Gedanken schweiften kurz ab. Erinnerten sich an den simplen magischen Schutzwall, der sonst das Kloster umgab. Dieser strafte jeden mit einem leichten Ziehen, der es wagte innerhalb des Gebäudes Schimpfwörter zu verwenden. Er hatte sich immer Lustig über den Schutzzauber gemacht und aus Freunde getestet, welche Worte ihn auslösten. Warum war aber nun der Schutzwall entfernt worden? Noch eines von den vielen ungelösten Fragen, die er beizeiten beantwortet wissen wollte.
Derweil gab es wichtigeres und Seno machte sich auf die Suche nach Emelia.
Er schlich durch die Gänge des riesigen Kellerkomplexes. Zu Rufen wollte er nicht riskieren so schlich er, so schnell er konnte, durch die Gänge und schaute hinter jeder geöffneten Tür. Dabei fand er zwar die Magierin nicht, aber schaffte sich immerhin einen groben Überblick über das unbekannte Kellergewölbe.
Eine schwere, verschlossene, eiserner Tür ohne Schloß schaute er dann aber doch rein. Es war eine Backkammer. Zufrieden sah Seno den Dreck und die alten Möbel. Hier war wohl schon lange keiner mehr gewesen. Vielleicht war dies der perfekte Raum für ein Versteck. Die dicken Wände und die Tür schluckten einiges an Lärm. Ein Aufgang war hier ganz in der Nähe, so wie 2 Kreuzungen. Zu guter Letzt war noch der alte Abzugskanal, den man sicherlich zur Flucht verwenden konnte.
Zufrieden mit seiner Entdeckung begab sich Seno wieder außerhalb des Raumes und suchte weiter nach seiner Begleitung.
Immer wieder fand er in der Nähe der Aufgänge (4 hatte er gefunden) Gegenstände liegen, die einst oben im Kloster ihren Platz hatten. Teilweise waren sogar ein paar kleine Kostbarkeiten darunter. Um Geld ging es den Besetzern wohl nicht.
Da hörte er etwas. Schnell schlich er näher zur Geräuschquelle hin, da das Geräusch zu leise gewesen war um es zu identifizieren. Eventuell war es ja endlich die Verschwundene? Doch als er um eine Ecke trat, hörte er das Geräusch noch mal. Diesmal lauter und sein geschultes Ohr konnte es einordnen. Nur eine Maus, die etwas über den Boden zog. Enttäuscht machte Seno weiter bis er einen Lichtschein bemerkte. Endlich. Da war sie wohl, wieder so unvorsichtig und sich Licht machend. Erfreut ging er zur der angelehnten Tür am Ende eines Ganges, aus der der beobachtete Lichtschein fiel.
An der Tür angekommen, stoppte Seno kurz. Was, wenn sie es doch nicht war? Lieber Vorsicht walten lassen. Langsam und möglicht ohne die verrosteten Scharnier all zu laut knirschen zu lassen öffnete er die Tür ein wenig. Kaum war der Spalt Kopfbreit, steckte Seno seinen hindurch. Nein, hier war Emelia wohl auch nicht.
Es war ein seltsamer Raum. Er umfaßte nicht nur die Kellerebene, sondern ging hoch bis zum Erdgeschoß. An der Wand führte ein Holzsteg kreisförmig nach Oben zu einer Tür. In der Mitte war ein Altar. Dies mußte der allerheiligste Raum des Klosters sein. Der Betraum, zutritt nur für die Kloster eigenen Mönche. Besucher hatten einen anderen Betraum, welchen Seno kannte. Dies alles erfaßte der Nekromant in wenigen Augenblicken, ehe sein Blick auf die Statue fiel, welche neben dem Altar stand und den Gott Obwagt darstellte. Diese Figur fing an in einem dunklen Grün zu leuchten. Seno erschrak, eine Statue die von selbst leuchtetet konnte nichts Gutes verheißen. Schnell zog er seinen Kopf zurück, doch die Tür konnte er nicht mehr schließen.
Wie die ersten Strahlen der Morgensonne, nur viel schneller, kroch das grüne Licht über den Boden direkt auf den Nekromanten zu und traf ihn bevor der die Tür verschließen konnte. Mit einem lautlosen Schrei bracht Seno zusammen.
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In dem Raum, in dem sie gerade war, befand sich noch eine weitere Tür. Vorsichtig öffnete Emelia diese und blickte in einen weiteren dunklen Raum. Sie vergrößerte die Flamme auf ihrem Finger etwas. Toll. Noch mehr Fässer. Irgendwie war der Keller langweilig. Sie verließ den Raum wieder und ging in den Gang zurück. Dann sah sie sich im nächsten Raum um. Auch hier fanden sich nur Kisten und einige Vorräte. Aus dem Augenwinkel sah sie etwas vorbeihuschen. Erschrocken vergrößerte sie die Flamme etwas und leuchtete in die entsprechende Richtung. Es war nichts zu sehen. Doch sie konnte ein leises Quieken hören. Dann huschte der keine Verursacher quer durch den Raum davon. Ein kleines Nagetier. Sie war sich nicht ganz sicher, ob es eine große Maus oder eine kleine Ratte gewesen ist. Es war ihr auch egal.
Die Flamme wieder verkleinernd öffnete sie eine weitere Tür in diesem Raum. Vorsichtig spähte sie hinaus. Sie blickte in einen kleinen Gang, von dem wieder einige Türen abgingen. Vorsichtig öffnete sie die erste Tür und leuchtete in den dunklen Raum. Es war kalt hier. Wieder nur Vorräte und zwei weitere Türen. Wieso war hier eigentlich alles dunkel? Ärgerte sie sich still. Und bei den vielen Räumen würde es ewig dauern alles zu durchsuchen. Außerdem gab es hier sowieso nur Vorräte, Kisten und Fässer. Aus dem Gang hörte sie ein leises Quietschen. Eine Tür am anderen Ende des Ganges öffnete sich. Schnell betrat sie den gerade inspizierten Raum und schloss die Tür möglichst leise hinter sich. Sie durchquerte den Raum eilig und öffnete die erste Tür in diesem Raum. Das heißt, sie wollte sie öffnen. Es gelang ihr nicht, da sie verschlossen war. Verdammt. Sie hörte Schritte den Gang entlang kommen. Bei ihrem Glück würde, wer auch immer da kam, genau diesen Raum betreten wollen. Sie versuchte ihr Glück an der zweiten Tür. Erleichtert stellte sie fest, dass sie sich öffnete, wenn auch mit einem leisen Quietschen. Schnell betrat sie diesen Raum und schloss die Tür wieder. Sie verlöschte schnell das Licht. Dann hielt sie den Atem an und lauschte. Die Tür des Nachbarraumes öffnete sich. Jemand betrat den Raum. Vorsichtig tastete sie sich etwas an der Wand entlang von der Tür weg. Doch diese Tür wurde nicht geöffnet. Sie hörte Schritte de sich entfernen und noch mal eine Tür sich öffnen und wieder schließen. Danach entfernten sich die Schritte weiter. Puh, das war knapp gewesen. Vorsichtig entflammte sie ihren Finger wieder und beleuchtete so den Raum. Wieder nur Kisten und Fässer und Vorräte in Regalen. Ganz toll. Emelia fröstelte etwas. Und wieder zwei weiterführende Türen. Hier würde sie sich noch verlaufen. Also beschloss Emelia, lieber systematisch vorzugehen und erst die Räume zu durchsuchen, die von dem Gang abgingen. Also wollte sie zurück, doch die Tür ging nicht auf. Sie konnte nicht zurück.
Hatte man sie doch entdeckt und eingesperrt? Oder war das nur ein Zufall? Sie musste hier weg. Also versuchte sie ihr Glück doch an einer der beiden Türen. Sie hörte etwas dahinter. Was war das? Da atmete jemand oder etwas hinter dieser Tür. Ihr Herz pochte wie wild. Dann hörte sie ein leises winseln. Was war das? Einerseits fürchtete sie, entdeckt zu werden, andererseits packte sie die Neugierde. Verbargen diese Magier hier etwas im Keller? Was war es? Hatten sie eine Kreatur geschaffen, die sie nun hier einsperrten? Vorsichtig öffnete sie die Tür. Auch dieser Raum war natürlich dunkel. Sie leuchtete vorsichtig hinein und bekam ein knurren zu hören. Sie schrak zurück. Eine Bestie? Ein Monster? Aufgeregt schlich sie in den Raum. Auch hier gab es wieder Kisten und Fässer. Hinten in der Ecke stand zusätzlich ein Käfig. Emelia war fast enttäuscht, darin nur einen Hund zu sehen, oder war es ein Wolf? Kein großes böses Monster, keine Bestie, dachte sie enttäuscht. Der Käfig schimmerte seltsam, doch das konnte auch an der spärlichen Beleuchtung und ihrem flackernden Finger liegen. Zumindest gab es hier keine weiteren Türen. Also verließ sie den Raum wieder und versuchte ihr Glück an der zweiten Türe des vorigen Raumes.
Zumindest war die Tür nicht versperrt. Doch auch dieser Raum war dunkel. Emelia fluchte leise vor sich hin. So einen langweiligen Keller hatte sie noch nicht gesehen. Sie betrat den nächsten Raum und beleuchtete ihn. Wieder nur Vorräte und Kisten, und, wie ihr ein Fiepen verriet, eine Maus. Emelia wollte hier raus. Sie wollte diesen dunklen, kalten Keller schnell wieder verlassen.
Am Ende dieses Raumes befand sich auch eine Tür. Genervt öffnete Emelia auch diese. Endlich wieder ein Gang. Sie hatte langsam die Nase voll von Kisten, Fässern, Vorräten und Viechern. Sie wollte weder länger in dieser Dunkelheit, noch in dieser Kälte bleiben. Entschlossen ging sie den Gang entlang. Hier irgendwo musste es doch einen Ausgang aus dem Keller geben. Sie glaubte den Gang wieder zu erkennen. Da hinten musste die Treppe sein. Ihren Schritt beschleunigend schritt sie den Gang entlang. Nur um am Ende festzustellen, dass dort keine Treppe war. Hier gab es noch eine Tür. Verärgert stand sie da. Sie sah sich um. Hier im Keller sah es überall gleich aus. Ihr war kalt und, verdrossen sah sie sich um, sie hatte sich verlaufen.
Sie hörte Schritte aus einem Seitengang näher kommen. Im ersten Impuls wollte sie einen Feuerball… doch sie unterdrückte diesen Impuls, sah sich rasch um und versteckte sich in der erstbesten Nische. Schmerzhaft stieß sie mit dem Arm an irgendetwas. Eine dämliche Statue. Zornig versuchte sie leise zu bleiben. Jetzt nur nicht entdeckt werden.
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Langsam kam Seno wieder zu sich. Seine Knochen waren irgendwie ungelenkig steif und der Kopf dröhnte ihm etwas. Schneller als sein Körper erholte sich sein Geist. Dir Tür zum Betraum war zu, was wohl der Grund war, daß er wieder erwachte. Wer hätte es für möglich gehalten, daß so einfache Mönche ein richtigen magischen Gegenstand besaßen. Erzählt hatten sie ihm dies zumindest nie. Nun gut, allen Anschein nach sollte die Statue eh keinen umbringen, sondern nur unerlaubte Personen bannen. Zum Glück schlug er sich selber beim Hinfallen die Tür vor der Nase zu. Nicht auszudenken, wenn ihn jemand erstarrt gefunden hätte. Seno war sich sicher, daß er nur Augenblicke Ohnmächtig war, auch wenn er keinen Beweis hatte. Das sinnlose Grübeln über sein Pech wegdrängend, versuchte der Nekromant wieder Gefühl in seine Gelenke zu bekommen um sich erneut auf die Suche nach der Magierin zu machen.
So stakste er bald wieder die Gänge lang und fand alsbald einen neuen Grund sich auf zu regen. Wieso war dieses Gewölbe so komplex. Jeder Bauer wäre über nur einen Kelleraum glücklich, kaum ein Herrenhaus (soweit er überhaupt welche kannte) hatte mehr als vier, vielleicht fünf Kellerräume. Und dann dieses hier. Unzählige Räume die in der Menge einfach keinen Sinn ergaben. Schade, daß die Erbauer ihm nie mehr verraten können, warum sie einen solchen Aufwand um ihren Keller gemacht haben.
Etwas später kam ein dumpfer Laut an Senos geübten Ohren. So etwas könnte von einer unvorsichtigen Magierin ausgelöst worden sein. Er begab sich in Richtung der Geräuschquelle. Jeder Schritt brachte ihm neue, wenn auch leise, Geräusche. Da war definitiv etwas und diesmal ganz sicher kein Tier.
Er war seinem Ziel schon recht nahe gekommen, als sich der Weg gabelte. Vorsichtig schaute er um die Ecke. Seine Augen, längst ans Dunkel gewöhnt erhaschten einen Blick auf einen Schatten, welcher hinter irgend einem Gegenstand verschwand. Das waren keine zehn Schritt von ihm entfernt. Obwohl er jetzt auch eine kleine Lichtquelle ausmachte, verstarb jegliches Geräusch. Hatte die andere Person ihn bemerkt? War es Emelia? Nicht ganz sicher belauerte Seno sein gegenüber. Was, wenn sich derjenige gar nicht versteckte, sondern dort irgendwelche arbeiten verrichtete oder nur sich ausruhte. Seno zögerte noch eine kurze Weile ehe er sich selber schallte. Das konnte doch nur Emelia sein, wieso sollte eine andere Person da sein und ausgerechnet wenn er kam leise werden? Ansprechen oder Alarm auslösen würde jeder, wenn er vermuten würde einen Einbrecher gefunden zu haben. Nur Greise würden vor Angst schweigen und Greise hatte er hier unter den Besetzern noch nicht gesehen.
Seno richtete sich auf und trat um die Ecke. Gleichzeitig trat auch ein Mann am Ende des Ganges aus einer Ecke, Raum oder ähnliches. Erschrocken erkannte Seno sein Fehler. Das war nicht Emelia. Hastig glitt er zur Seite, zitternd, ob der Mann ihn gesehen hat. Die Schritte des Unbekannten blieben konstant, wie sie immer näher kamen. Schnell verbarg sich Seno hinter einer Kiste, da ging der Mann auch schon aus dem Gang raus und bog in die andere Richtung ab.
Seno atmete auf. Das war ja noch einmal gut gegangen. Also zurück zum eigentlichen Problem. Wo war denn nun Emelia? Er hatte ja nun wirklich den ganzen Keller, wenn auch nicht alle verschlossenen Räume durchsucht.
In dem Moment war wieder ein kleines Geräusch aus dem Gang, welchen der Mann eben durchschritten hatte, zu hören.
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In die Nische gedrückt wartete sie ab, dass die Schritte endlich vorbeigingen. Als die Schritte verklungen waren, blieb sie noch etwas in der Nische hocken, um ganz sicher zu sein. Die kalte Statue neben ihr hatte ihre Stimmung nicht verbessert. Erst hatte sie Seno aus den Augen verloren, dann ganz viele dunkle, kalte Räume mit langweiligen Kisten, Kästen und Fässern gefunden und zu allem Überfluss hatte sie sich nun verlaufen.
Als es im Gang ruhig geworden war, kam sie aus ihrer Nische heraus. Es musste doch hier irgendwo wieder aus diesem verdammten Keller herausgehen. Sie würde einfach immer geradeaus laufen, dann immer den größeren Gängen folgen. Da würde sie schon irgendwo ankommen. Sie wollte nur möglichst rasch hier heraus.
Mit schnellen Schritten schlich sie den Gang entlang. Dabei bemühte sie sich leise zu sein. Plötzlich hörte sie etwas hinter sich. Flüsterte da jemand was? Vor Schreck hielt sie den Atem an. Hatte man sie entdeckt? Wieso schlug derjenige nicht Alarm. Wenn er das jetzt noch nicht getan hatte, hätte er bald auch keine Gelegenheit mehr dazu. Rasch erzeugte sie einen Feuerball. Dann drehte sie sich um. Oh. „Seno? Erschreck mich doch nicht so.“, flüsterte sie ärgerlich, den Feuerball im Anschlag. Verlegen lächelnd dämmte sie ihn wieder ein. Langsam aber stetig wurde er kleiner, bis er verlöschte. Immerhin hatte das geklappt.
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Besorgt starrte Seno auf den Feuerball. Er mochte nur Lagerfeuer. Andere Feuer waren ihm doch etwas suspekt, vor allem, wenn sie als Waffe dienten.
Emelia entspannte sich aber zusehends, ihren Feuerball lies sie dabei schrumpfen. Vielleicht hätte er doch nicht sich so an sie ranschleichen sollen, aber er war sich ja bis zum Schluß nicht sicher, die Magierin gefunden zu haben.
„Da bist du ja. Komm.“, flüsterte der Nekromant. „Der Keller ist so gut besucht wie ein Marktplatz.“, erwiderte die Feuermagierin leicht säuerlich. Sie starrten sich im letzten Licht des erlöschenden Feuerballs an. Da mußte Seno grinsen. „Dann laß uns nach unserem Zuhause gehen. Da gibt es Ruhe und Wärme.“ Mit diesen Worten ging er los. „Sehr witzig.“, kommentierte Emelia und folgte ihm weitgehend leise.
Seno kannte die Gänge nun genau und führte seine Begleiterin im Dunkeln zur ungenutzten Backkammer.
Kaum hatte er die Tür hinter ihnen verriegelt, sprach er. „Mach einmal bitte Licht.“ „Wirklich?“, kam die überraschte und geflüsterte Antwort. „Ja.“; kicherte Seno und bald standen sie in einem kleinen Lichtkreis.
„Hier wollen wir uns einrichten. Die Wände sind dick, da hört und sieht uns keiner.“ „Gut.“, kam der erleichterte Seufzer seiner Begleitung, die sogleich einen Feuerball in einen alten Stuhl jagte. Das alte Holz nahm gierig die Flammen auf. „Obwohl, sollten wir nicht weiter suchen?“, fragte Emelia, den Stuhl schuldbewußt anstarrend, sich aber der Verantwortung erinnernd. „Du hast Recht. Hier bleiben wir Tags, doch heute Nacht müssen wir noch weiter suchen.“ „Mit dem Keller sind wir aber fertig. Ich meine, wir haben unser Versteck. Nun sollten wir nach oben und zum Einen nach dem Dokument suchen und zum Anderen rausfinden, was die hier genau wollen.“, faßte Emelia die Lage zusammen und Seno nickte zustimmend. So ließen sie mit gemischten Gefühlen die wärmenden Strahlen des brennenden Stuhls hinter sich und gingen wieder in die dunklen, kalten Kellergänge. „Du weist nicht zufällig, wo es hochgeht?“, fragte die Magierin hoffnungsvoll. Seno grinste unerkannt im Dunkeln. „Ich führe dich direkt hin. Oben bleiben wir aber dann zusammen.“
„Wie spät mag es wohl sein?“, fragte Seno flüsternd, wie sie dem Keller entstiegen und in einem großen Gang sich wieder fanden. Emelia sah prüfend aus einem nahegelegenen Hochfenster raus. „Noch ein paar Stunden bis zur Morgenröte.“ „Wollen wir es hoffen.“
Sie machten sich mit der Architektur des Klosters vertraut. Seno hatte auf seinen letzten Besuchen im Kloster viel gesehen und konnte Emelia, die eine gute Auffassungsgabe für Gebäudestrukturen zu haben schien, viel zeigen.
Doch mangels Ihrem Wissen um ihrer Gegner war es ein hilfloses herumschleichen. Sie wussten ja nicht genau wonach sie suchten, beziehungsweise wo das Dokument aufbewahrt wurde. Auch fehlte ihnen das Wissen um die Unterbringung der Leute genauso wie um die Pläne möglicher inneren Wachen.
Mal da vorsichtig reingeschaut, mal den Flügel besucht. Immer langsam, möglichst geräuschlos und den erstaunlich vielen nächtlichen Wachen ausweichen, brachte keine wirklich neuen Erkenntnisse.
„So geht es nicht weiter.“, bemerkte Emelia schließlich. „Ja, wir kommen so nicht wirklich vorwärts. Ob die alle wegen uns Wache schieben?“ „Mag sein. Oder die gehen einfach auf Nummer sicher. Laß uns doch im Oberen Stockwerk umsehen, da waren wir noch nicht und uns dann zurückziehen.“ „Einverstanden.“
„Ein Gutes hat diese Nacht aber.“, erklärte Seno leise. „Was denn?“ „Wir kennen nun das Kloster sehr genau.“ Das Mondlicht reichte aus, daß Seno den spottenden Blick von Emelia erkannte.
Die Treppe zum 2. Stock war erreicht und Seno führte sie hoch. „Hey, ihr da!“, rief es von hinten. Die beiden Eindringlinge erstarrten. Seno dachte angestrengt nach. Er hatte einen Fehler begangen, wie sonst konnte sich jemand in seinen Rücken schleichen?
„Wollt ihr Euch wohl umdrehen und mit mir sprechen, wenn ich Euch rufe?“, befahl die unbekannte Stimme.
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Erleichtert, den Nekromanten wiedergefunden zu haben, war sie ihm in eine kleine dunkle Kammer gefolgt, die er als Unterschlupf im Kloster vorschlug. Sie war genauso kalt, wie der Rest des Kellers, stellte Emelia verdrossen fest. Seno überraschte sie, indem er sie um Licht bat. ‚Ach, auf einmal?’, dachte Emelia bei sich. Doch gerne kam sie dieser Aufforderung nach. Nun konnte sie auch endlich wieder etwas sehen. In dem Raum befanden sich ein großer Ofen, etliche Regale, Tisch und Stühle, aber nicht so viele Kisten und Fässer. Die Feuermagierin fror immer noch. Auf Senos Bemerkung hin, dass sie hier weder gesehen, noch gehört werden würden, dachte sie erleichtert: ‚Ein Glück, dann können wir es uns ja jetzt gemütlich machen.’ Rasch erzeugte sie einen kleinen Feuerball und entzündete damit den nächstbesten Stuhl. Endlich ein bisschen Wärme in diesem verfluchten Keller. Jetzt ging es ihr schon etwas besser. Nahe am wärmenden Stuhl stehend fiel Emelia ein, dass es noch viel zu früh war, ein Lager aufzuschlagen. Sie hatten ja noch so viel zu tun. Daher bemerkte sie: „Obwohl, sollten wir nicht weitersuchen?“ So schön warm der Stuhl nun brannte, konnten sie ihn doch auf ihrer weiteren Suche in dieser Nacht kaum mitnehmen. Damit war das Holz eines Stuhles fast vergeudet. Andererseits gab es hier im Keller genügend Zeugs, was sie verheizen konnten, wenn sie es ohne aufzufallen nehmen konnten.
Im Hinausgehen warf sie noch einen letzten Blick auf den Stuhl. Er stand etwas abseits, so dass er den restlichen Inhalt des Raumes nicht entzünden sollte. Jetzt erschien ihr der Keller noch kälter zu sein. Als sie im Gang standen, bemerkte Emelia, dass sie noch immer nicht wusste, wo im Keller sie waren. Diese Kammer würde sie nie wiederfinden, genauso, wie sie hier nicht hinaus fand. Daher fragte sie den Jäger nach dem Weg. Während sie ihm folgte, versuchte sie sich den Weg genau einzuprägen. Doch jede Ecke hier unten sah fast gleich aus. Es würde nicht leicht werden, hier wieder hinzufinden.
Im Erdgeschoss angekommen stellten sie durch einen Blick aus dem Fenster fest, dass sie noch ein paar Stunden bis zum Morgen hätten. Sie wollten diese Stunden der Dunkelheit noch nutzen, dieses Geschoss zu durchsuchen. Wenigstens war es hier etwas wärmer. Während sie suchten, erzählte Seno irgendetwas über den Baustil, irgendwelche Strukturen und Anordnungen. Mäßig interessiert hörte sie höflich zu. Sie versuchte sich die Wege einzuprägen, die sie nahmen. Erstaunlich schnell hatten sie dieses Stockwerk durchlaufen, obwohl sie unterwegs ständig Wachen ausweichen mussten. War der Keller größer gewesen, als das Erdgeschoss? Oder kam ihr das nur so vor, weil sie sich hier nicht verlaufen hatte. Daher beschlossen sie, noch einen Blick in das Obergeschoss zu werfen.
Als Seno sie die Treppe hinaufführte, hörten sie ein lautes „Hey, ihr da!“ von hinten. Vor lauter Schreck hatte Emelia sogleich einen kleinen Feuerball in der Hand. Das würde sie ohne Zweifel verraten, dachte sie schnell und dämmte ihn umgehend wieder ein. „Wollt ihr Euch wohl umdrehen und mit mir sprechen, wenn ich Euch rufe?“, erklang es nun etwas schärfer hinter ihnen.
Nun, da ihr Feuerball verlöscht war, drehte sich Emelia langsam um.
Am Fuße der Treppe wartete ein langhaariger, bärtiger Magier darauf, dass sie die Treppe wieder hinabstiegen. Emelia warf Seno einen kurzen Blick zu. Sie hatten wohl keine andere Wahl. Ansonsten würde diese Wache Alarm schlagen. Also stiegen sie die Treppe wieder hinab. Als sie näher kamen, erkannte Emelia die Wache wieder. Sie hatte ihn irgendwo schon einmal gesehen. „Was seid ihr so spät noch unterwegs?“, fragte der Mann nun. „Wir konnten nicht einschlafen und wollten noch etwas spazieren gehen.“, erfand Seno schnell. Etwas verwundert betrachtete die Wache sie von oben bis unten. Ahnte er etwas? Waren sie nun aufgeflogen? Ihr Puls beschleunigte sich. Innerlich bereitete sie sich bereits auf einen Kampf vor. „Auch wenn ihr nachts nur kurz aufsteht, müsst ihr euer Amulett tragen.“, tadelte er die beiden Streuner. Etwas erleichtert atmete Emelia auf. Er schien ihnen abzukaufen, dass sie dazu gehörten. Doch sie blieb angespannt, besonders, als er in eine Tasche griff. „Hier, nehmt diese solange.“, sagte der Wächter nun, wobei er ihnen je ein Amulett reichte. Überrascht reagierte Emelia aus einem Reflex heraus, indem sie sich bedankte: „Danke, äh …“ „Willem“, ergänzte der Fremde. „Ja, danke, Willem.“ Er sah erfreut aus. Wo hatte sie ihn nur schon einmal gesehen? „Nun aber ab mit euch. Ihr solltet euch nun noch etwas hinlegen.“, ordnete Willem mit einem Augenzwinkern an. „Ja.“, antworteten sie schnell, um nicht aufzufallen, während sie sich die Amulette umhängten. Dann entfernten sich Seno und Emelia rasch in Richtung eines Schlafraumes, den sie vorhin entdeckt hatten. Das schien der Wache zu genügen, denn auch er ging seines Weges. Als sie außer Sichtweite waren, bogen sie ab zum Kellereingang. Seno folgend grübelte Emelia weiter darüber nach, woher sie diesen Willem kannte. Dann endlich fiel es ihr ein. Willem, das war der bärenstarke Holzträger gewesen, den sie gesehen hatte, bevor sie die toten Mönche entdeckt hatte. Das brachte sie zwar nicht weiter, doch es beruhigte die Pyromantin, dass sie ihn nun einordnen konnte. Kurz bevor sie die Kellertür erreicht hatten, riss Emelia irgendetwas aus ihren Gedanken. Erschrocken sah sie sich um. Waren sie entdeckt worden? Aber es war nichts Besonderes zu sehen. Dann sah sie Seno verwirrt an. Hatte er etwas gesagt? Sie hatte nun das unbestimmte Gefühl, etwas sagen zu müssen: „Ja, es ist kalt im Keller.“ Nun schaute Seno verwirrt zurück. Emelia lächelte verlegen.
Wortlos schlichen sie in den Keller. Die Pyromantin schalt sich selbst. Sie musste etwas aufmerksamer sein. Immer so in Gedanken versunken, wurde sie zu oft überrascht. Dem Nekromanten möglichst leise folgend versuchte sie sich wieder den Weg einzuprägen. Zumindest erkannte sie schon die letzten Ecken zu ihrem Versteck wieder. In der kleinen Kammer angekommen, ging Seno wortlos zu einer der leeren Kisten hinüber, die hier standen, und zerlegte sie. „Wir können den Ofen anheizen, das erscheint mir besser, als ein unkontrolliertes offenes Feuer in einem geschlossenen Raum.“, bemerkte er. Emelia betrachtete die Reste des verkohlten Stuhls. Er legte das Holz der Kiste in den Ofen. Sogleich entzündete Emelia es: „In Ordnung.“ Der Nekromant trat zwei Schritte zurück. Dann machte Emelia es sich direkt neben dem Ofen gemütlich. Hier wurde es langsam angenehm warm. Seno behielt etwas mehr Abstand zum Ofen.
„Da haben wir eben aber Glück gehabt.“, begann er ein Gespräch. „Ja.“, ging Emelia halbwegs darauf ein. „Was das wohl für Amulette sind.“, fügte sie hinzu, neugierig ihres betrachtend. „Unsere Tarnung scheint zu funktionieren.“, meinte Seno analysierend. „Ja.“, sagte Emelia. Fasziniert betrachtete sie immer noch das Amulett. „Kannst Du etwas über diese Amulette herausfinden?“, fragte Seno nun. „Hm?“, kehrten ihre Gedanken ins hier und jetzt zurück. Vom Amulett in ihrer Hand schaute sie nun auf zu Seno. „Es sieht relativ schlicht aus.“, meinte sie: „Ich denke, ich werde das mal genauer untersuchen.“ Mit diesen Worten griff sie in ihre Tasche und nahm etwas Pulver heraus, welches sie zwischen ihren Händen zerrieb. Dann nahm sie ihr Amulett ab und umschloss es mit ihren Händen. Sie versank in tiefer Konzentration. Ruhig durchatmend und die Augen schließend konzentrierte sie sich nur noch auf das Amulett. Sie spürte nichts Besonderes. Lag der Zauber tiefer versteckt? Weiter und weiter drang sie in das Amulett ein. Enttäuscht öffnete sie ihre Augen wieder. Es schien wirklich nicht mehr zu sein, als ein hübscher Stein, der zu einem Amulett verarbeitet worden war. Die Pyromantin gähnte. Fragend sah Seno sie an. Er hatte es sich in der Zwischenzeit bequem gemacht. Wie lange hatte sie für das Amulett gebraucht? Sie wusste es nicht. „Nun sag schon“, drängte Seno: „Was hast Du herausgefunden?“ Verdrossen antwortete sie: „Nichts.“ Nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: „Es ist nur ein Stein, nichts Magisches.“ Keine Antwort mehr abwartend legte sie sich müde und erschöpft hin. Recht bald war sie eingeschlafen.
29
Willem, so nannte sich die Wache, war sichtbar sauer, sie erwischt zu haben. Sie konnten ihm zwar glaubhaft versichern, daß sie nur unter Schlaflosigkeit litten, mußten aber die Erkundungstour abbrechen. Bestimmt schickte sie die Wache ins Bett. Mit auf dem Weg gab er ihnen noch je ein kleines Amulett, wovon er ausging, daß sie es vergessen hätten. Mag ein Erkennungssymbol sein. Seno und Emelia zogen sich sofort in ihr Versteck zurück, weiteren Unannehmlichkeiten aus dem Weg gehend, vorerst!
Im Versteck versuchte die Magierin vergebens magische Spuren in den Amuletten zu finden, ehe sie sich hinlegte.
Seno war auch müde und wollte sich hinlegen. Doch ließen ihn Zweifel wach bleiben. Was wäre, wenn sie entdeckt werden und schlafen? Er hatte zwar einen leichten Schlaf, aber sicher konnte er sich nicht sein, rechtzeitig zu erwachen. Was war überhaupt Sicherheit? Hier in Keller waren keine großen, toten Tiere, die er benutzen konnte. Gegen Magier konnte er so fast nichts ausrichten. Emelia war hier im Gebäude also ihre Hauptkämpferin. Er mußte sich also überlegen, Angreifer rechtzeitig zu bemerken und gleichzeitig noch etwas Zeit zu haben Emelia zu wecken und kampfbereit zu machen. Nebenbei wäre ein wenig Schlaf auch nicht zu verachten. Da es eine kurze Nacht werden würde, sollte abwechselnde Wache nicht ausreichen. Nun, wie konnten sie beide Schlafen?
Es dauerte eine Weile, bis sich der Nekromant zu einer Entscheidung durchgerungen hatte. Er legte sich quer vor die Tür. So hoffte er rechtzeitig im Gang befindliche Leute zu hören und sie vorm Betreten des Raumes zu hindern, indem er als lebender Türstopper fungierte. Das sollte, so hoffte er, die benötigten Sekunden bringen, Emelia zu wecken und ihr die Zeit zu geben, sich kampfbereit zu machen. Nicht ganz überzeugt legte sich Seno hin.
Seno erwachte, als ihn jemand trat. Sofort war er hellwach und sprang auf die Beine. Vor sich Emelia. Grinsend spottete sie: „Langschläfer. Lass uns das Kloster erkunden.“ „Ist es schon Nacht?“, fragte Seno verwirrt. Hatte er den ganzen Tag verschlafen? „Nein.“ „Dann sind sie noch wach.“, der Nekromant war drauf und dann sich wieder schlafen zu legen. „Wir sind jetzt erst einmal sicher. Überleg doch mal. Da oben sind ganz viele Magier, verschiedenster Ausrichtungen. Die kennen sich sicherlich nicht alle untereinander. Darum wohl auch die Amulette. Wir haben nun welche. Wenn wir aufpassen, daß uns nicht die sehen, die uns kennen, können wir uns oben umschauen.“ Seno schaute Emelia staunend an. Sie hatte gut die Fakten gut erkannt und eine brauchbare Lösung erdacht. „Das könnte sogar gehen. Trotzdem müssen wir vorsichtig sein. Weißt du schon, wie spät es ist?“ „In etwa, ich habe aus dem Abzugsschacht geschaut. Dürfte etwa Mittag sein.“ „Gut, dann los. Testen wir deine Idee.“, Seno war begeistert von der Idee, sich als Mitglieder der Gruppe zu tarnen. Getarnt nur durch ein kleines Amulett. Nun, ohne Risiko würde es auf jedenfall nicht gehen, da sicherlich in der kommenden Nacht erneut Wachen durch die Hallen laufen würden.
So schlichen sich die Zwei erst aus ihrem Versteck und dann vorsichtig nach oben zu gehen.
Oben war alles anders, als es sich Seno vorgestellt hatte. Es fing damit an, daß kaum mehr Leute rumliefen als in der Nacht. Sie mußten wohl in den Zimmern sein. Die aber, welche in den Gängen und im Innenhof zu sehen waren, verhielten sich nicht wie Verbrecher. Keine grimmigen Gesichter, kein Schreiben und fluchen. Da waren Menschen die zusammen standen und lachten. Einer sang sogar leise ein fröhliches Lied. Sahen so Verbrecher aus? Seno kamen Zweifel. Und doch, hier war etwas im Gange. Die Mönche waren ermordet worden, Emelia und er hatten schon einen Kampf mit ihnen.
„Emelia?“ „Ja.“ „Das bringt uns nicht weiter. Die müssen hier doch was machen. Es fehlen so viele.“ „Ja. Hab ich mir auch schon gedacht. Ob die in irgendeinem Raum sind?“ „Vermutlich. Aber wenn wir jetzt in jeden Raum sehen, fallen wir auf. Wo ist es wohl am wahrscheinlichsten.“ „Kennst du keine Säle?“ „Ja, aber es sind zu viele um eine Auswahl zu treffen.“ „Dann erst Türen, die man nicht einsehen kann. Also zum Beispiel da hinten in den Gang, wo keiner ist?“ „Ja, macht Sinn.“
Es sollte noch eine ganze Weile dauern, bis die Beiden auf einen besetzten Raum trafen. Seno öffnete die Tür und beide traten ein. Auf dem Boden waren mehrere Linien und Zeichen gemalt worden. Um dieses Gebilde saßen sechs Männer. Sie sahen auf, als Seno eintrat. „Ja?“ „Ähh, wir suchen einen Raum.“, war seine verlegende Ausrede, die ihm spontan einfiel, sofort sich selbst schallend, so etwas Dummes gesagt zu haben. „Tut uns leid, hier sind wir. Wenn ihr nicht mitmachen wollt, sucht Euch bitte einen leeren Raum.“ „Ja, äähh.“, der Nekromant war sichtlich überfordert, wollte er doch einerseits etwas herausfinden, konnte er andererseits so gar nichts mit der Situation anfangen.
30
Es war kalt. Das Feuer im Ofen war kleiner geworden, als Emelia erwachte. Daher erwachte sie früher als gewohnt. Ihr Arm schmerzte immer noch etwas, wenn sie ihn nicht bewegte. Bewegung riskierte sie erst gar nicht. Im flackernden Schein des kleinen Feuers im Ofen sah sie sich um. Wo war nur Seno? War er schon auf? Hatte er sie hier etwa liegenlassen? Nun schuf sie eine kleine Flamme in ihrer Hand und sah sich nochmals genauer um. Schließlich entdeckte sie ihn quer vor der Tür schlafend. Schlafend? Emelia grinste. Sie war wirklich eher wach? Leise flüsterte sie: „Seno? Schläfst Du noch?“ Als er nicht reagierte, ging sie leise in Richtung Tür. Vorsichtig stupste sie den Schlafenden mit dem Fuß an. Na ja, sie wollte ihn vorsichtig anstupsen. Dies fiel leider etwas heftig aus, was der Pyromantin sofort Leid tat. Wie auf heißem Boden schlafend sprang Seno auf. Um von dem Tritt abzulenken, spottete sie: „Langschläfer. Lass uns das Kloster erkunden.“ Emelia war der Ansicht, dass sie sich am Tag unauffällig zwischen den Magiern bewegen konnten, da sie jetzt die Amulette hatten. Nachdem sie Seno davon überzeugt hatte, begaben sich beide nach oben.
Gespannt sah sich Emelia oben um. Würde ihre Tarnung auffliegen? Was machten diese Magier hier? Die Magier, die sie in den Gängen und im Innenhof sahen, schienen Pause zu haben. Sie pausierten von welcher Tätigkeit auch immer. Neugierig betrat sie ein Zimmer nach dem anderen. Die meisten Räume waren zu Emelias Enttäuschung leer.
Als sie endlich auf einen besetzten Raum stießen, Sie hatten einen Spruch auf den Boden geschrieben und bereiteten anscheinend ein Ritual vor, diesen in ein Pergament zu binden. Doch nirgends war ein Pergament zu sehen. Verwirrt sah sie sich im Raum um, doch sie konnte kein Pergament entdecken. Nachdem Seno irgendetwas gesagt hatte, fragten die Magier sie, ob sie mitmachen wollten.
Ihre Neugierde drängte Emelia förmlich dazu, das zu bejahen, doch ihre Vernunft und Vorsicht warnte sie davor. Sie konnte zwar erkennen, was die sechs Magier hier taten, doch der Spruch, den sie auf den Boden schrieben, sagte ihr so gar nichts. Das musste irgendetwas Himmels- oder Wassermagisches sein. Außerdem wollte sie nicht wirklich beteiligt sein, an was auch immer die Magier hier taten. Immerhin hatten sie die Mönche getötet. Also antwortete sie: „Ja, es ist wohl besser, wenn wir uns einen anderen Raum suchen.“ Freundlich lächelnd verließen sie den Raum wieder. Als sie die Tür geschlossen hatten, sah Seno die junge Pyromantin an: „Ich hätte schon gerne erfahren, was diese sechs da machten.“ Emelia führte Seno in einen der leeren Räume, die sie gefunden hatten, bevor sie antwortete: „Nun, die sechs Magier bereiteten ein Ritual vor zum Binden eines magischen Spruches in ein Pergament. Den Spruch selber konnte ich nicht entziffern, nur einige der Symbole konnte ich zuordnen. Es war wohl ein Spruch aus dem Bereich der Himmels- oder Wassermagie.“ Erstaunt sah Seno sie nun an: „Und wo war das Pergament?“ „Das ist mir auch aufgefallen. Ich weiß es nicht. Im ganzen Raum habe ich kein Pergament entdecken können.“, meinte Emelia dazu. Sie ging auf die Tür zu mit den Worten: „Lass uns weiter suchen.“ Ohne abzuwarten verließ sie den Raum. Die Neugierde trieb sie voran.
Als sie wieder in den Gang kamen, sahen sie gerade noch jemanden mit einem Pergament in dem Raum verschwinden, in dem die Magier das Ritual vorbereiteten. Während Emelia noch überlegte, was nun zu tun sei, hörte sie jemanden hinter sich im Gang fluchend vor sich hin brabbeln. Das war nicht Senos Stimme. Erschrocken drehte sie sich um. Seno blickte bereits in dieselbe Richtung. Um die entfernte Ecke des Ganges kam die Wache von letzter Nacht, dieser Willem. Er schien überhaupt keine gute Laune zu haben und das war noch untertrieben. Mies gelaunt stapfte er durch den Gang. Die junge Pyromantin bemühte sich eiligst ihm auszuweichen.
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Emelia rettete die Situation und führte sie beide bestimmt aus dem Raum. In einem weiteren Raum, wo sie alleine für sich waren, erklärte die Feuermagierin dem Nekromanten, was die Magier in dem anderen Raum gemacht haben. Einen Spruch auf ein Pergament binden. Sofort fiel Seno das Dokument ein, hinter dem sie her waren. Konnte man mehrere Sprüche auf ein einzelnes Pergament bannen? Noch eher Seno seine Vermutungen äußern konnte, war Emelia schon wieder aus dem Raum getreten. Die Neugier war neu in ihr aufgeflammt und ließ keine Zeit für lange Diskussionen. Seno folgte ihr, wollte er doch keine Wiederholung der Geschichte im Keller.
Im Bereich vor dem Zimmer befand sich Willem, der Wächter aus der Nacht. Um ja nicht wieder auf zu fallen, beeilten sie sich, schnell weg zu kommen.
Die nun folgende Suche gestaltete sich wieder mühsam und recht erfolglos. Immerhin konnte Seno seine Frage Emelia stellen, die nach kurzem Nachdenken ihm erklärte, daß es durchaus möglich sei, wobei man dann aber die Sprüche wiederum verband und auf dem Pergament nur ein Spruch existieren würde. Nur wahre Meister könnten vorhersehen, was entstehe, wenn man einem Dokument mit einem Spruch einen zweiten hinzufügte.
„Es geht hier wohl nur um ein Dokument. Unser Dokument, oder?“, stellte Seno eher fest, als das er fragte. „Ja. Dies hab ich auch schon vermutet. Aber wozu? Was für ein Spruch bedarf es solch vieler verschiedener Magier? Ich habe noch nie gehört daß so viel Magiestile zusammen gearbeitet haben. Es muß wahrlich etwas großes werden.“ „Und nur wir können sie aufhalten.“ „Nein.“ Seno sah erstaunt Emelia an: „Nein? Na klar können nur wir das.“ „Wir sind viel zu schwach. Gegen die geballte Kraft der hier anwesenden Personen wirkt unsere Magie wir ein Tropfen Wasser im Lagerfeuer.“ „Also aufgeben?“, fragte der Nekromant, nun sichtbar verwirrt. „Das habe ich nicht gesagt. Ich sagte nur, daß wir sie nicht aufhalten können.“ „Aber das ist doch das einzigste, was wir versuchen?“ ‚Ist sie nun ganz verwirrt?’, dachte sich Seno und schüttelte den Kopf. „Ja.“ „Sag ich doch.“ „Ja, aber wir können sie nur aufhalten. Ohne Hilfe werden wir über kurz oder lang verlieren.“ „Und wie halten wir sie auf? Doch erst einmal noch mehr Infos sammeln?“ „Ganz klar. Und dann müssen wir an das Dokument und es hier weg bringen.“ „So war unser Plan von Anfang an.“; stöhnte Seno. „Genau. Und jetzt wissen wir es.“, erklärte Emelia tot ernst und zeigte an Seno vorbei. „Sieh.“
Seno drehte sich um. Durch ein Fenster in den Innenhof konnten sie eine Gruppe sehen, die in ihrer Mitte eine Frau führten. Es war eine schöne Frau, vollbusig und mit langem rotem Haar. Sie trug ein schlichtes Gewand, welches ihre nackten, zarten Füße nicht ganz verbarg. Um ihren Hals hatte sie sich eine kleine Kette mit Holzkugeln gelegt. Dieses schöne Bild wurde nur von ihrem Gesichtsausdruck zerstört. Grimmig, hassend sah sie nach vorne. Ihr Gesicht und die Gesten der um ihr laufenden Personen zeigten deutlich, daß die Frau nicht freiwillig hier war. „Eine Gefangene.“ „Ja.“ Neugierig beobachten die zwei Eindringlinge das Grüppchen im Hof. Man führte die Frau an eine fensterlose Wand. Gesten und von Seno nicht verstandene Worte forderten die Frau auf, sich an die Wand zu stellen. Sie schüttelte nur ihren Kopf und zeigte eindeutig an, daß sie nun bereit war sich zu wehren. Da wurde ihr sogleich demonstriert, welch magisches Potential hier versammelt war. Der Boden unter hier bewegte sich, daß sie stolperte. Zeitgleich wuchsen Rangen aus dem Boden, die der Frau mit spitzen Dornen entgegenwuchsen. Über ihr regnete es aus einer kleinen, dunklen Gewitterwolke und die Steinwand entwickelte Tentakel. So dermaßen überwältigt, konnte Seno gar nicht feststellen, welche Fähigkeiten, und daß sie welche hatte war er sich ganz sicher, die Frau hatte, ehe sie unfreiwillig an der Wand stand, festgehalten von den Tentakeln aus Stein. Regen, Erde und Gewächs verschwanden augenblicklich. Die Gruppe lachte höhnisch auf und ging, sich selber belobigend weg. Schimpfend, aber anscheinend nun völlig wehrlos blieb die Gefangene unbeachtet zurück.
„Sollen wir?“, fragte Seno Emelia, sie ansehend. Die Feuermagierin nickte ihm zu, verstand, was er wollte und folgte ihm.
Gehend, als gehörten sie dazu, näherten sie sich langsam den Treppen. Unauffällig sich umsehend, stiegen sie die Treppen nach unten und traten durch eine Tür in den Innenhof.
Um seinen Gewissen etwas zu beruhigen, belebte Seno eine kleine Ratte, die er neben einem Springbrunnen spürte. Sie würde nichts helfen, aber dadurch daß er etwas kontrollierte, fühlte er sich nicht mehr ganz so unwohl in seiner Haut.
Mittlerweile waren Emelia und er fast ganz bei der Gefangenen angelangt. Ob sie jemand im letzten Moment da dran hindern würde? Riskierten sie gerade ihre Tarnung?
„Wer bist du?“, fragte Emelia direkt die Gefangene als sie sie erreichten und Seno schaute gebannt auf die unbekannte Frau, gleichzeitig schielte er aber auch zur Seite, um eventuelle Angreifer rechtzeitig zu bemerken.
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Emelia war froh, dass sie Willem in der Laune, die er hatte, hatte ausweichen können. Während der folgenden Suche grübelte sie darüber nach, was das gesehene bedeuten könnte. Alles schien sich hier um ein Dokument zu drehen. Nur eines? Das erinnerte die Pyromantin daran, dass sie ein Dokument suchten. War das genau das Dokument? Was geschah hier? Wollten die bunt zusammen gewürfelten Magier etwa mehrere Sprüche in ein Dokument binden? Doch wozu? Es war riskant. Was, bei Pyrrus, wollten die Irren damit schaffen? Allein die Vorstellung, dass Feuermagische Sprüche mit Wassermagischen oder gar Nekromantischen gemischt wurden. Da konnte nichts Gutes bei entstehen. Im Gespräch mit Seno stellten die Beiden fest, dass sie dieses Dokument in ihren Besitz und von hier fort bringen mussten, um das Vorhaben der Magier hier zu vereiteln.
Im Verlauf des Gespräches wurde eine Gefangene in den Innenhof geführt. Nach einer Demonstration ihrer Macht ließ die bunte Magiergruppe die Gefangene, die sie hergebracht hatten, gefesselt durch magisch verformten Stein im Innenhof zurück. Diese Demonstration war durchaus beeindruckend gewesen. Neugierig ging Emelia auf die Gefangene zu. Welcher Magierichtung sie wohl angehörte? Sie fragte die Gefangene nach ihrem Namen.
Feindselig blickte die Gefangene Emelia an. Sie war triefend nass. „Das geht euch überhaupt nichts an! Schert euch doch alle gleich zu Manukis!“ Manukis? Sie sah gar nicht aus wie eine Nekromantin, fand Emelia. Seno sah die Gefangene auch erstaunt an. „Wie blöd seid ihr eigentlich, dass ihr glaubt, euer Vorhaben könnte klappen?!“, funkelte sie die beiden an. „Was glaubst Du denn, was wir hier tun?“, versuchte Emelia der Gefangenen, die wohl glaubte, dass Seno und sie zu den Irren hier gehörten, Informationen zu entlocken. Misstrauisch sah die Rothaarige sie an. „Das Dokument ist bereits hier.“, pokerte Seno mit ruhiger Ausstrahlung. Abschätzend sah die Gefangene sie nun an. „Was haben eure Meister euch versprochen?“, fragte sie nun. Anscheinend hielt sie sie für Schüler. Da weder Seno noch Emelia antworteten, bohrte sie weiter: „Glaubt ihr wirklich, dass ihr dieses lebend übersteht?“ Was wusste diese Frau? Provozierend sagte Emelia: „Ja.“ „Ihr Narren!“, fuhr die Gefangene sie an: „So viele verschiedene Sprüche in ein Dokument binden! Da kann nichts Gutes bei herauskommen! Wenn das Dokument benutzt wird, werdet ihr alle sterben!“ Mittlerweile zitterte die Frau vor Kälte. Aus einem Impuls heraus schuf Emelia eine kleine Flamme zwischen ihren zueinander gerichteten Handflächen und sandte die Wärme zu der Gefangenen, um ihr Leid zu lindern und sie zu trocknen. Dabei versengte sie etwas von ihrem roten Haar. Es roch etwas angekokelt. Den Stein, der sie hielt, konnte Emelia nicht lösen. Von der Reaktion der Frau überrascht wich Emelia zwei Schritte zurück. „Eine Pyromantin! Ich hätte es wissen müssen! Angwar hilf mir!“ Die junge Feuermagierin sah die Keifende erschrocken an. Sie hatte ihr doch bloß helfen wollen. Doch diese hatte den Gott der Wälder zum Schutz angerufen. Kein Wunder, dass sie auf Feuer nicht freundlich reagierte. Von ihr würde sie wohl nichts mehr erfahren. War sie Naturmagierin oder Tiermagierin? Was auch immer, sie schien nicht gut auf Pyromanten zu sprechen sein.
Hilfesuchend sah sie Seno an, der an ihr vorbei zum Eingang des Klosters blickte. „Weg hier.“, zischte er ihr zu. Möglichst unauffällig entfernten sie sich von der Gefangenen. Dabei warf Emelia einen Blick zum Klostereingang. Eine größere Gruppe von Magiern strömte dort heraus in den Innenhof. Die Pyromantin stutzte. Ein kleiner untersetzter Mann in weiten Roben führte die Gruppe an. Ein Beschwörer? Was machte der denn hier? Die Schriftzeichen auf seiner Robe wiesen ihn als Dämonenbeschwörer aus. Einige in der Gruppe schienen Meister zu sein. Doch warum folgten sie einem Beschwörer? Diese waren doch kaum mehr als niedere Scharlatane. Seno zog sie weiter.
Die Gruppe umringte die Gefangene und beachtete die beiden Eindringlinge nicht weiter. Ihre Tarnung schien noch zu funktionieren. Ein überprüfender Blick verriet ihr, dass sie von diesen Magiern bisher keinen kannte. Wie viele waren hier bloß versammelt? Die Menge verhöhnte die Gefangene.
„Urdrael.“, zischte die Gefangene: „Ich hätte mir denken können, dass Ihr dahinter steckt. Aus welchem kranken Hirn könnte sonst solch ein verrückter Plan entspringen.“ Zornig fuhr der Beschwörer sie an: „Riarke, was weißt Du schon von meinen Plänen? Wir erschaffen hier Bedeutendes!“
Dann wandte er sich an einen hochgewachsenen edel gekleideten Magier: „Valerus, finde heraus was sie weiß.“ Mit einer Ehrfurcht gebietenden Aura trat der Magier hervor. Augenblicklich schwiegen die anderen. Mit dem Ansatz eines Lächelns schritt er auf die Gefangene zu. Ängstlich starrte diese ihn an. Ungeduldig schaute Urdrael dem Schauspiel zu. „Ich werde euch gar nichts verraten!“, sagte Riarke trotzig. Mit ruhiger leiser Stimme entgegnete Valerus: „Doch, Du wirst.“ Mit einem durchdringenden Blick sah er sie an. Schweißtropfen rannen der Gefangenen von der Stirn. Sie schien gegen irgendetwas anzukämpfen. Doch es war nichts zu sehen.
Ein kalter Schauer lief Emelia den Rücken hinunter. Das musste ein Gedankenmagier sein. Sie hatte schon viel von deren Kräften gehört und gelesen, war aber noch nie einem begegnet. Konnte er sie entdecken? Hatte er sie bereits entlarvt? Etwas ängstlich sah sie sich um.
„Wer schickt Dich?“, fragte Valerus streng. Bebend und zitternd antwortete Riarke: „Endegar von Valberg.“ Der Naturmagier war weit über Valberg hinaus bekannt. „Etwa allein?“, bohrte der Magier nach. „Nein.“, antwortete die Gefangene möglichst knapp. Sie wehrte sich noch immer, konnte aber kaum etwas ausrichten. Sein eiskalter Blick schien sie zu durchbohren. Sie schrie auf. „Meine Begleiter sind tot.“, wimmerte sie.
Angestrengt überlegte Emelia, ob sie der Leidenden irgendwie helfen konnte. Unruhig sah sie hin und her. Ihr Puls tobte bereits. Konnten sie denn gar nichts tun? Eine Hand legte sich ihr beruhigend auf die Schulter. „Wir können ihr nicht helfen. Das wäre Selbstmord.“, flüsterte Seno ihr leise ins Ohr. Eine Träne zerdrückend nickte die junge Pyromantin. Ihr Atem ging stoßweise, als sie versuchte sich langsam zu beruhigen. Doch der Anblick des Verhörs machte es ihr beinahe unmöglich.
„Was wolltet ihr hier?“, drang die scharfe Stimme des Gedankenmagiers durch Mark und Bein. Vor Zorn und Anstrengung liefen Riarke jetzt Tränen das Gesicht herunter. „Das Dokument sichern.“, zischte sie schließlich. „Sind noch andere Gruppen mit dem Ziel unterwegs?“, fragte Valerus eindringlich. „Ich weiß es nicht.“, antwortete sie erschöpft. Plötzlich sah sie sich panisch um. „Ich weiß es nicht!“, schrie sie. Gelangweilt wandte sich Valerus von ihr ab und dem Dämonenbeschwörer zu. „Das ist alles.“, sagte er trocken.
„So, so, Endegar.“, grinste Urdrael überheblich: „Auch seine Macht reicht auch nicht aus, um mich… uns aufzuhalten.“ Auch die anderen Anwesenden wagten nun wieder Hohn und Spott von sich zu geben. Mit geschlossenen Augen stand Valerus hochkonzentriert da und sagte kein weiteres Wort. Er schien tief in Gedanken versunken. Er reagierte auf nichts, was um ihn herum geschah.
„Alle eure lächerlichen Versuche sind sinnlos.“, höhnte Urdrael weiter: „Schon bald werde i… werden wir den mächtigsten Dämonen befehligen, den diese Welt je gesehen hat.“ Erschrocken und entsetzt hielt Emelia den Atem an. „Doch Du wirst keine Gelegenheit mehr haben, dieses großartige Ereignis zu erleben.“, fuhr der Beschwörer mit einem fiesen Lächeln im Gesicht fort. Zorn stieg in Emelia langsam hoch. Geschah jetzt bald das, was sie befürchtete? Konnte sie das mit ansehen? Würde sie sie verraten? Ihr Atem ging schneller und ihr Puls begann zu rasen. „Bring mich fort von hier.“, flüsterte sie Seno flehend zu: „Ehe ich etwas Unüberlegtes tue.“ Sie schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen, merkte aber wie sich ihre Hände etwas erhitzten. Warum nur hatte sie sich nicht besser unter Kontrolle?
Als Urdrael seine kleine Ansprache beendet hatte, waren sie schon etwas weiter entfernt. Doch trotzdem konnte sie das lapidare „Tötet sie.“, hören, das der Dämonenbeschwörer kalt von sich gab. Die Pyromantin riss die Augen auf. Nein. Vor Entsetzen bebend sah sie, dass einige Magier nun hervortraten. Einer von ihnen war der Gedankenmagier. Eine Steinspitze wuchs der Todgeweihten aus dem Bauch. Auf eine Handbewegung von Valerus schwebte wie aus dem Nichts ein Schwert vor der Gefangenen und durchbohrte sie auf eine weitere Handbewegung hin. Dann löste sich das Schwert in Nichts auf. Emelia spürte, wie ihre Hände in Flammen standen. Dann spürte sie einen Schlag und wurde von gnädiger Dunkelheit umfangen.
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Ängstlich beobachtet Seno die Befragung der Gefangene. Es war nicht gut hier zu verweilen, nur zu schnell konnten Ihnen unangenehme Fragen gestellt werden, welche sich nicht beantworten konnten. Und dennoch, es war wichtig Informationen zu erlangen. Leider verriet sie nur, was Emelia und er sich schon selber zusammengereimt hatten. Als eine Gruppe Magier den Hof betraten, zogen sie sich zurück und ließen Riarke, wie sie später von einem Magier benannt wurde, zurück. Dank eines Gedankenmagiers war ihr Gespräch mit der Gefangenen fruchtbarer, was aber nicht heißt, daß sie viel mehr heraus bekamen. Sie verriet ihren Auftraggeber, dessen Namen natürlich nichts für sie aussagte. Die Gruppe kannte den Auftraggeber wohl, doch er und Emelia kannten ihn natürlich nicht.
Seno hatte es befürchtet und auch Emelia schien es erwartet zu haben: Die Magier töteten die Gefangene. Irgendwo schade wenn jemand stirbt, aber wenn man die Person nicht kannte sollte es einem egal sein. Emelia sah es aber offensichtlich nicht genau so. Sie verlangte von Seno weggebracht zu werden, kurz bevor der Mord geschah und als sie nicht rechtzeitig weg kamen, bildeten sich Feuer in ihren Händen.
Der Nekromant mußte die Lage retten und zwar schnell. Fingerspitzengefühl war nun nicht angesagt, also nahm er sich einen Stein vom Boden und schlug zu.
„Weiber, einfach zu schwach für unsere Gruppe.“, stammelte Seno wie er Emelia aufgefangen weg schleifen wollte, was die Magiergruppe natürlich bemerkt hatte. Die Gruppe kicherte.
Unterwegs schauten zufällige Beobachter zwar etwas befremdet, doch keiner hielt Seno auf, wie er die Feuermagierin wegschleifte. Gegenüber der Tür zum Keller setzte er sich erst einmal hin und fächelte ihr Luft zu.
„Kann ich dir helfen?“, sprach da ein älterer Mann ihn an. „Aber gerne. Verstehst du dich auf Heilmagie? Ihr ist schlecht...“ „Pah!“, mit stolzem Gang entfernte sich der Mann. Seno atmete erleichtert auf.
Es dauerte noch etwas, bis er alleine im Gang war. Schnell packte er noch einmal Emelia fester an und schleifte sie in den Keller.
In ihrem Versteck legte Seno seine bewußtlose Begleiterin ab und entfachte daß ausgegangene Feuer. Wenigsten warm sollte ihr sein. Hoffentlich verzieh sie ihm wenn sie aufwachte. Aber was hätte er sonst tun sollen?
Die Zeit ran quälend langsam für Seno, wie er auf dir Rückkehr von Emelias Bewußtsein wartete. Er hatte ihren Geist wohl zu weit geschlagen. Doch eine Verbindung spürte er noch. Ihr Geist war weit weg, aber immer noch mit ihrem Laib verbunden, so konnte er nur abwarten, bis sich ihr Geist und Körper wieder fanden. Mit der Zeit des Wartens wurden die Wände des Verstecks immer enger, so kam es Seno zumindest vor. Ihn plagten Ängste über ihr Versteck und der hilflosen Emelia. Wenn sie jetzt entdeckt werden würden, wären sie verloren. Nun, zumindest Emelia. Er konnte versuchen zu fliehen, den Luftschacht Hochkraxeln. Doch Emelia würde er hier liegen lassen müssen. Sie wäre verloren.
Doch es sollte schneller alles wieder in Ordnung kommen, als Seno befürchtete. Schon bald bewegte sich seine Kameradin und erwachte kurz darauf. Sofort schenkte er ihr reinen Wein ein um die Lage nicht zu verschlimmern. Es gab zwar eine kurze Diskussion aber letztendlich akzeptierte Emelia seine Entscheidung. Wieder einmal war er haarscharf an einer Trennung vorbei geschlendert. Wieso war nur er immer der Böse?
Sie beschlossen in Versteck zu bleiben, bis die Nacht herein bricht. „..nur dann haben wir eine Chance.“ „Ja, sehe ich genauso. Wir müssen das Dokument finden und es an uns nehmen.“ „Wir wissen eventuell wo es ist.“ „Wissen wir?“, fragte Seno überrascht. „Ja. Hast du nicht diesen Urdrael gesehen?“ „Den wen? Ich konnte mir doch nicht alle Namen merken.“ Emelia stöhnte. „Der kleine Magier, der die Befehle gab.“ „Ach der. Der hieß Urdrael?“ „Ja. Und bei ihm werden wir das Dokument sicherlich finden, den er scheint hier der Anführer zu sein.“ „Klingt logisch.“, erwiderte Seno anerkennend: „Nun müssen wir uns also nur noch nach dem Zimmer von diesem Urdrael erkunden, dort einbrechen, das Dokument mitnehmen und dann fliehen.“ Schweigen breitete sich angesichts dieses einfachen aber vermutlich zum Scheitern verurteilten Planes aus.
„Erhol du dich noch etwas. Ich gehe noch einmal hoch und versuche das Zimmer zu finden. Heute Nacht danach zu fragen dürfte Ärger bedeuten.“, mit diesen Worten unterbrach Seno die Stille und stieg noch mal aus der Erde empor.
Die Nachfrage nach dem Nachtquartier des Bosses gestaltete sich sehr leicht. Er traf Willem, die Nachtwache, und plauderte mit ihm ein wenig. Schnell lenkte er das Gespräch in die gewünschte Richtung und erfuhr, was er wissen wollte.
Alsbald verabschiedete sich Seno und beeilte sich zu Emelia zu kommen.
„Und?“ „Ich kenne das Zimmer nun. Ist ganz einfach zu finden.“ „Sehr schön. Ich..“ In dem Moment machte sich jemand an der Tür zu schaffen.
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Ihr Kopf dröhnte etwas. Es war angenehm warm. Langsam öffnete sie die Augen. Eine Decke? Wo war der Himmel geblieben? Wie kam sie hierher? Wo war sie überhaupt? Desorientiert sah sie sich um. Erleichtert stellte sie fest, dass sie in ihrem Versteck und Seno bei ihr war. An ihrem Hinterkopf spürte sie ein leichtes Pulsieren. Sie konnte eine kleine Beule dort ertasten. Noch ehe sie fragen konnte, gestand ihr Seno, was geschehen war. Beinahe hätte sie breit grinsen müssen, doch sie hielt es für angebrachter, ernst zu bleiben, da der Nekromant das anscheinend etwas enger sah. Schließlich hatte sie ihn selbst darum gebeten. Viele Möglichkeiten, sie in dem Zustand fortzubringen, hatte er nicht gehabt. Im Nachhinein bedauerte sie, ihn in diese Lage gebracht zu haben. Sie hätte sich einfach besser unter Kontrolle haben müssen. Mit ernster Mine akzeptierte sie Senos Entscheidung, von der sie wusste, dass sie sie ihm fast aufgezwungen hatte. Emelia war froh, dass der Nekromant durch sein beherztes Eingreifen Schlimmeres verhindert hatte. Einen Kampf gegen diese Magiergruppe hätten sie wohl nicht überstanden, doch die junge Pyromantin hatte kurz davor gestanden, sie zu attackieren.
Doch nun wusste sie, dass sie bald handeln mussten. Lange würde sie dem Treiben nicht zusehen können. Zumindest nicht, wenn hier noch mehr so ungerechte Dinge geschahen. Die beiden besprachen ihr weiteres Vorgehen. Einzubrechen war Emelia zwar nicht ganz geheuer, aber angesichts der Alternativen schien es ihr das geringste Übel zu sein. Außerdem war ihnen das Dokument gestohlen worden, so holten sie es sich nur zurück. Doch würde das Zimmer des Anführers nicht besonders geschützt sein? Das klang nach einem Selbstmordunternehmen. Sie würden erwischt und hingerichtet werden. Doch auch Emelia fiel nichts Besseres ein. Noch ehe sie Gelegenheit gehabt hatte, etwas zu antworten, hatte Seno den Raum verlassen.
Sie hatte leichte Kopfschmerzen, doch ihr Arm fühlte sich mittlerweile etwas besser an. Über Senos Vorschlag, dass sie sich hier etwas erholen sollte, während er versuchte das Zimmer zu finden, war sie erleichtert. In anbetracht der Beule an ihrem Kopf und des immer noch verletzten Armes hielt Emelia es für besser noch ein wenig auszuruhen, bis der Trubel anfing. Die Pyromantin rechnete fest damit, dass sie nicht ohne Kampf das Kloster verlassen konnten. Nahe am Ofen sitzend war sie rasch eingenickt.
Später schreckte sie hoch, als die Tür sich öffnete. Glücklicherweise kam Seno herein und niemand anderes. Etwas verschlafen fragte sie nur: „Und?“ Der Nekromant berichtete, dass er das Zimmer gefunden hatte. Emelia setzte gerade an, etwas zu antworten, als sie durch ein Geräusch an der Tür alarmiert innehielt.
Rasch sprang sie hinter dem Ofen in Deckung. Seno postierte sich im Schatten neben der Tür. Waren sie nun entdeckt worden? War ihr Plan bereits jetzt gescheitert? Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Flammen auf ihren Händen erleuchteten flackernd den Raum. Wenn es so sein sollte, dann würde sie eben kämpfen. In ihrem Versteck aufgestöbert würden sie kaum glaubhaft machen können, dass sie zu dieser Gruppe gehörten und sich hier nur zufällig aufhielten. Neben der Tür gestikulierte Seno irgendetwas, was die Pyromantin nicht verstand. Die Tür wurde aufgestoßen.
Eine große, massige Gestalt stand in der Tür, die Emelia erst auf den zweien Blick als diesen Willem erkannte. Was wollte der hier? War er Seno gefolgt? Doch wie hatte jemand einem erfahrenen Jäger folgen können, ohne dass der es merkt? Willem blickte ruhig auf den kleinen Feuerball in Emelias Händen und meinte: „Den wirst Du nicht brauchen.“ Nervös sah sie den fremden Magier an. Hatte er Seno bereits entdeckt? Auf keinen Fall wollte sie ihn durch einen Blick verraten und so starrte sie Willem an. „Ihr gehört genauso wenig in diese Gruppe, wie ich.“, konfrontierte er sie. Überrascht und erstaunt stand Emelia da. Er hatte sie ertappt. „Was genau wollt ihr hier?“, fragte die Gestalt in der Tür weiter. „Wir sollten nicht zwischen Tür und Angel weiterdiskutieren.“, warf nun Seno von der Seite ein. Er hatte seinen Bogen gespannt und auf den Magier gerichtet. Leicht erstaunt sah Willem den Jäger an. Er hob die Hände und bekräftigte: „Keine Sorge, ich greife euch nicht an.“ Dann trat er vorsichtig in den Raum und schloss die Tür hinter sich.
„Wenn Ihr auch nicht dazu gehört, was macht Ihr dann hier?“, fragte Emelia den fremden Magier neugierig. Trauer huschte dem Fremden über sein Gesicht. „Ich kann nicht anders. Ich habe keine Wahl.“, sagte er leise mit einem Kloß im Hals. „Aber ihr könnt Euch doch hier frei bewegen, habt sogar Wache?“, fragte Seno misstrauisch. Willem starrte kurz ins Leere, bevor er antwortete: „Ich bin anders gebunden.“ Er schluckte und fuhr dann fort: „Ich habe euch beobachtet und bin zu dem Schluss gekommen, dass ihr die Ereignisse hier verhindern wollt. Ist das richtig?“
Emelia dachte angestrengt nach. Was wollte dieser Willem von ihnen? Weshalb hatte er sie nicht längst verraten und den anderen ausgeliefert? War er etwa auf ihrer Seite? Bestand diese Möglichkeit? Immerhin hatte er ihnen die Amulette gegeben und keinen Alarm geschlagen. Auch jetzt machte er keinerlei Anstalten, sie anzugreifen oder die anderen zu alarmieren. Die Pyromantin begann ihm zu trauen. Während sie langsam den Feuerball in ihren Händen eindämmte, antwortete sie knapp: „Ja.“
Der große, bärtige Magier schien erleichtert zu sein. „Doch sag, was willst Du von uns?“, fragte Emelia aufmerksam. Willem hatte ihnen noch nicht verraten, was er hier eigentlich wollte. „Ich hatte gehofft, dass ihr nicht zu denen gehört.“, sagte er lächelnd. „Und jetzt benötigst Du unsere Hilfe.“, brachte Seno es auf den Punkt. Traurig nickte der Magier. Er sah sehr besorgt aus. Eine Träne zerdrückend begann er: „Meine Gefährtin…“ Er konnte den Satz nicht weiterführen. Nachdem er ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, setzte er erneut an: „Sie haben wohl keinen freiwilligen von meinem Orden gefunden, der sie unterstützt hätte.“ Es schien ihm schwer zu fallen, darüber zu reden.
Langsam fügte sich ein Bild zusammen. Seine Statur, diese Bärenkräfte, das musste dann ein Tiermagier sein. Man traf sie nicht oft. Emelia war noch nie zuvor einem begegnet. Alles was sie über diesen Orden wusste, wurde ihr erzählt oder hatte sie sich erlesen. Häufig lebten sie einsam in den tiefen Wäldern. Sie konnten mit Tieren reden. Auch sollten sie im Stande sein, Teile von sich oder sich sogar komplett in ein Tier verwandeln zu können. Es gab sogar Geschichten über Tiermagier, die nur noch in Tiergestalt umherliefen, die komplett in der Wildnis beheimatet waren. War Willem ein Tiermagier?
Leise fragte die Pyromantin: „Seid Ihr ein Tiermagier?“ Als er das bejahte, sah sie ihn aufgeregt mit großen Augen an. Auch Senos Verstand arbeitete messerscharf: „Diese Magier haben eure Gefährtin entführt?“ Scharf einatmend nickte Willem. Die Gefährtin eines Tiermagiers? Auch eine Tiermagierin? Emelia stockte der Atem. Konnte das sein? Siedend heiß fiel ihr dieser seltsame Käfig hier im Keller ein. Wo war das noch gleich gewesen? Warum hatte sie sich nur verlaufen müssen? „Sucht Ihr einen Wolf oder Hund?“, fragte sie vorsichtig und leise. Ruckartig wandte sich Willem ihr zu, so dass sie etwas erschrak. „Habt Ihr sie gesehen? Ja, sie könnte in Gestalt eines grau weißen Wolfes gefangen sein.“, fragte er aufgeregt zurück: „Wo ist sie? Wo ist meine Radona?“ „Ja, ich denke schon. Zumindest ist hier im Keller ein heller Wolf in einem seltsam schimmernden Käfig gefangen.“, bestätigte ihm Emelia. „Sie ist hier?“, fragte Willem aufgeregt: „Hier in diesem Keller?“ Die Pyromantin nickte und gestand: „Nur weiß ich leider nicht genau wo.“ Nach einer kleinen Pause fügte sie leise hinzu: „Ich hatte mich verlaufen.“ Doch Willem hörte ihr schon nicht mehr zu. „Hätte ich nur gewusst, dass sie hier ist. Radona war die ganze Zeit hier und ich habe sie nicht bemerkt?“, machte er sich Vorwürfe und lief dabei hin und her.
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Schnell wich Seno zur Seite aus. Wer mochte da nur rein wollen?
Es war Willem der ihm anscheinend gefolgt war. Wieder einmal erwischte sich Seno zu unvorsichtig gewesen zu sein und dabei war er sich so sicher beim Gespräch mit der Wache, ganz harmlos geklungen zu haben. Er war einfach nicht für Mensche gedacht. Die Einsamkeit der Wälder und Felder standen Seno besser als der Umgang mit Menschen. Zynisch dachte er sogar, daß er besser mit Toten klar kam, als mit den Lebenden.
Doch es war nicht zu ändern, sie waren entdeckt. Eigentlich wollte Seno dem Eindringling sofort einen Pfeil in den Kopf schießen, um sämtliche Vorteile der Magier sofort zu beseitigen. Wieder einmal grämte es ihm, daß es hier keine Leichnahme gab.
Zu seiner Verwunderung griff Willem nicht an und machte auch keine Anstalten Hilfe zu holen. Er redete, soweit es die Situation zuließ, ganz normal mit Emelia.
Dabei erfuhr Seno, daß Willem wohl nicht ganz freiwillig hier war. Er hatte eine Partnerin welche gefangen gehalten wurde. Vermutlich sogar hier in den weiten Kellerräumen, wie Emelia zu berichten wußte.
„Nun mal ganz ruhig. Tue nichts unüberlegtes.“, sprach der Seno. Willem sah ihn an: „Wir müssen sie befreien.“ „Ja, du hast recht. Gleichwohl müssen wir an das Dokument ran, ehe es zu spät ist. Heute Nacht ist unsere letzte Chance.“ „Wieso heut..“, warf Emelia ein. „heute nicht noch schlafen und in der Dunkelheit loslegen? GLEICHzeitig beides machen um möglichst wenig Aufsehen zu erzeugen.“ Emelia nickte ihm unbemerkt zu. Sie hatte verstanden, daß Seno nur Willem zurück halten wollte um ihre eigene Sache nicht zu gefährden. „Ja, heute Nacht. Solange muß sie noch aushaaren.“, stimmte Willem zu. „Ich komme wieder.“, mit dieser Feststellung verließ er Seno und Emelia.
„Er durfte nicht jetzt nach seiner Gefährtin suchen. Was wenn er erwischt wird? Noch mehr Trubel ist nicht gut.“, erklärte sich Seno. „Ich habe dich schon verstanden und stimme dir zu.“ Emelia dachte nach. „Es könnte sogar für beide vom Vorteil sein. Entweder lenkt er oder wir die Aufmerksamkeit auf uns. Wenn eine Gruppe entdeckt wird, kann die andere um so leichter fliehen und aus dem Hinterhalt helfen.“ „Ob er uns noch helfen will, wenn er sein Weib hat? Ich bin mir da nicht sicher.“, zweifelte Seno und legte nach: „Und sollte er die ganze Aufmerksamkeit auf sich lenken, dann danken wir ihm nur und nutzen unsere Chance.“ „Du willst ihm nicht helfen?“, empörte sich Emelia. „Nein. Ich hänge an meinem Leben.“ „Aber andere Leben.., Körper gebrauchst du, wie es dir gefällt.“, stach die Magierin tief.
Es herrschte Stille. Beide hangen ihren Gedanken nach. Was gab es auch noch zu sagen. Ihre Gemeinschaft währte erst kurz und diente nur einem Zweck. Wer konnte da erwarten, daß sich zwei Angehörige sich hassender Gruppen, auf ewig vertragen?
Die Stunden schlichen dahin. Längst war Seno seiner Gefährtin nicht mehr böse, vermutete daß auch sie ihm nicht mehr böse war. Aber sie hatten beide ihre unterschiedlichen Standpunkte. Beide Standpunkte hatten ihre Berechtigung. Sie würden nie über eine Zweckgemeinschaft hinaus kommen.
„Wir sollten ihm doch helfen.“, erklärte Seno, nicht selber überzeugt, aber Emelia freundlicher stimmen wollen. „Ach was. Du hattest schon recht. Weder er würde uns helfen, noch sollten wir ihm helfen. Das Dokument schien viel zu wichtig zu sein um irgend etwas zu riskieren. Aber es ist so frustrierend.“ „In jeder anderen Situation würden wir uns ja auch gegenseitig helfen. Aber die Lage ist verzwickt.“ „Leider.“, stimmte Emelia zu. „Außerdem ist er vielleicht ein Lügner und holt die Anderen her.“, versuchte Seno mit einem makaberen Scherz die Stimmung auf zu lockern. „Dann mach die darauf gefaßt, den ersten, den ich umbringe, wieder zu erwecken.“ Beide lachten gekünstelt.
Wieder trat eine unangenehme Stille auf, bis sie jemanden im Gang hörten. Die Vorsicht gebot es, wieder in Angriffstellung zu gehen, so erzeugte Emelia einen Feuerball, während Seno seinen Bogen spannte und zur Seite trat.
„Ihr wollt doch nicht?“, grinste Willem nervös und aufgeregt. „Sicher ist sicher.“ „Wie gehen wir vor?“ „Die einfachsten Pläne, sind die Besten. Du suchst nach deinem Weib, während wir uns das Dokument holen. Klappt beides unbemerkt, treffen wir uns hier um gemeinsam zu fliehen. Wird aber eine Gruppe ertappt, so flieht jeder für sich.“, erklärte Seno. „Die unbemerkte Gruppe versucht dann der anderen zu helfen.“, fügte Emelia zu, um Willem etwas Zuspruch zu geben.
Man wünschte sich gegenseitig gutes Gelingen und trennte sich dann. Emelia sah noch einmal den weggehenden Willem nach. „Komm.“; flüsterte Seno auffordernd und schlich weiter. „Wie will er eigentlich den Käfig öffnen?“ Emelia war wohl am Überlegen Willem zu folgen. „Das ist jetzt sein Problem.“, bestimmte Seno hart.
36
Nachdem sie auf Senos Vorschlag hin beschlossen hatten, erst in der Nacht ihre Pläne umzusetzen, hatte Willem den Kellerraum rasch verlassen. Der Tiermagier wollte in der Nacht zurückkommen. Vielleicht war Senos Misstrauen ihm gegenüber ja gerechtfertigt. Immerhin, so musste Emelia zugeben, wusste sie nicht viel über Tiermagier. Wahrscheinlich kannte der Jäger sie besser. Eigentlich wollte sie von dem Nekromanten wissen, weshalb er dem Tiermagier misstraute. Doch die Pyromantin konnte nicht verstehen, dass Seno den beiden nicht helfen wollte. Bisher hatte Willem ihnen doch auch geholfen. Warum sollte er sein Verhalten ändern? Daher fragte sie ihn entsetzt und etwas entrüstet: „Du willst ihm nicht helfen?“ Woraufhin der Nekromant zurückgab: „Nein, ich hänge an meinem Leben.“ Dieser sture Nekromant. Andere sind ihm wohl egal? Er denkt immer nur an sich. Typisch. „Aber andere Leben..“, schoss sie verärgert zurück: „Körper gebrauchst Du, wie es Dir gefällt.“ Daraufhin verstummte Seno. Auch die Pyromantin konnte und wollte dem nichts mehr hinzufügen. Nachdem sie einige Zeit darüber nachgedacht hatte, tat es ihr Leid, was sie Seno an den Kopf geworfen hatte. Manchmal ging ihr heißes Temperament mit ihr durch. Doch eine Entschuldigung wollte ihr auch nicht über die Lippen kommen. Daher schwieg sie weiterhin.
Lange hatte sie über ihren Disput nachgedacht. Vielleicht hatte Seno bereits Erfahrungen gemacht, die ihn so vorsichtig sein ließen. Sie begann zu zweifeln. War sie vielleicht zu vertrauensselig? Wer garantierte ihr, dass Willem sein Wort halten würde? Ihre Mission hier war viel zu wichtig, um sie leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Vielleicht sollte sie doch ab und zu mal auf Seno hören. Er war wohl der erfahrenere und besonnenere von ihnen beiden. So ergab sich ein merkwürdiges Gespräch, in dem die beiden anscheinend die Positionen getauscht hatten. Emelia musste lachen. Die kurze Heiterkeit empfand sie als erleichternd. Doch ihre Lage war ernst, daher schwiegen sie hinterher wieder.
Nach einer Weile hörten sie Schritte auf dem Gang. Da sie nun doch vorsichtig geworden war, bereitete die Pyromantin zur Sicherheit einen Feuerball vor. Aus dem Augenwinkel sah sie Seno seinen Bogen spannen. Erleichtert sah sie dass es Willem war und dass er allein gekommen war. So dämmte sie ihren Feuerball wieder ein.
Entschlossen bestimmte Seno ihr Vorgehen. Alle stimmten dem still zu. Doch, da ihr Willem irgendwie Leid tat, entschärfte die Pyromantin Senos Beschluss durch eine versöhnliche Bemerkung. Als sie sich trennten, sah Emelia dem Tiermagier noch kurz nach, Sie dachte darüber nach, wie er seine Gefährtin wohl aus dem Käfig befreien wollte und flüsterte dies Seno zu. Kalt antwortete der Nekromant: „Das ist jetzt sein Problem.“
Lautlos fluchend folgte die Pyromantin Seno. Immer diese selbstsüchtigen Nekromanten. Dachte er überhaupt auch Mal an andere? Nur Tote interessierten diese Leichenfledderer. Mühsam beruhigte sie sich mit dem Gedanken, dass der Tiermagier schon eine Möglichkeit finden würde, den Käfig zu öffnen. Sonst hätte er bestimmt um Hilfe gebeten. Rasch folgte sie dem Jäger nach oben. Unterwegs wichen sie ein paar Wachen aus, um nicht wieder in Erklärungsnot zu kommen. Der Nekromant schien genau zu wissen, woher er gehen musste, um ungesehen zu dem Raum zu gelangen. Für Emelia sah eine Tür wie die andere aus. Bewundernd sah sie zu, wie zielsicher Seno die richtige Tür fand. Auch die verschlossene Tür hielt den Jäger nicht auf.
Unbemerkt betraten sie den Raum, in dem sie das Dokument vermuteten. Es war dunkel. Das einzige Licht hier drin fiel vom Gang aus herein. Seno schlich voraus und begann sich umzusehen. Für Emelias Geschmack war es hier ein wenig zu dunkel. So würden sie nicht viel finden. Ein kurzer Blick auf den Gang verriet ihr, dass niemand in der Nähe war. So schloss sie die Tür und erschuf eine kleine Flamme. Besser. Ein großer Schreibtisch dominierte den Raum. Mehrere Schränke und Regale bedeckten die Wände. Eilig begann sie ebenfalls mit der Suche nach dem Dokument.
Als sie plötzlich Schritte auf dem Gang hörte, löschte sie sofort die Flamme. Mit angehaltenem Atem lauschte sie im Dunkeln. Langsam entfernten sich die Schritte wieder. Erleichtert atmete Emelia auf und entzündete ihre kleine Licht spendende Flamme wieder. Als sie weitersuchte, hörte sie ein Murren von Seno, verstand aber nicht, was er sagte. Eifrig suchte sie weiter. Gerade stöberte sie durch einen Stapel von Dokumenten, die auf dem Schreibtisch lagen. Wie sollte sie nur das richtige erkennen? Wir können ja schlecht alle mitnehmen. Verdammt. Warum hatte sie darüber nur nicht vorher nachgedacht? Die meisten Magier besaßen mehr als nur ein Dokument. Leise stöhnte sie auf und begann, die einzelnen Dokumente genauer zu betrachten. Ungeduldig las sie sich durch die Dokumente, um das eine zu finden. Das alles dauerte viel zu lange. Seno stöberte in der Zwischenzeit durch die Schränke. Der Schreibtisch war wenig ergiebig. Von dem Nekromanten konnte sie einen leisen Triumph vernehmen. Als sie aufsah, stand er mit einem Buch in der Hand vor dem rechten Schrank. „Was?“, flüsterte die Pyromantin neugierig. „Ich hab das Buch.“, flüsterte er aufgeregt zurück. Verwirrt blickte sie zu ihm herüber. Was für ein Buch? Sie suchten doch ein Dokument. Entnervt wandte sie sich von dem Schreibtisch ab. Ihr Blick schweifte durch den Raum. In einer Ecke auf einem Tisch konnte sie eine kleine Truhe ausmachen. Neugierig ging sie darauf zu. Natürlich war sie verschlossen. Leise machte sie Seno darauf aufmerksam. Geschickt öffnete der Jäger sie. Ungeduldig und neugierig nahm Emelia sie und sah hinein. Sorgfältig in ein Tuch gehüllt lag darin ein Dokument. Rasch hatte die Feuermagierin es ausgepackt. „Und?“, fragte Seno. Mit einem zufriedenen Lächeln meinte sie: „Ja. Das muss es sein.“ „Dann sollten wir hier schnell verschwinden.“, entschied der Jäger. Zustimmend nickend steckte sie das Dokument ein und ging zur Tür. Bevor sie sie öffnete, lauschte sie nach draußen. Der Nekromant kam näher und gestikulierte wild. Mit einem sicheren Lächeln sah die Pyromantin ihn an. Natürlich löschte sie das Feuer, ehe sie die Tür öffnete.
37
Mit einem flauen Gefühl im Magen führte Seno Emelia zu dem Wohnraum des Anführers. Und nicht nur die unlösbare Aufgabe bereitete Seno Sorgen. Er hatte Emelia schroff in die Schranken gewiesen. Dies hat er mit voller Absicht getan. Nein, er dachte nicht wirklich selber so. Im Gegenteil, nur zu gern würde er Willem helfen, doch er mußte hier eine Position beziehen. Entweder sie konzentrierten sich voll auf ihre selbstausgesuchte Sache und hätten eine kleine Chance hier lebend raus zu kommen, oder es war alles von vornherein verloren.
Seno versuchte noch mal die störenden Gedanken weg zu schieben, bevor er das Schloss des soeben erreichten Raumes öffnete. Zum Glück war es ein ganz einfaches, was seinen dilettantischen Fähigkeiten im Schlösserknacken keinen allzu großen Widerstand bot.
Nun galt es zuerst den Anführer aus zu schalten. Hoffentlich war er im Schlaf nicht so mächtig, wie er wohl im wachen Zustand ist. Seno blickte sich um und war erstaunt. Kein Mensch, kein Wesen war hier im Raum. Emelia hatte dies auch gesehen und schloß die Tür, um ein wenig Licht zu machen, was Seno sogar begrüßte schließlich mußten sie nun lesen. Nun, oder wie in Senos Fall, mehrere Dokumente entziffern, erahnen ob es das richtige ist.
Die Suche verlief besser als erwartet, fand Seno doch sofort das Buch, welches er übergeben hatte. Das könnte eventuell noch nützlich sein. Kurz darauf verkündete Emelia, daß sie das Dokument in einer Schatulle vermutete. Er machte auch dies einfache Schloß auf. Darin lag tatsächlich ein Dokument, was Emelia untersuchte und als das Richtige beurteilt. Schon konnten sie abhauen.
Natürlich vergaß die Feuermagierin ihr Licht aus zu machen. Erst als Seno sie darauf hinwies löschte sie dasselbe.
Wieder eine Wache. War Seno erst noch verwundert über die lasche Bewachung des Zimmers, das Fehlen eines Bewohners, wurde ihm nun einiges klar. Die Magier hier waren Theoretiker, praktische Bewachung kannten sie nicht. So war der Raum selber zwar quasi ungesichert, aber davor im Gang kamen andauernd Wachposten vorbei, was eine schnelle Flucht aus dem Raum verhinderte.
„Warte.“, sprach er seine Begleiterin zu. „Wir sind doch auch rein gekommen.“; erwiderte sie ungeduldig. „Ja, wir haben zufällig eine Lücke in ihrer Bewachung gefunden. Jetzt müssen wir nur noch abwarten, bis sich wieder eine Lücke auftut.“ So warteten sie noch eine geraume Zeit.
„Jetzt. Nur raus, dann gehen!!!“, preßte Seno flüsternd raus und trat in den Gang. Emelia folgte ihm und schloß mitdenkend die Tür. „Nicht rennen.“, flüsterte er ihr noch mal zu und ging flott, aber nicht rennend zum Treppenhaus. Emelia begleitet ihn schweigend. Sich, genau wie er, immer umsehend.
„Da.“, warnte sie noch ehe sie daß Treppenhaus erreicht hatten. „Dort hinter.“ Sie versteckten sich in einer Nische Gerade noch rechtzeitig ehe eine Wache erschien. Leise warteten sie im Schatten ab, bis die Schritte des Mannes am anderen Ende des Ganges verklangen waren.
„Weiter.“ Sie beeilten sich die Treppe zu erreichen. Diesmal sollten sie keiner Wache mehr begegnen und beide atmeten erleichtert auf, wie sie auf den Treppenstufen standen. „Im Erdgeschoß sind wir sicher. Einfach nur normal verhalten. Keiner weis um den Raub bescheid.“, erklärte Seno. „Einverstanden, obwohl ich lieber laufen würde.“, erklärte die Magierin und Seno lächelte ihr beruhigend zu.
„Geschafft.“, flüsterte Emelia nun, wie sie unten ankamen. Keine Wache in Sicht und den beiden Einbrechern viel ein Stein vom Herzen, sie wurden sichtbar lockerer. Nun war es ein leichtes zu entkommen. Seno mußte gar grinsen, bevor der Diebstahl entdeckt würde, waren sie unauffindbar im Wald verschwunden, dafür würde er schon sorgen.
„Also, wir gehen jetzt in den Keller und fliehen in umgekehrter Reihenfolge wie wir hergekommen sind.“ „Ich finde aber nicht mehr den anderen Eingang zum Keller.“, bedauerte Emelia. „Ich aber.“, grinste Seno, der sich mittlerweile sehr gut im Keller auskannte. „Nur noch die Stelle, wo wir von der Klostermauer zum Wald müssen, wird etwas heikel. Ich denke aber wir...“ „Und was ist mit Willem?“, fragte da Emelia dazwischen. „Ich..“, setzte Seno an ihr zu erklären, daß er egal war, als eine Person, vermutlich Wache, in ihre Nähe aus einer Tür kam. Hier im Erdgeschoß brauchten sie sich zwar nicht verstecken, aber ihr Gespräch sollte er trotzdem nicht hören. Der Mann kam direkt auf sie zu. Emelia hatte ihn nun auch gesehen und erstarrte. „Du?“, entfuhr es ihr und Seno war verwirrt. „DIEBE!“, rief der Mann und machte einen schnellen Schritt nach vorne. Seno war total perplex der Situation gegenüber, fühlte er sich eben noch sicher, wurde er nun als Dieb angeschrieen. Zeitgleich griff der Mann nach dem Buch. Seno reagierte zu langsam und der Fremde hatte ihm das Buch abgenommen. „Weg.“, rief der Nekromant seiner Begleiterin zu, die schon wieder ihr alles Problem lösenden Feuerball in der Hand formte. Er packte sie an der Schulter rund riß sie um. Sie mußten jetzt hier weg. Das Buch war verloren, aber sie hatten noch das Wichtigste, das Dokument. Rennend hörten sie Rufe hinter sich.
„Ich hätte ihn töten können.“, erklärte Emelia laufend. „Ja und? Ein Gegner weniger nützt auch nichts.“ Wie konnte sie jetzt nur dran denken einen ihrer Gegner zu töten. Flucht und so schnell wie geht, war das einigste Ziel.
“Behalt dein Feuer und wirf es dem Ersten entgegen, der Magie wirkt.“, erklärte er ihr. „Schon klar.“; kam eine schnaufende Antwort.
Seno konzentrierte sich, während er sie in den Keller führte, um alles Tote zu erwecken. Ja, hier gab es nur Mücken, Ratten und Flöhe, nichts wirklich nützliches. Doch er wollte auch ein wenig von Nutzen sein.
„Wieso Keller?“, hechelte Emelia, schon recht schlapp vom Laufen. „Weil wir beim Geradeauslaufen ein zu leichtes Ziel abgeben.“, erklärte Seno. Mittlerweile hörten sie schon die ersten Verfolger ihnen in den Keller folgend. Besorgt hoffte Seno, daß sie nicht so klug waren und das Kloster sofort umstellten.
„Da raus und sofort den Wald anbrennen.“, befahl Seno, eine Idee habend. Emelia starrte ihn an und hetzte neben ihm die Treppe hoch.
„LOS! Zünde ihn an!“, befahl Seno eindringlich, aber mit leiser Stimme, kaum daß sie den kurzen Gang nach draußen passiert hatten. Er sah Emelia zögern, sie hatte auch die zwei, nein drei Wachen vorm Kloster erspäht und wollte sicherlich diese mit Feuer eindecken.
„Emelia!“, eine letzte, verzweifelte Aufforderung und die Feuermagierin warf zwei Bälle genau vor ihnen ins Unterholz des nahen Waldes. Um sicher zu gehen packte Seno nun Emelia an den Oberarm und zog sie mit. Mitten aufs Feuer zu, während die drei Wachen aus Schreck vor den Feuerbällen kurz ein Stück weg flohen. Seno wußte aber, daß die Wachen sicherlich sich bald anders besinnen und sie angreifen würden.
„Ins Feuer?“, schrie Emelia eher verwundert als panisch aus. Seno schwieg, ließ Emelia los und rannte ins Feuer rein.
38
Als sie die Wache auf dem Gang hörte, schloss sie die Tür wieder. Nach einigem mühsamen Warten gelang die Flucht aus dem Raum recht gut. Unbehelligt erreichten sie das Erdgeschoß. Als Fluchtweg schlug Seno eine umgekehrte Reihenfolge vor. Emelia hatte keine blasse Ahnung, wovon er da sprach, gab aber nur zu, dass sie nicht durch den Keller finden würde. Als er die Klostermauer erwähnte, ahnte sie was er meinte mit diesem Fluchtweg. Doch der Nekromant hatte Willem vergessen. Als sie ihn darauf ansprach, begann der Jäger einen Satz, nur um ihn gleich wieder abzubrechen. Seno sah an ihr vorbei. Seinem Blick folgend entdeckte sie einen alten Bekannten. Verärgert sagte sie: „Du?“ Dieser verfluchte Jargon musste aber auch immer im falschen Augenblick auftauchen. Jargon fing sich etwas früher wieder, betitelte sie laut rufend als Diebe und entriss Seno blitzschnell das Buch. Sie wollte es nun beenden. Ein für alle Mal. Der Feuerball zwischen ihren Händen wuchs bereits. Jargon hatte nur das Buch in der Hand, um das es ihr fast einen Augenblick lang Leid tat. Kurz bevor sie den Feuerball warf, wurde sie an der Schulter herum gerissen. Senos Blick machte ihr klar, dass sie jetzt laufen sollte. Mittlerweile war es wahrscheinlich wirklich an der Zeit. Gleich musste Jargon auch seinen Feuerball bereit haben. Verdammt! Also lief sie, ohne sich noch mal umzusehen, hinter dem Jäger her.
Missmutig schimpfte sie während des Laufens: „Ich hätte ihn töten können.“ Doch der Jäger verstand anscheinend nicht, was sie meinte. Sie hatte die einmalige Chance gehabt, Jargon zu schlagen. Der Nekromant sah in ihm anscheinend nur einen normalen Gegner. Er ahnte nichts von dem Potential, das der Pyromant hatte.
Der Feuerball in ihrer Hand versuchte sich ständig selbstständig zu machen. Mühsam hielt sie ihn unter Kontrolle und lief so schnell dabei weiter, wie sie konnte, ohne den Ball zu verlieren. Nur ungern hätte sie in dieser Situation einen Feuerball unkontrolliert verloren. Der Ball war schon so groß. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, was passierte, wenn er aus Versehen den vor ihr laufenden Jäger traf. Sie suchte nach einer Möglichkeit, wie sie diesen Ball so schnell wie möglich loswerden konnte. „Behalt Dein Feuer und wirf es dem Ersten entgegen, der Magie wirkt.“, schlug Seno unwissend vor. Er ahnte wohl wirklich nicht, wie anstrengend es war, mit einem so großen Feuerball in der Hand herum zu laufen. So keuchte sie ein „Schon klar“ heraus und bemühte sich weiter. Wenn er es nicht wusste, wollte sie auch nicht zugeben, dass es anstrengend und riskant war.
Dann lief er auch noch in den Keller. „Wieso Keller?“, brachte sie nur noch heraus. Senos folgender Erklärung konnte sie kaum folgen. Sie hätte doch auch ihren Feuerball nach hinten schleudern können. Dann wäre sie die Last auch endlich los geworden und hätte damit auch ihre Verfolger aufgehalten. Doch keuchend hinterherlaufend hatte sie nicht mehr genug Luft, um sich mitzuteilen. ‚Endlich, die Treppe.’, dachte Emelia, als Seno vor ihr die Kellertreppe hoch lief. Der Feuerball entwickelte mittlerweile ein fast bedrohliches Eigenleben. Als der Nekromant sie aufforderte, den Wald anzustecken, konzentrierte sie sich darauf, den Ball zu kontrollieren. ‚Warum den Wald? Warum nicht die Verfolger, oder die Wachen da drüben?’, dachte Emelia noch immer außer Atem. Ihr Puls raste und ihr Atem ging schwer. Konzentriert atmete sie einmal tief durch. Diesen Ball hatte sie eindeutig zu lange mit sich herum getragen. Mit einiger Anstrengung schaffte sie es, ihn in Richtung Wald zu lenken. Der Ball hatte sich gespalten und so schlugen jetzt zwei Bälle im Unterholz ein. Glücklicherweise hatten beide ihr Ziel getroffen.
Erleichtert, diese Last nun los zu sein, blieb sie kurz stehen und versuchte nur ruhig zu atmen. Ihren Arm packend zog der Nekromant sie in Richtung des Feuers. „Ins Feuer?“, fragte sie ihn erstaunt. Wie wollte er da hindurch kommen? Sie hatte ihren Schutzschild, doch er?
Da ließ er sie los und rannte in das Feuer. Vor Schreck hielt sie die Luft an. Was in Pyrrus Namen tat er da? Er hatte doch gar keinen Schutz vor den Flammen. Sie aktivierte ihren Schild und folgte dem Jäger schnell. Warum rannte er nur so schnell? Emelia kam kaum hinterher. Schwer atmend lief sie hinterher. Die Flammen hatten sich noch nicht weit in den Wald hineingefressen. So waren sie nach wenigen Schritten hindurch. Daran hätte sie auch gleich denken können. Doch hätte sich ihr Feuerball nicht geteilt, wäre das Feuer deutlich größer ausgefallen. Ein bisschen Glück kann nie schaden. In dem Fall wäre er hoffentlich nicht dort hindurch gelaufen.
Zwanzig Meter weiter blieb Emelia kurz stehen, um zu verschnaufen. Sie warf einen Blick zurück. Hinter ihnen loderte der Wald jetzt auf. Rauch stieg hoch in den Himmel. Auch wenn der Wald hier bisher noch nicht brannte, bald würde er es. Ein Stück tiefer im Wald hielt auch Seno inne und rief ihr gestikulierend zu, dass sie weiterlaufen sollte. Ihre Verfolger waren bestimmt nicht weit. Die Pyromantin nickte. Mit einigen Gesten verbreiterte sie die Feuerwand etwas, bevor sie sich wieder der Flucht hingab.
Neben ihr schlug etwas hart in den Boden ein. Ein dampfender Eisklumpen lag dort halb im Boden versunken. Das motivierte sie noch schneller weiter zu laufen. Weitere Eisklumpen schlugen in der näheren und weiteren Umgebung ein. Hinter ihnen begann es zu regnen. Als sie nicht mehr konnte, hielt Emelia wiederum kurz an, um mit einigen kleinen Feuerbällen den Wald an mehreren Stellen zu entzünden. Dann lief sie weiter. Wo war Seno? Sie konnte ihn nicht sehen. Wo war er hin? Sie lief einfach geradeaus weiter. Plötzlich hörte sie eine Stimme von der Seite: „Halt! Nicht dort entlang! Hierher.“ Verwirrt blieb sie stehen. Seno stand hinter einem Busch und wies ihr den Weg. Dann verwischte er ihre Spuren. „Dort habe ich eine Kleinigkeit vorbereitet, die uns hoffentlich etwas Zeit verschafft. Nun weiter.“, erklärte er kurz. Die Pyromantin nutzte die kurze Pause zum Verschnaufen. Danach liefen sie weiter. Die Magier, die sie verfolgten schienen ebenfalls nicht in bester Form zu sein, da sie anscheinend nicht näher kamen.
Auf ihrer Flucht hinterließen sie weitere Fallen, um ihre Verfolger aufzuhalten. Irgendwie kam sich die Pyromantin dabei überflüssig vor. Bei den Fallen konnte sie dem Jäger kaum helfen. Beim Laufen hielt sie ihn auch nur auf. Während Seno eine weitere Falle vorbereitete, sah sie missmutig in den Wald. Langsam erholte sie sich von den Strapazen ihrer anfänglichen Flucht mit dem Feuerball in den Händen. Warum hatte sie sich darauf nur eingelassen? Es war eine blöde Idee gewesen. „Was ist?“, fragte Seno. „Was soll schon sein.“, antwortete Emelia etwas patzig. Mist. Das hatte sie nicht gewollt. Immerhin konnte Seno nichts dafür. „Na ja, Du siehst nicht besonders glücklich aus.“, meinte er und schwieg dann. Zerknirscht sah sie zu dem Jäger hinüber. Emsig arbeitete er an der Falle. Leise gab sie schließlich zu: „Ich fühle mich hierbei etwas überflüssig.“ Fragend blickte er auf. „Tja. Du führst uns hier heraus, Du baust Fallen für unsere Verfolger, Du verwischt unsere Spuren. Und was mache ich? Ich halte Dich nur auf.“, brach es schließlich aus ihr heraus. Perplex sah er sie an: „Du kannst…“ Sie unterbrach ihn: „Oh, klar, ich kann den Wald anzünden. Toll. Und damit alle mühsam gebauten Fallen wieder vernichten.“ Auf wen war sie hier eigentlich sauer? Auf sich selbst? Anscheinend. Vorsichtig begann Seno: „Du könntest ja wieder einen Feuerball vorbereiten. Für den Fall, dass unsere Verfolger näher kommen…“ Erneut unterbrach sie ihn, doch diesmal barscher: „Nein. Ganz bestimmt nicht.“ Wieder herrschte Stille. Zerknirscht sah sie in den Wald. Statt dieser Antwort hätte sie ihn genauso gut schlagen können. Er wusste doch gar nicht… Reumütig drehte sie sich wieder um. Entschuldigend sagte Emelia leise: „So leicht, wie es aussah, war es nicht. Es ist ziemlich anstrengend und riskant mit einem Feuerball länger herumzulaufen. Ich wollte Dich nicht so anfahren. Es tut mir Leid.“
39
Freudig um sich schlagend, empfingen ihn die Flammen. Wie eine eifersüchtige Frau umschmeichelten sie ihn und gruben sich in sein Fleisch ein.
Seno ignorierte seine neue Freundin und lief weiter, bis er sie hinter sich gelassen hatte. Stoppend besah er sich, ob ein Teil seiner Kleidung Feuer gefangen hatte. Da dies nicht so war sah er zurück. Er sah, daß Emelia sicher durch die Flammen gekommen war und rief ihr zu sich zu beeilen. Ihr waren sie nicht lange sicher und wie um seine Worte zu bekräftigen flogen die ersten Eisspitzen durch die Flammen während sich eine unheimliche dunkle Wolke über der Gluthitze wider jede Logik formierte.
Nun begann wieder eine aufregende, ja elektrisierende Zeitspanne. Die Jagd aus Sicht der Beute. Wieder einmal fühlte sich Seno stimuliert, ja geradezu begeistert. Aufgeregt versuchte er alles möglich zu machen seinen Verfolgern zu entkommen.
Sie waren noch nicht wirklich weit gekommen, da fing Emelia an, sich selbst zu bemitleiden. Sie, ihre einzige Waffe im Kloster fühlte sich nutzlos hier im Wald. Sie begriff nicht, daß es völlig ausreichend ist für den Schutz einer Gruppe zu sorgen. Niemals konnte einer alleine alle Aufgaben einer Gemeinschaft gerecht werden. Sie brauchte vielleicht nur aufpassen und zum Kampf bereit sein. Aber wenn sie dies nicht machen würde, wäre der erste Kampf der letzte Kampf.
Seno wollte sie etwas ablenken und schlug vor einen Feuerball zu formen um schnellstmöglich einsatzfähig zu sein, doch Emelia, nachdem sie ihn beschimpft und dich dafür entschuldigt hatte, erklärte, daß dies für Feuermagierin nicht möglich sei. Anscheinend verlangte die Aufrechterhaltung des Feuers eine zu hohe Konzentration.
„..tut mir leid.“, beendete Emelia ihre Ausführung. „Leid? Wieso? Weil du nicht gegen deine Magie arbeiten kannst? Ich hatte nur einen Vorschlag. Du bist die Meisterin in deinem Fach und nicht ich. Du bist sicherlich nicht nutzlos. Wer hatte den die einzige Waffe im Kloster? Ich hatte nur einen Bogen ..gegen Magier. Was glaubst du, wie in einem echten Kampf ich dagestanden hätte mit meinem kleinen Holzbogen? Jeder tut das, was er am besten kann und so ergänzt sich eine Gemeinschaft. Hier bin ich es, der was kann und du siehst zu. Doch bald schon werden sie uns ein holen. Dann können wir beide was tun: Kämpfend untergehen.“ „Du glaubst, sie holen uns ein?“, fragte Emelia skeptisch, die Falle betrachtend. „Wie viele waren im Kloster. Wie viele von denen konnten Magie?“, fragte Seno und Emelia verstand. Kein Fliehender und sei er auch noch so begabt, konnte einer jagende Magierhorde entkommen. „Und wieso versuchen wir dann sie auf zu halten? Um Zeit für eine Strategie zu haben?“ „Siehst du, du bist doch nicht überflüssig.“, grinste Seno schelmisch und auch Die Magierin mußte nun lächeln.
Wenig später, sie waren gerade dabei ein gutes Stück zu laufen, sprach Seno: „Von hier ist es fast gleichweit nach Ergotar und nach Ametar. Wohin sollen wir uns wenden?“ „Ergotar. Da finden wir mehr Hilfe.“ „Einverstanden, auch wenn ich nicht glaube, daß wir so weit kommen werden.“, stimmte Seno zu. „Wir brauchen ein paar Leichen.“; erklärte Emelia würgend, als hätte sie unverdauliches im Mund. Seno grinste: „Ja. Können wir ein paar Reisende um Hilfe bitten? Wir kommen an ein paar gut besuchten Wegen vorbei. Die sind zwar..“ „Nein,“, warf Emelia ein: „Keine Unschuldigen opfern.“ „Gut, aber wie dann? Ein Hinterhalt wäre ja nett. Aber zu Zweit würden sie unseren Hinterhalt überrennen.“ Schweigend stoppten sie und Seno holte wieder etwas Faden aus einen seiner Beutel raus um eine weitere Falle zu konstruieren.
„Was denkst du, wie lange es dauert, bis sie uns eingeholt haben?“, wollte die Magierin wissen, als Seno die Falle fertig gestellt hatte. „Hmm, mich würde es wundern, wenn wir die Nacht noch erleben.“, antwortete Seno trocken. Emelia schluckte. „Aber noch..“ „Heyda!“
Seno und Emelia zuckten zusammen als wären sie vom Blitz getroffen. Sie starrten sich kurz an. „Dreht Euch um, Gesindel.“, erklang eine tiefe Stimme seitlich hinter ihnen. Seno hob beschwichtigend die Hand und schüttelte den Kopf um Emelia von überhastenden Schritten zurück zu halten. Sie drehten sich wie verlangt um.
Ein wild zusammengewürfelter Haufen Männer stand da. Neben ihnen lagen Gepäckrollen und leere Weinbeutel. Seno grinste erleichtert, was die mit Bögen, Schwertern und Dolchen bewaffneten Männer sichtlich verwirrte. Auch Emelia kicherte erleichtert auf.
„Gebt uns alles.“, verlangte da ein wild aussehender großer und stämmiger Mann mit einem Dolch in der Hand, fast so lang wie ein Schwert, aber über und über mit Scharren versetzt. Da lachte Seno auf einmal laut auf, bekam einen richtigen, befreienden Lachanfall. Die Männerschar wirkte sichtlich verwirrt. „Seno. ..Seno!“, rieft Emelia mahnend: „Sie sind immerhin bewaffnet.“ „Ja und?“, kicherte Seno.
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Nun musste auch Emelia lachen. Sie hatte sich so nutzlos gefühlt. Aufmunternd hatte Seno ihr begreiflich gemacht, dass sie doch nicht so überflüssig war, wie sie geglaubt hatte. Und wie bestellt, kam der Kampf zu ihnen. Die Diskussion, woher sie Leichen zur Verteidigung her nehmen sollten, war mit einem Schlag hinfällig. Mit ihrem Lachen schienen sie die Männer ziemlich zu verunsichern. „Alles wollt ihr?“, fragte Emelia sichtlich erheitert. Einer der Männer schien neuen Mut zu fassen: „Ja. Ja! Nun gebt schon her!“ Drohend schwang er sein kurzes Schwert hin und her. Mit einem fiesen Grinsen antwortete die Pyromantin: „Seid vorsichtig, was ihr euch wünscht. Ihr könntet es bekommen.“ Sie genoss die Situation geradezu. Der Schwertträger kam zur Antwort einen Schritt auf sie zu und versuchte eine andere drohende Geste. Die anderen hatten Seno und sie in der Zwischenzeit umzingelt. Theatralisch baute sie sich auf und hob die Arme. Um den Effekt noch zu steigern, murmelte sie etwas so laut, dass die Angreifer es gerade so hören konnten. Rasch schuf sie in jeder Hand einen Feuerball und warf sie. Er hätte nicht so unverschämt fordern sollen. Der Unvorsichtige wurde voll getroffen und flog in hohem Bogen krachend auf den Rücken. Regungslos blieb er liegen. Einen zweiten Angreifer hatte sie mit dem anderen Feuerball getroffen. Ein Pfeil sirrte an ihr vorbei und traf einen Angreifer, der seinen Bogen bereits gespannt hatte. Um nicht getroffen zu werden, ließ sie sich schnell zu Boden fallen. Im Knien warf sie die nächsten Feuerbälle. Einer traf gerade noch so einen Flüchtenden. Der andere ging daneben und entzündete einen kleinen entfernten Baum. Für eine Verfolgung hatten sie leider nicht genügend Zeit. Außerdem waren diese Wegelagerer bestimmt schneller als sie.
Stolz erhob sie sich. Das war jetzt egal. Sie genoss den errungenen Sieg. Langsam schritt sie auf den Angreifer zu, der so unvorsichtig fordernd gewesen war. Seine Kleidung hatte sich entzündet, doch da er durch die Wucht des Treffers wohl das Bewusstsein verloren hatte, hatte er auch nicht gemerkt, wie er starb. „Da hast Du alles.“, sagte sie triumphierend: „Zufrieden?“ Grinsend drehte sie sich zu Seno um. Der sah sie etwas seltsam an. Doch davon ließ sich Emelia nicht irritieren. „Hier sind Deine Leichen.“, stellte sie fest und fügte erfreut hinzu: „Und wir mussten keine Unschuldigen dafür töten.“ Dann sah sie sich in Ruhe um. Den Fliehenden hatte sie wohl auch voll erwischt. Auch er rührte sich nicht mehr. In dem dritten Angekokelten steckte zusätzlich ein Pfeil. Zwei weitere Tote lagen im näheren Umkreis. Auch sie hatten nähere Bekanntschaft mit dem einen oder anderen Pfeil gemacht. Auch Seno grinste nun breit: „Ja. Danke.“ Emelia sah zu, wie er die ehemaligen Angreifer wiedererweckte, einen nach dem anderen. Es sah schon unheimlich aus, als sich der Unvorsichtige, dessen Tod sie gerade überprüft hatte, sich wieder bewegte. Langsam stand er auf. Emelia schluckte. Rasch entfernte sie sich aus dem Kreis der Erwachenden. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Nun grinste sie auch nicht mehr. Dieser Moment gehörte ganz dem Nekromanten. „Was machen wir jetzt mit ihnen?“, fragte sie, nur um die unheimliche Stille zu brechen.
41
Verwundert sah der Nekromant die Feuermagierin an. Zuerst tat sie etwas panisch um der Gruppe, die ihnen aufgelauert war, doch von einem Augenblick zum anderen mutierte sie zu einer Furie, die die Angreifer in ihre Schranken wies. So langsam wurde aus der Bücher lesenden Magierin eine wahre, skrupellose aber ehrbare Kampfmagierin, stellte Seno anerkennend fest.
Es war nur ein kurzes Kucken und die Gruppe, welche noch überlegte an zu greifen, war schon tot. Eigentlich war es nicht die Art, die Seno gut heißen konnte, doch im Stillen waren Emelia und er sich darüber im Klaren, daß jetzt der unpassenste Zeit für eine Störung war. Sie durften sich nicht aufhalten lassen!
Wieder einmal stellte Seno fest, wie einfach es war einfache Menschen zu beleben. Es war ein seltsames Gefühl. Einerseits haßte er seine Fähigkeiten, seine Andersartigkeit und doch. Da war wieder dieses Gefühl. Ein warmes Kribbeln. Wieso mußten die Menschen ihn und seine Art nur so fürchten? Er las es in Emelias Augen, ihr ganzer Körper verkrampfte sie, wie die Toten sich erhoben. Sie mußte wissen, daß er sie steuerte. Trotzdem war da nur Angst. Langsam wich sie aus dem Kreis der Wiederbelebten. So tapfer sie auch war, so viel sie ihm nun auch traute. Seine Fähigkeiten konnte selbst sie nicht akzeptieren, sie die mit der Macht des Feuers gesegnet war.
„Was machen wir jetzt mit ihnen?“ Mit dieser Frage holte Emelia Seno aus seinen Gedanken zurück. „Das ist eine gute Frage. Mitnehmen kann ich sie wohl kaum. Wir werden noch eine gute Strecke an einem Reichsweg langgehen.“, Seno mußte bei der Vorstellung kurz kichern, ehe er wieder ernst wurde. „Andererseits kann ich sie nur über eine begrenzte Entfernung kontrollieren. Außerdem können sie sich nur einfache Befehle merken. Ich kann ihnen also nicht einfach unsere Verfolger beschreiben und sagen, sie sollen nur die angreifen.“ Beide dachten kurz nach, ehe Emelia meinte: „Entscheide dich. Wir sollten weiter.“ „Hab ich schon. Wir nehmen sie mit und suchen eine Stelle für einen Hinterhalt.“ „Wo sie dann jeden angreifen? Versteh ich das richtig?“ „Ja, tust du. Es darf also nicht nah an einem Reichsweg sein. Wenn ich dann weit von ihnen bin, fallen sie einfach wieder in sich zusammen.“ Emelia sah ihn etwas sonderbar an, schwieg aber und machte sich dran vor zu gehen.
Die Räuber nahmen ihre Waffen auf und trotteten hinter dem Nekromanten her.
Schweigend beeilten sie sich. Seno führte sie abseits aller Wege um die Wiederbelebten so lange wie möglich bei sich zu behalten.
Bald erreichten sie einen kleinen Pfad neben einem Fluß. Seno stoppte. „Ich denke hier wird es gehen.“ „Auf einem Weg? Wenn nun Unschuldige hier lang gehen?“ „Es ist nur ein Trampelpfad und die kommen sicherlich bald hier hin. Außerdem ist die Lage doch perfekt. Ich sehe keine Möglichkeit diese enge Stelle zu umgehen.“ „Trotzdem, mir ist nicht wohl bei der Sache. Kannst du ihnen nicht befehlen nur Magier an zu greifen?“ „Nein, das geht nicht. Aber ich könnte ihnen befehlen, mitten im Weg zu stehen und nur den an zu greifen, der auf ein paar Meter an sie heran kommt.“, überlegte sich der Nekromant. „Hört sich gut an, aber dann werden sie kurzerhand aus der Ferne beseitigt.“, warf Emelia bedenkend ein. „Oder du versteckst zwei dort. Dann kann jeder fliehen, der sie sieht oder wird aus dem Hintergrund angegriffen.“, sprach Emelia weiter. Seno besah sich die Lage, was seine Kameradin meinte. Durch Buschwerk kann man den ganzen Pfad lang sehen. Um aber für Magie gänzlich freie Bahn zu haben, mußte man schon ein gutes Stück des Weges gegangen sein, gerade bis auf der Höhe eines ausladenden Buschwerkes. Die Idee war gut. Seno schickte seine Wiederbelebten los. Wie abgesprochen gingen zwei, die Dornen im Busch ignorierend, ins Blätterwerk um sich dorthin zu hocken. Die Restlichen blieben mitten auf dem Weg stehen.
„Komm.“ Sie marschierten weiter. Hinter der nächsten Wegbiegung gab Seno noch gerade den letzten Befehl, ehe er zu Emelia aufschloß und die Falle zurück ließ.
„Wie weit reicht deine Kontrolle?“, fragte Emelia, als sie eine Wiese passierten. „Ich bin mir da nicht ganz sicher. Hab es nie ausgelotet, denke aber es wird nicht mehr lange halten. „Dann sollte uns schnell was einfallen. Deine normalen Fallen kennen sie sicherlich schon auswendig.“ Seno gab Emelia recht. Er hatte ihren Verfolgern nun alle in der Eile möglichen Fallen gestellt. Sicherlich werden sie nicht noch mal auf die reinfallen. „Dann laß uns jetzt zum Reichsweg gehen. Da geht es sich schneller und im Schutz der anderen Reisenden haben wir vielleicht noch etwas mehr Zeit.“ „Einverstanden. Aber wo ist hier ein Reichsweg?“ „Na dort.“, kicherte Seno und wies in eine Richtung. „Sicher?“, fragte Emelia skeptisch, ging aber schon los. „Ganz sicher.“, Seno konnte sich auf sein Orientierungssinn verlassen.
Wenige Minuten später, sie durchbrachen gerade eine Reihe von Tannen, lag quer vor ihnen ein Reichsweg, gut an dem perfekten Ausbau zu erkennen.
„Bammla zum Gruße“, sprach sogleich Emelia einen Wanderer an, der den Gruß erwiderte. „Sagt, ist der Weg frei und ein gutes Vorwärtskommen gesichert?“ Seno schmunzelte. „Ja, der Weg ist frei. Möget ihr eine gute Reise haben.“ „Ihr auch.“, bedankte sich Emelia und sah Seno an, der noch immer schmunzelte. „Was?“, fragte sie leicht genervt. „Wir müssen in die Richtung.“, Seno wies in die Richtung, wo der Wanderer hin marschierte.“ „Wirklich?“ „Ja, da hinten macht der Weg einen Knick in die richtige Richtung.“ Wütend drehte sich Emelia um und ging in die falsche Richtung los. Seno schaute ihr verständnislos hinterher, doch Emelia ging nur zu einem Pärchen mit einem Esel und sprach diese an.
Das Pärchen drehte sich um und Seno erschrak. Es war kein Pärchen, sondern zwei Männer. Einer der Beiden kannte er sogar. Es war der Priester, den sie kurz vor Ametar aufgelesen hatten.
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Nachdem sie beschlossen hatten, was mit den Leichen der Räuber geschehen sollte, nämlich, dass sie die Wiederbelebten als Falle für ihre Verfolger zurücklassen wollten, begaben sie sich auf direktem Weg zum Reichsweg, der hier, laut Seno, in der Nähe entlang führte. Bei der Besprechung, die zu diesem Entschluss geführt hatte, hatte Emelia allerlei Interessantes über Nekromantie erfahren. So schien die Wirkung auf eine gewisse Distanz vom Anwender begrenzt zu sein. Außerdem hatte Seno zugegeben, dass er den Wiederbelebten nur einfache Befehle geben konnte. Dieses Wissen würde ihr vielleicht eines Tages weiterhelfen. Leider wusste die Pyromantin nicht, ob das nun allgemeine Beschränkungen der Nekromanten waren, oder nur Senos spezielle Beschränkungen, da er keine vollständige Ausbildung genossen hatte. Grübelnd beobachtete sie den Nekromanten eine Weile. Ob sie erkennen konnte, wann er die Kontrolle über die Leichen verlor? Sie bezweifelte es. Doch neugierig, wie sie war, bemühte sie sich, darauf zu achten.
Glücklicherweise wusste Seno die kürzeste Strecke zum Reichsweg. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie den Weg betraten. Etliche Reisende waren hier unterwegs. Da vor ihrer Nase gerade ein Mann mit einem schweren Rucksack auf dem Rücken entlangging, grüßte Emelia diesen höflich und erkundigte sich danach, ob der Weg frei und sicher war. Stolz auf sich, dass sie sofort daran gedacht hatte, drehte sie sich zu Seno um, der nur da stand und grinste. Was war jetzt schon wieder? Sie kniff die Augen leicht zusammen und fragte: „Was?“ Daraufhin machte sie Seno darauf aufmerksam, dass sie in die gleiche Richtung mussten, wie jener Wanderer. Immer wusste er alles besser. Sie hatte es satt. Rasch blickte sie sich um. Da waren noch zwei Reisende, die aber aus der Richtung kamen, in die sie nun wollten. Nur hatten diese sie schon passiert. Zehn Meter den Weg zurück wären eventuell wichtige Informationen schon wert. Also ging sie entschlossen auf die Reisenden zu. Es schienen ihr Händler zu sein, da sie einen bepackten Esel mit sich führten.
Noch während sie sich den beiden näherte, begrüßte sie die Reisenden mit: „Bammla zum Gruße.“ Auch sie fragte sie, ob der Weg sicher und frei war. Als sich die beiden ebenfalls grüßend zu ihr umdrehten, hätte sie am liebsten mit den Augen gerollt und wieder kehrt gemacht. Doch die pure Höflichkeit zwang ihr ein Lächeln heraus. Das war ja schon wieder dieser nervige Priester. „Möge Obwagt euren Weg segnen.“, fügte der Priester seinem Gruß hinzu. Er musterte sie kurz und schien sie leider auch wieder zu erkennen. „Seid ihr einem Kloster beigetreten?“, fragte er erstaunt. Der mit ihm Reisende schwieg und schien keinen großen Gefallen daran zu finden, aufgehalten zu werden. Er drängte zum Weitergehen. Doch der Priester ließ sich nicht beirren. „Äh“, Emelia wusste zunächst nicht, worauf er damit anspielte, bis ihr einfiel, dass sie noch immer die Mönchskutten trugen. Daher stammelte sie: „Nein, ähm, die Mönche hier haben uns mit etwas Kleidung ausgeholfen, unsere war… äh…zerrissen und nass…“ Verstehend nickte der Priester. Es schien ihn sowieso nicht besonders zu interessieren. Redselig ging er nun auf Seno zu, um auch ihn zu begrüßen. Emelia fühlte sich etwas mies dabei, den Nekromanten nun seinem Schicksal zu überlassen, doch sie war froh, dass der Priester sie nicht mehr zutextete.
Der andere Reisende schien nervös zu sein. „Kommt ihr von Ametar?“, fragte sie ihn ruhig. „Ich komme aus Richtung Ergotar. Diesen Priester traf ich unterwegs.“, antwortete er leise. „Welch eine Reisebegleitung. Übrigens, ich heiße Emelia und mein Begleiter Seno.“, lächelte Emelia leise. Nun lächelte auch der Fremde und stellte sich ebenfalls vor: „Oh, wie unhöflich von mir. Man nennt mich Ricaar. Ich bin ein reisender Händler. Benötigt ihr vielleicht irgendetwas?“ „Wenn ihr so fragt, ja. Hättet ihr einen grünen Umhang für meinen Begleiter und einen grauen für mich?“, begann Emelia den Händler in ein Gespräch zu verwickeln. Nach etwas Handeln hatte sie für ihre Verhältnisse recht günstig zwei Umhänge erstanden. Diese wären bestimmt weniger auffällig, als die Mönchskutten. Außerdem hatte sie so das Vertrauen des Händlers gewonnen. Das Plappern des Priesters ertönte nahezu ununterbrochen. Seno tat ihr mittlerweile richtig Leid. Emelia überlegte kurz, ob sie den Händler nach magischen Zutaten fragen sollte. „Ihr wollt in Richtung Ergotar?“, fragte Ricaar jetzt vorsichtig. „Ja.“, bestätigte ihm die Pyromantin, in ihrem Gedankengang unterbrochen. „Weshalb fragt ihr?“, wurde sie neugierig. Der Mann neigte sich näher zu ihr hin und sagte leise: „Nun, in der Richtung treiben sich viele Magier herum. Ihr solltet vorsichtig sein.“ Nun war Emelia froh, nicht nach Zutaten gefragt zu haben. Dem Tonfall zu entnehmen, war dieser Händler nicht besonders gut auf Magier zu sprechen und fürchtete sich anscheinend. „Ich denke, hier braut sich etwas zusammen. Eine so große Gruppe von diesen ungestümen Leuten bedeutet sicherlich nichts Gutes. Einer alleine ist ja schon schlimm, gefährlich und unberechenbar. Aber eine Gruppe? Ich möchte möglichst schnell möglichst viel Strecke zwischen mich und dieses Risiko bringen, das versteht ihr sicher.“, warnte Ricaar die Pyromantin eindringlich. Sie nickte scheinbar verständnisvoll. Dieser Ricaar schien wie im Feuer zu sitzen. Eilig verabschiedete er sich von ihr und ging bereits mit seinem Esel weiter.
Die Pyromantin hielt zwei Umhänge im Arm und ging auf Seno und den immer noch redenden Priester zu. „Entschuldigt, dass ich euch unterbreche“, platzte sie in das Gespräch: „doch Eure Begleitung scheint es eilig zu haben.“ Damit wies sie in Richtung des sich entfernenden Händlers. Glücklicherweise verabschiedete sich auch der Priester nun rasch und folgte Ricaar. Erleichtert lächelte Seno sie an. „Entschuldige, dass ich den Priester bei Dir abgeladen habe.“, meinte Emelia um Entschuldigung bittend lächelnd. „Doch dadurch konnte ich mich in Ruhe mit Ricaar unterhalten.“, fügte sie erklärend hinzu. „Kein Problem, er war noch zu ertragen.“, lächelte Seno und fragte neugierig: „Und was hast Du erfahren?“ Emelia sah den beiden Reisenden kurz hinterher, um zu sehen, ob sie außer Hörweite waren. Als sie sich wieder Seno zuwandte, bemerkte sie, dass er auf die Umhänge sah. „Oh, Ricaar ist ein reisender Händler. Ich habe ihm Umhänge für uns abgekauft.“, erläuterte sie kurz. Seno schwieg. „Na ja, ich dachte mir, die sind weniger auffällig, als die Mönchsroben.“, fügte sie hinzu. Mittlerweile überlegte sie etwas verunsichert, ob das wirklich nötig gewesen war. Doch es war nun geschehen und nicht mehr zu ändern. Also reichte sie mit einem Schulterzucken Seno wortlos den grünen Umhang. Dann berichtete sie endlich von dem, was sie vom Händler erfahren hatte. Aufgeregt sagte sie: „Ricaar kommt aus der Richtung von Ergotar. Er berichtete, dass sich hier eine Gruppe Magier herumtreibt.“ So wie Ricaar die Magier beschrieben hatte, vermutete sie, dass es sich bei dieser Gruppe um Feuermagier handelte. Ihre Wangen erhitzten sich vor lauter Aufregung. Hatte ihre Nachricht den Orden erreicht? Brachten sie die ersehnte Rettung und Hilfe? Grinsend platzte nun diese Vermutung aus ihr heraus: „Ich denke, das könnten Magier von meinem Orden aus Ergotar sein. Er beschrieb sie als ungestüm, gefährlich und unberechenbar.“ Nun grinste auch Seno.
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„Ja, genau so ist es.“, erwiderte Seno zustimmend, als Emelia auf einmal da war und dem Priester erklärte, daß seine Reise weiterging. Sie entschuldigte sich, daß sie ihn bei ihm gelassen hatte. Seno sagte höflich, dass das in Ordnung war, doch denken, tat er anders. Emelia berichtet nun von ihrem Gespräch mit dem anderen Reisenden, den sie Ricaar nannte. Grinsend lauschte er ihrer Beschreibung, nach der eine wilde Horde von Magiern hier wohl ihr Unwesen trieb. Sie vermutete es war die Hilfe, die sie vor Tagen angefordert hatte.
„Dann laß und nachsehen. Aber zuvor, kannst du ein Schutzschild gegen Feuer um mich legen?“, fragte Seno nach. „Wieso? Das sind meine Ordensbrüder und –Schwestern. Glaubst du, die tun dir was an?“ „So wie du sie beschreibst: ja.“ Emelia atmete tief durch. „Einverstanden, aber nur, damit du Ruhe gibst.“ Seno spürte keine Veränderung um sich, obwohl Emelia sich eine Weile konzentriert hatte. Ob sie wirklich einen Teil ihrer Kraft für einen Schutzschild verwendet hatte, würde er wohl nie erfahren.
Sie machten sich auf den Weg. „Wie finden wir die Gruppe? Dem Weg einfach folgen, oder hast du eine bessere Möglichkeit?“, fragte der Nekromant nach ein paar Metern. „Einfach dem Weg folgen. Ich werde sie sicherlich bald spüren und sei es nur die Stelle, an der sie den Weg verlassen haben.“ „Gut.“ Sie gingen ein paar Meter schweigend weiter, ehe Seno nachhakte: „Ist es in einem Orden nicht störend, daß man die anderen immer spürt? Mich würde es verrückt machen.“ Emelia lacht. „Wenn du dich nicht darauf konzentriert, spürt du auch keine anderen Magier. Beziehungsweise merkst du teilweise starke Ansammlungen, aber die ignoriert man irgendwann.“ „Interessant.“ Seno verfiel in den Gedanken, warum er keine Magier spürte. Er war auch ein Magier, ein Totenmagier... oder nicht? Sind Nekromanten keine Magier?
Ihnen kamen ein paar Reisende entgegen. Ab und an sah einer so aus, als wäre er ein Magier und Seno war fast drauf und dann ihn an zu sprechen, doch jedesmal ignorierte Emelia die Person, so daß Seno bald aufgab, sich aber wunderte wie viele Reisende hier waren. „Was reisen den hier so viele?“, fragte er spontan einen näherkommenden Mann ungegrüßt. Der gänzlich in beschem Stoff gekleidete ältere Mann erklärte: „Na, die sind sicherlich wie ich alle auf dem Weg zum Fest der...“ „SENO!“ Welches Fest hier war sollte der Nekromant nie erfahren. Emelia rief ihn in diesem Augenblick zu sich. Er folgte hier zu einer Abzweigung, wo ein kleiner Trampelpfad vom Hauptweg wegführte.
„Wieso sollten sie hier hin gegangen sein? Halten die sich versteckt? Wäre recht komisch, da der Weg offensichtlich in die falsche Richtung führt.“, hatte er Einwände. „Sie sind hier lang. Glaub mir.“ „Die Suchen dich. Die sind auf Reittieren. Die würden hier nicht abbiegen.“ „Die sind nicht auf Reittieren. Auf Reittieren jeglicher Art kann man die Spuren von Magie nicht spüren, die sind doch mit der Erde verbunden.“ Mit der Erde verbunden? Nekromanie hat doch auch was mit Erde zu tun. „Und es ist doch egal, warum sie hier abgebogen sind. Sie sind es, also folgen wir ihnen.“ Sie beeilten sich nun der Magischen Spur zu folgen.
„Ist sie den Intensiv? Sind wir noch weit von ihnen weg?“, wollte Seno wissen. Die Situation noch immer nicht ganz verstehend, als es vor ihm hell wird. „Achtung!“, rief Seno erschrocken aus, versuchte aus zu weichen, doch zu spät. Ein großer Feuerball traf ihn mit voller Kraft.
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Erleichtert, dass nun Verstärkung in der Nähe war, wollte Emelia gleich nach den anderen Pyromanten suchen, doch Seno bat darum, dass sie einen Schutzschild gegen Feuer um ihn legen sollte. Wozu das? Sie trafen schließlich nicht auf Gegner. Dem Nekromanten schien das aber wichtig zu sein, und daher ließ sie sich dazu überreden. Allerdings erzeugte sie nur einen schwachen Schild. Was sollte schon passieren?
Danach setzten sie endlich ihren Weg fort. Wenn eine größere Gruppe Pyromanten hier in der Nähe war, würde sie diese bestimmt bald spüren können. Ungewöhnlich viele Reisende kamen ihnen entgegen. Die Pyromantin ignorierte die Leute weitestgehend. Sie waren jetzt unwichtig, darüber könnten sie sich später noch Gedanken machen. Jetzt war es nur wichtig, die Feuermagier zu finden. Da, am Wegesrand war etwas. Grinsend ging Emelia auf einen kleinen Trampelpfad zu, der hier vom Weg abging. Eine ziemlich eindeutige Magiespur folgte hier dem kleinen Pfad. Wahrscheinlich hatte der eine oder andere irgendeinen Schild aktiv. „Hier sind sie abgebogen.“, sagte sie zu Seno. Er antwortete nicht. Als sie zur Seite blickte, musste sie feststellen, dass er gar nicht mehr neben ihr herlief. Suchend sah sie sich um. Sie entdeckte den Nekromanten schließlich im Gespräch mit einem Reisenden vertieft. Das gab es doch nicht! Verfolgt von einer Gruppe irrer Magier, auf der Suche nach einer Gruppe Pyromanten und er plaudert in aller Seelenruhe mit irgendeinem dahergelaufenen Alten! „SENO!“, rief sie ärgerlich. Als er sich endlich zum Anfang des Pfades bequemt hatte, stellte er auch noch in Frage, ob sie hier wirklich abgebogen waren. Wer war denn hier Feuermagier? Er oder sie? Sie versuchte ruhig zu bleiben, als sie ihm antwortete: „Sie sind hier lang. Glaub mir.“ Als er dann erklärte, dass sie auf Reittieren hier nicht abbiegen würden, erkannte sie das Missverständnis, dem er aufsaß. Etwas entnervt wies sie ihn darauf hin, dass die Pyromanten nicht auf Reittieren unterwegs sein würden, da man von dort aus kaum magische Spuren erkennen konnte. Wusste dieser Nekromant denn gar nichts? Wenigstens folgte er ihr jetzt.
Viele Feuermagier vermieden Reittiere, wo es nur ging. Das beruhte auf einer gewissen Gegenseitigkeit. Die meisten Reittiere hatten große Angst vor Feuer und die meisten Pyromanten dachten nicht darüber nach, wenn sie impulsiv Feuer einsetzten. Daher waren die meisten, die versucht hatten, zu reiten, auch schon abgeworfen worden. Das schien der Nekromant nicht zu wissen und Emelia wollte es ihm auch nicht auf die Nase binden. Feuermagier bevorzugten es zu Fuß oder in Karren zu reisen. Doch immer wieder versuchten es einige. Emelia war sich ziemlich sicher, dass sie kein Problem mit einem Reittier hätte. Man musste es schließlich nur vermeiden, auf dem Tier sitzend oder in seiner unmittelbaren Nähe Feuer zu erzeugen. Wie schwer konnte das schon sein? So in Gedanken versunken gingen sie eine Weile den Trampelpfad entlang. Die Spur war so offensichtlich, dass es kein Problem war, ihr zu folgen. Bald müssten sie in der Nähe der Feuermagier sein.
Plötzlich wurde die Spur sehr intensiv. Emelia sah überrascht auf. Ein derartiger Anstieg der Magie hier konnte nur eines bedeuten: Hier wurde gerade Magie gewirkt. Suchend sah sie sich um. Oh, oh. Jetzt war ihr klar, warum der Nekromant einen Schild gegen Feuer haben wollte. Er war ein Nekromant. Sie beeilte sich den Schild rasch zu verstärken. Seno sagte irgendetwas, doch sie durfte jetzt die Konzentration nicht verlieren. Sie machte den Schild so stark sie konnte in der kurzen Zeit, die ihr blieb. Als sie ein lautes ‚WOOOSCH’ hörte, war ihr klar, was da kam. Als Seno „Achtung!“, rief, war es bereits zu spät. Voll wurde er von dem großen Feuerball erwischt.
Die Wucht des Aufpralls riss ihn von den Beinen. Rasch überzeugte sich Emelia, dass ihr Schild stark genug gewesen war. Es schien so, denn Seno brannte nicht. Wahrscheinlich war ihm etwas warm geworden, aber es war wohl nichts Schlimmeres geschehen. Um sich von weitem zu erkennen zu geben, erzeugte sie eine Flamme in ihrer rechten Hand und stellte sich direkt in die Schusslinie. „Halt! Ich bin es! Emelia Falkenheim!“, rief sie laut. Im selben Moment bemerkte sie, dass sie ihren eigenen Schild nicht aktiviert hatte. Blut schoss ihr ins Gesicht. Wie dämlich von mir. Rasch aktivierte sie einen Schild für sich selbst. Mit einem Flirren erschien dieser um sie herum. Mist. Zügig regulierte sie ihn so, dass man ihn nicht mehr so offensichtlich sah. „Emelia! Geh zur Seite! Hinter Dir ist ein Nekromant!“, hörte sie eine vertraute Stimme rufen. „Ich weiß!“, rief sie zurück. In einiger Entfernung standen etliche Feuermagier am Wegesrand. Na ja, am Rand des kleinen Trampelpfades, doch entfernt von Bäumen oder Büschen. Einige hielten verschieden große Flammen in den Händen. „Meister Corvin, lasst mich das erklären! Er ist keine Gefahr!“, rief sie, da sie die Stimme ihres Mentors erkannt hatte. Langsam ging sie auf die anderen Pyromanten zu. Hoffentlich machte Seno hinter ihr jetzt nichts Unüberlegtes. Die Flamme in ihrer Hand ließ sie nun verlöschen. Sicherheitshalber erhielt sie beide Schutzschilde aufrecht.
Eine stattliche Gestalt trat aus der Gruppe hervor und auf sie zu. Er trug einen weiten schwarzen Umhang, unter dem sein rot- und orangefarbenes Gewand hier und da sichtbar war. Die anderen trugen ebenfalls schwarze oder graue Umhänge und Mäntel über ihrer normalen Kleidung. Die vorherrschenden Farben für Alltagskleidung waren schwarz, rot und orange in verschiedensten Mustern. Es war sicherlich eine ungewöhnliche Reisegruppe.
„Ich hoffe, dass Du eine sehr gute Erklärung dafür hast.“, begrüßte ihr Mentor sie. Mit einem gutmütigen Lächeln tadelte er sie danach: „Außerdem hast Du Deinen Schild zu spät aktiviert. Zwei Pyromanten folgten ihm nun. Emelia erkannte Vernon und Locmaar. Beide waren schon älter als sie selbst und bereits ausgebildete Pyromanten. Sie hörte etwas rascheln. Wahrscheinlich wurden sie gerade umzingelt. Als sie sich kurz umsah, bemerkte sie, dass Seno noch hinter ihr war, doch dahinter versperrten zwei weitere Pyromanten den Weg. Zumindest hatte sich die Lage jetzt soweit entspannt, dass sie nicht mehr angriffen. Emelia sah noch mal genauer hin und lächelte froh. Die Feuermagier hinter ihnen waren Meister Marec und Lavina, ihre große Schwester. Dann fiel ihr Blick auf den Nekromanten. Seno schwitzte etwas. Doch Emelia hielt es für besser, den Schild noch aufrecht zu halten. Zumindest bis die Situation sich noch weiter entspannt hatte.
Emelia wandte sich wieder um. „Meister Corvin.“, begrüßte sie ihren Mentor freudig: „Ich gehe davon aus, dass Ihr meine Nachrichten erhalten habt?“ „Ja.“, bestätigte er. Dann stellte sie ihren Begleiter rasch vor, um die noch ziemlich gereizte und geladene Stimmung weiter zu entspannen: „Das ist Seno Baumheiler. Er hat mir unterwegs sehr geholfen und hilft mir bei der Suche nach dem Mörder.“ „Emelia, das ist ein Nekromant.“, betonte Corvin noch mal. Die Luft knisterte förmlich, als ihr Mentor das sagte. „Ja. Und genau das hat mich schon gerettet.“, erklärte sie. Meister Corvin warf nun einen erstaunten Blick auf den Nekromanten. „Hat er das?“, murmelte er leise. „Er ist nicht so, wie die anderen.“, bekräftigte die junge Pyromantin noch einmal. „Und wie viele kennst Du bereits?“, fragte Corvin streng. „Äh. Ich habe jetzt einige getroffen und die anderen haben sich deutlich feindseliger und aggressiver mir gegenüber verhalten.“, meinte sie vorsichtig. „Wir haben jetzt aber nicht so viel Zeit, alles genau auszudiskutieren. Wir haben den Mörder von Marus bereits gefunden.“, platzte es nun aufgeregt aus ihr heraus. Nun bemerkte sie einige gehaltene Feuerbälle um sie herum langsam verlöschen. Neugierig kamen ein paar Pyromanten sogar näher. Emelia redete sich nun langsam in Rage: „Im Kloster Friedensberg hier in der Nähe haben sich viele Magier der verschiedensten Orden versammelt. Unter ihnen ist auch Marus Mörder. Dort wollten sie ein Dokument fertig stellen, welches sie bei Marus entwendet hatten.“ Nun hatte sie Corvins volle Aufmerksamkeit. Die Pyromanten ignorierten Seno nun völlig. „Wir haben das Dokument und werden nun von diesen Magiern verfolgt. Unsere Gegner werden schon früh genug hier eintreffen und Seno gehört bestimmt nicht dazu.“, schloss Emelia ihre kleine Rede.
Mit ernstem, man könnte fast sagen, finsterem Blick schritt Corvin dann auf Seno zu und bestimmte laut: „Nekromant. Wir werden Dich nicht angreifen. Wenn Du jedoch einen Pyromanten angreifst, garantiere ich für nichts. Lass Dir also nichts zu Schulden kommen und Dir geschieht nichts.“ Dann wandte er sich an die Gruppe: „Ich hoffe, das haben alle verstanden.“ Die anderen Feuermagier bestätigten ihm dieses, auch die die weiter entfernt standen. Aus dem Wald links und rechts des Pfades, wo sie sich befanden, erklangen auch Bestätigungen.
Erleichtert atmete Emelia auf. Diese Gruppe war zwar immer noch explosiv, aber Seno stand nun unter dem Schutz von Corvin. Damit hatte er gute Chancen, nicht attackiert zu werden, da die meisten in der Gruppe Corvins Zorn fürchten würden. Sie lächelte dem Nekromanten zu. Der lächelte etwas gequält zurück. In dieser Situation fühlte Seno sich bestimmt nicht besonders wohl. Zumindest würde ihr es im umgekehrten Fall so gehen. Allein zwischen lauter Nekromanten. Das wollte sie sich nicht einmal vorstellen. Deutlich freundlicher sagte Corvin nun zu den Beiden: „Kommt, da vorne ist eine kleine Lichtung. Dort können wir das weitere Vorgehen besprechen.“ Er ging voraus. Da die Situation nun geklärt war, waren auf dem Weg zu der Lichtung einige Begrüßungen angesagt. Einige in der Gruppe waren Schüler mit denen sie schon gemeinsam und auch gegeneinander gelernt hatte. Ein paar ausgebildete Pyromanten und einige Meister waren auch dabei. Da alle aus dem Orden in Ergotar stammten, kannte sie alle zumindest vom sehen, die meisten sogar mit Namen.
Von hinten klopfte ihr ihre Schwester auf die Schulter: „Seit wann ziehst Du mit einem Nekromanten durchs Land?“, fragte sie mit neckendem Tonfall und einem breiten Grinsen. Emelia wurde rot und verteidigte sich: „Es ist nicht, wie es aussieht, Lavina“ „Ist schon gut.“, beschwichtigte Lavina: „Ich weiß, dass man auf Reisen manchmal Hilfe aus unerwarteter Richtung erhält. Bist Du sicher, dass Du ihm trauen kannst?“ Ohne zu zögern sagte Emelia: „Ja.“ „In Ordnung. Ich vertraue Deinem Urteil.“, meinte sie und musterte Seno, bevor sie ihm freundlich zunickte. „Wie geht es den anderen?“, fragte Emelia neugierig. „Mutter ist wie immer unterwegs im Lande, Ferdinand hat den Soldaten nach Ergotar gebracht, Kristen ist jetzt auch auf ihrer ersten Mission und Lupus ist verärgert zurückgelassen worden. Er ist noch viel zu hitzig, um aus dem Orden gelassen zu werden.“, plauderte Lavina darauf los. „Was hast Du gesagt, macht der Lange?“, fragte Emelia erschrocken. „Er bringt diesen Soldaten, den wir unterwegs gefunden haben, nach Ergotar zurück.“, wiederholte ihre große Schwester. Auf den besorgten Blick ihrer kleinen Schwester hin, erläuterte Lavina dieses näher: „Odric hat mit Deiner ersten Nachricht den Orden wohlbehalten erreicht. Der Soldat mit der zweiten Nachricht, Meister Marec schien ihn zu kennen, er nannte ihn Ortolf, hatte nicht so viel Glück. Wir fanden ihn auf dem Weg nach Ametar am Wegesrand liegen, Deine Nachricht hatte sich in einem nahen Gebüsch verfangen. Daher wussten wir ungefähr wohin Du unterwegs warst.“ „Wie geht es ihm?“, fragte Emelia jetzt besorgt. „Keine Ahnung.“, meinte Lavina: „Marec hat seine Wunde sogleich verschlossen, doch er hatte bereits viel Blut verloren und war bewusstlos, als wir ihn fanden. Daher sollte Ferdinand ihn auch nach Ergotar bringen. Vielleicht kann ihm dort noch geholfen werden, allerdings sah es nicht gut aus…“
„Aaldric, glaub’ nicht, dass ich das nicht merke!“, erhob Corvin laut seine Stimme ohne sich auch nur umzudrehen. Emelia sah sich um. Aaldric ging dicht hinter Seno her und sah etwas erschrocken zu Corvin. Was machte er da? Seno sah etwas unglücklich aus. Mit seiner typischen Unschuldsmine ging Aaldric weiter hinter Seno her. Plötzlich hörte sie ein lautes ‚WHOOOSCH’ an sich vorbeizischen. Der Feuerball zischte genauso an Seno vorbei und traf Aaldric mittig auf der Brust. In hohem Bogen folg er auf den Rücken. „Ich hatte Dich gewarnt.“, erklang es nun von Corvin. Zorniger Rauch stieg von dem Meister auf. „Ich habe gesagt, keiner rührt den Nekromanten an, und das meinte ich auch so!“ Dann drehte er sich um und setzte seinen Weg zur Lichtung fort. Besorgt eilte Emelia zu Seno. „Geht es Dir gut?“, fragte sie ihn. „Es geht schon.“, lächelte Seno. Schweißtropfen waren auf seiner Stirn zu sehen. „Ist Dir zu warm? Soll ich den Schild etwas herunterfahren?“, fragte sie Seno, der schnell antwortete: „Nein, nein. Die Wärme vom Schild ist nicht so schlimm. Die ist eher ganz angenehm.“ Besorgt musterte Emelia den Nekromanten. Sie war sich sicher, dass Aaldric ihn irgendwie geärgert hatte, doch wie? Immerhin war Aaldric im Orden berühmt berüchtigt für seine kleinen Streiche und Zänkereien. Zur Sicherheit beschloss Emelia, dem Nekromanten nun nicht mehr von der Seite zu weichen. In der Gruppe gingen sie weiter bis zur Lichtung.
Als sie einen Blick zurück warf, sah sie im Hintergrund Aaldric liegen. Er hatte einen schwarzen Brandfleck auf der Brust und etwas Rauch stieg kräuselnd davon auf. Trotz seines Schildes hatte der Feuerball ihn getroffen. Langsam und ächzend stand er wieder auf und folgte in einigem Abstand der Gruppe.
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Die Hitze war unerträglich. Im Bruchteil einer Sekunde waren die Flammen überall. Aber als wäre dies nicht genug traf ihn die Wucht des Feuers wie der Hieb eines Riesen. Es warf ihn nach hinten und er rollte recht unsanft über Wurzel und Stöcke.
Instinktiv sprang er sofort auf und hatte seinen schußbereiten Bogen in der Hand, unwissend, wie er diesen im Stürzen gespannt hatte und den Pfeil einlegen konnte.
Wütend und leicht desorientiert sah Seno in die Richtung aus dem das Flammenmeer geflutet war. Im ersten Augenblick sah er nur Emelias Hinterseite. Sie schien ihn zu beschützen. Seno atmete auf, während sein Bogen langsam nach unten zeigte. Verlegen grinste er nun zu der Seite, wo er einen grimmig dreinschauenden Mann neben einer Feuerkugel sah, die sein Gesicht in ein düster, flackerndes Licht eintauchte. Während er Emelia reden hörte verpackte er seinen Bogen wieder. Sein gutes Gehöhr hatte ihn längst darauf hingewiesen, daß er umzingelt war. Nun war er ganz auf Emelias Verhandlungsgeschick angewiesen.
Die Verhandlungen nahmen einen guten Verlauf. Offensichtlich waren die Angreifer Freunde oder zumindest Bekannte von Emelia, die, wenn sie auch einem Nekromanten nicht vertrauten, so doch ihrem Wort trauten. So war es auch nicht verwunderlich, daß ihr offensichtlicher Anführer, ein Mann Namens Corvin, eine begrenzte Freiheit anbot.
Dieser Corvin führte sie zu einer nahen Lichtung. Während ihres kurzen Marsches kamen alle Magier näher, so daß Seno ganz eingekreist war und sich sehr unsicher fühlte. Wie wünschte er sich jetzt einen Friedhof her. Wenn er wenigstens mit Emelia reden konnte, doch sie wurde von den Magiern hin Beschlag genommen und über ihre Reise ausgefragt.
Seno begann zu schwitzen. Jeden Schritt weiter wurde es immer heißer. Erst sah er sich zu seinem Nachbarn um, doch keiner der anderen schwitze wie er. Dann sah er an sich selber runter, wo denn diese Hitze auf einmal herkam, die sonst keiner spürte. Da, an seinen Fußsohlen sah er kleine Flammen, die nicht nach oben sondern zur Seite zeigten. Seno hob die Füße schnell hoch, die Flammen blieben, drehte seine Füße, die Flammen blieben. Da die Flammen zur Seite zeigten und nicht nach oben, mußte der Schutzschild von Emelia Schuld sein. Er war irgendwie defekt und produzierte Wärme wie ein Holzofen. Die kleinen Flammen heizten anscheinend den Innenraum des Schutzschildes stark auf. Er mußte ihr bescheid sagen, die Hitze wurde immer schlimmer und er wollte nur ungern gebraten werden, während die Leute um ihn herum nicht mal etwas merkten. „Em..“, setzte er an, als Corvin sauer einen Mann Namens Aaldic ansprach. Seno kapierte sofort, nicht der Schutzschild war schuld, sondern ein anderer Feuermagier. Dieser Aaldric mußte irgendetwas gemacht haben. Doch noch ehe Seno genau verstand, was dieser Magier da machte, flog ein Feuerball auf ihn zu. Völlig überrumpelt war an Ausweichen nicht mehr zu denken. Zischend flog der Feuerball knapp an Seno vorbei, der Feuerball war nicht für ihn bestimmt gewesen. Hinter ihm schrie nun ein Mann auf. Seno kam gar nicht dazu sich zu dem Mann um zu drehen, denn sofort war Emelia bei ihm und fragte nach seinem Wohlbefinden, während die Hitze nachließ. Er erklärte ihr, daß alles in Ordnung sei, um sie nicht auf zu regen.
So muß der Kreis des Todes aussehen. Nein, er zitterte nicht, und dennoch. Da standen über zwanzig Magier... FEUERmagier um ihn rum. Er, ein einzelner Nekromant, nie perfekt ausgebildet, stand mitten im Kreis und hatte nicht einen einzigen Wiederbelebten in seiner Nähe. Seine Knöcheln der Hand, welche er unüberlegt am Schwertknauf hielt, traten weis hervor.
„Was macht ihr hier? Habt ihr das Dokument? Was ist genau passiert? Fang am besten von vorne an.“, fragte nun Corvin Emelia. „Ich will euch alles berichten, doch nur kurz, denn wir haben nicht viel Zeit.“, erwiderte Emelia und erzählte nun in groben Zügen was ihr seit ihrem Aufbruch aus dem Orden widerfahren ist. Stumm hörten alle zu. Jeder Zwischenruf wurde von Corvin im Keim erstickt, so daß Emelia schnell fertig war. „...wo wir schließlich diese Abzweigung fanden und ihr folgten. Den Rest wisst ihr.“, schloß sie ihren Bericht. „Das Dokument, bitte.“ „Hier.“, Emelia gab es ohne zu zögern. „Das Dokument gehört zur Hälfte mir.“, warf Seno bestimmend ein. Wissend, daß es einerseits unklug ist sich jetzt auf zu begehren, anderseits aber schon seinen Anspruch gelten machen wollen. Sofort warfen mehrer Umstehende ihren Unmut ein. Wie ein Nekromant es doch wagen konnte etwas zu verlangen. „Du hast recht. Solltest du nach der Schlacht noch Leben, will ich deinen Anspruch bedenken.“, erklärte ihr Anführer betont deutlich, was die Umstehenden schweigen ließ „Wenn ihr wirklich verfolgt werdet, sollten wir uns einen Plan zurecht legen.“, fuhr Corvin fort. „Seno?“, fragend sah Emelia Seno an. Dieser zog sein Schwert, was fast alle um ihn rum zurück weichen ließ. Die ersten Flammen tauchten in ihren Handschalen auf. „Ich will nur was zeichnen.“; erklärte Seno erschrocken, seinen Fehler erkennend.
„Hier sind wir und dort ist das Kloster.“, er fing an mit seinem Schwert eine Karte in den Boden zu zeichnen.
„Du hast die Herberge vergessen.“, erklärte Emelia schließlich, als Seno seine Arbeit beendet hatte. „Nein. Wieso? Du irrst dich, wenn du glaubst wir sind auf dem gleichen Reichsweg wie am Anfang. Sieh, der Reichsweg mit der Herberge, wo wir als Mörder verhaftet waren, liegt viel weiter in der Richtung.“, und Seno zeichnete eine weiter Linie abseits seines Plan ein. „Wir sind jetzt also im Dreieck gegangen. „Das ist unwichtig. Sagt, Nekro... Seno, wo wäre ein guter Hinterhalt zu gestalten?“, unterbrach Corvin. „Ich weiß es nicht. Dort, wo ich meine letzte Falle aufstellte wäre es vielleicht möglich, doch für diese Gruppe ist da auch nicht genug Platz. Was wir brauchen ist eine große Fläche. Also im Prinzip wie diese Lichtung hier.“ „Nur daß hier die Gegner nie hinkämen.“, fuhr Corvin fort.
Jetzt endlich fingen auch alle Umstehenden an, ihre Meinung kund zu geben. Doch weder Corvin noch Seno beteiligten sich an den nun folgenden Vorschlägen und sahen sich nur hin und wieder an.
Ein Blick zu Emelia verriet Seno, daß sie auch keine Idee hatte. „Sie dürfen uns nicht spüren.“, sprach Corvin nach einer langen Zeit. „Aber die Spur ist deutlich zu sehen.“, erklärte Emelia verzweifelt. „Wir müssen zurück und zwar schnell.“ Emelia sah Seno verwundert an: „Zurück? Mit oder ohne ihnen?“ „Ohne.“ „Das geht doch nicht. Wozu sind wir dann da?“, sprach ein junger Magier. „Versteh ich nicht. Bekämpfen wir nun die Verfolger oder gibt es gar keine?“, wollt ein anderer Magier wissen. Verwirrtheit stellte sich ein, keiner wußte genau, was Seno vorhatte. Sie sahen alle ihren Anführer an, doch der starrte einfach nur in den Himmel, als ob ihn das Ganze nun nichts mehr anginge. „Komm, wir müssen.“, Seno hatte es auf einmal eilig und drängte zum Aufbruch. „Ok, ich habe ja verstanden, daß unsere Verfolger nicht die Spur meiner Ordensleute spüren dürfen. Aber was hast du genau vor?“, fragte Emelia und alles verstummte, sah den Nekromanten mit fragenden Augen an. Nur Corvin schaute weiterhin in den Himmel...
„Erklär ich dir später. Komm, wir haben es eilig.“ Seno schritt los und die Menge teilte sich, ließen ihn, da sie keinen anderslautigen Befehl bekamen, ziehen. Verwundert folgte Emelia ihm.
Corvin hatte derweil einen Vogel am Himmel ausgemacht und machte eine Geste, die Seno vor Bewunderung stoppen ließ. Obwohl kein Feuer zu sehen war, war sich Seno sicher, daß dieser hohe Magier irgendetwas bewirkt hatte. Tatsächlich, der Vogel am Himmel klappte seine Flügel unnatürlicher Weise nach oben und fiel wie ein Stein zu Boden. Feuermagier können also auch auf Entfernung Magie bewirken und sind nicht nur auf Feuerbälle beschränkt. Seno zitterte und beeilte sich weg zu kommen.
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Als sie auf der Lichtung angekommen waren, berichtete Emelia kurz, was bisher geschehen war. Schließlich übergab sie Corvin auf seine Aufforderung hin das Dokument. Zu ihrer Überraschung protestierte Seno, dass es ihm zur Hälfte gehörte. Das hielt Emelia für ziemlich riskant in diesem Kreis. Etwas nervös beobachtete sie ihre Kollegen, um notfalls eingreifen zu können. Nicht dass sie eine Chance gehabt hätte, aber sie würde es versuchen. Mit seinem Beschluss entschärfte Corvin die Situation. Doch kaum hatte sich die Situation entspannt, zog dieser verrückte Nekromant sein Schwert. Erschrocken bemerkte die Pyromantin, dass in einigen Händen bereits kleine Feuerbälle entstanden. Umgehend entschärfte Seno die Anspannung, indem er erklärte, dass er nur etwas auf den Boden zeichnen wollte. Dann erwähnte er auch noch, dass sie als Mörder verhaftet worden waren. Dieses Detail hatte Emelia versucht in ihrem Bericht zu vermeiden. Hoffentlich war das keinem aufgefallen. Keiner der anderen Pyromanten reagierte darauf.
Dann begannen sie zu planen, was sie nun unternehmen wollten. Dabei beruhigte sich Emelia wieder. Es war ein großes Palaver, doch keine geniale Idee flammte auf. Sie mussten ihre Gegner auf einer Lichtung stellen. Doch wie sollten sie diese dazu bringen? Dazu kam, dass ihre Verfolger die Spur der Feuermagier ebenfalls spüren konnten und sie dadurch das Überraschungsmoment verloren. Schlimmstenfalls würden sich ihre Verfolger erst sammeln und dann zuschlagen.
Seno schien plötzlich eine zündende Idee zu haben. Er meinte, dass sie schleunigst zurück mussten, und zwar ohne die anderen Pyromanten. Was hatte der Nekromant vor? Emelia sah ihren Mentor an, doch der sagte nichts dazu. Er schien sich auf irgendetwas zu konzentrieren. Als sie sich wieder zu Seno wandte, sah sie, dass er sich bereits anschickte, den Kreis zu verlassen. Rasch folgte Emelia ihm. Die Pyromanten ließen sie den Kreis passieren.
Sie liefen den Trampelpfad zurück zum Reichsweg. Emelia wartete darauf, dass Seno ihr erklärte, was er nun vorhatte, aber der Nekromant war schweigsam und anscheinend auf irgendetwas konzentriert. Nach kurzer Zeit hatten sie den Reichsweg erreicht. Hier eilten sie den Weg zurück, auf dem sie hergekommen waren. Etwas außer Atem fragte Emelia Seno leise, was er nun vorhatte. „Wir müssen die Verfolger zu einer Lichtung bringen.“, erklärte er hastig. „Und wie sollen die Pyromanten uns finden?“, fragte sie verwirrt. Wozu hatten sie ihre Verstärkung denn gefunden. Oder plante Seno, lieber ohne sie anzutreten? Sie eilten weiterhin durch die Reisenden. Mit einem verschmitzten Lächeln wies Seno nach oben. Emelia blickte in den Himmel, sah aber nichts Besonderes. „Corvin hat mir diesen Vogel mitgegeben.“, erläuterte Seno näher, da sie wohl etwas verwirrt in den Himmel starrte. „Mit seiner Hilfe werden sie uns finden.“, fuhr der Nekromant fort. So ganz verstand Emelia das zwar noch immer nicht, nickte aber. Als sie ihren Blick wieder nach vorne wandte, wich sie rasch zur Seite aus. Beinahe wäre sie mit einem entgegenkommenden Reisenden zusammengestoßen. Glücklicherweise wich auch dieser etwas aus.
Bald hatten sie die Stelle erreicht, an der sie diesen Priester getroffen hatten. Hoffentlich holten sie den nicht ein. Auf eine weitere Begegnung konnte sie verzichten. Nun, da sie die Stelle passierten, wo sie den Reichsweg betreten hatten, verstärkte Emelia ihren und Senos Schutzschild. Das produzierte zwar etwas Wärme, war aber die beste und unauffälligste Methode, eine deutliche magische Spur zu legen. So eilten sie noch etwas weiter den Weg entlang.
Plötzlich rief Seno: „Folge mir!“, und überquerte den Weg. Verwirrt sah Emelia ihm nach. Dann hörte sie es auch. Aus dem Wald in der Nähe waren Geräusche zu hören. Waren das ihre Verfolger? So schnell sie konnte lief sie hinter Seno her. Sie liefen auf der anderen Seite des Weges in Richtung Waldrand. Ein lautes knirschendes Geräusch veranlasste Emelia, sich umzuschauen. Ein Baum mit etlichen tiefen Scharten im Stamm bewegte sich gerade in Richtung des Weges. Panisch schreiend liefen Reisende davon. Starker Gegenwind schlug ihnen entgegen. Sie hörte, wie hinter ihr einige Schwerter gezogen wurden. Der Boden wurde plötzlich uneben. Die Pyromantin geriet ins Stolpern. Eine helfende Hand bewahrte sie vor einem Sturz. In ihrer Nähe schlug ein Blitz ein. „Ich denke, sie haben uns entdeckt. Wir müssen weiter.“, kam es vom Nekromanten. Schnell liefen sie in den Wald. Seno lief voraus und schlug mit seinem Schwert einige Äste ab, die nach ihnen griffen. „In der Nähe müsste eine Lichtung sein. Es ist nicht mehr weit.“, munterte er Emelia auf, die schon außer Atem war. Hier im dichten Wald wollte sie keinen Feuerball werfen, da die Wirkung dann zu unberechenbar wurde. Wahrscheinlich würden sie in der nun folgenden Schlacht sowieso den halben Wald abbrennen. Wenn über zwanzig Pyromanten kämpften, würde das nicht ausbleiben. Doch wenn sie jetzt bereits den Wald entzündete, mochte sie ihrer Verstärkung den Weg erschweren. Es begann zu regnen. Endlich erreichten sie eine Lichtung. Sie überquerten diese noch, um ein freies Schussfeld zu haben, hielten sich jedoch in einem sicheren Abstand zu den Bäumen. Noch während sie über die Lichtung liefen, erzeugte Emelia einen Feuerball. Die Erde erbebte. Im Laufen drehte sich Emelia um und warf den Feuerball auf ihre Verfolger.
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Schnell waren sie wieder an der Stelle angelangt, wo sie den Reichsweg zum ersten Mal betreten hatten. Seno hatte Emelia schon das nötigste erklärt und konzentrierte sich nun auf das baldige Zusammentreffen mit den Angreifern. Während er sich überlegte, wo sie beim ersten Treffen stehen sollten, wurde es ihm wärmer. Diesmal machte aber wohl keiner einen Scherz mit ihm, sondern Emelia verstärkte ihren Schild, so seine Vermutung. ‚Hoffentlich verausgabt sie sich nicht.’, dachte Seno und lief weiter, nun wissend, daß sie eine deutliche Spur hinterlassen würden.
Sie waren noch nicht weit gekommen, als Senos geschultes Ohr Geräusche aus dem Wald hörte. „Folg mir!“, schrie er schnell und rannte in den Wald, nicht abwartend, ob Emelia ihm folgen würde. Doch sie hatte ihn vernommen und war ihm dicht auf den Fersen.
Sie hatten die Bäume noch nicht ganz erreicht, als der Boden erzitterte. Emelia rief ein Wort der Verwunderung aus, was Seno sich umdrehen ließ. Er erkannte, daß sie dabei war ihr Gleichgewicht zu verlieren und gab ihr schnell die Hand um sie unter die Bäume zu ziehen.
Nun schlug auch noch ein Blitz ein und es war klar, daß sie entdeckt worden waren. Ein wenig zu früh, wie Seno fand, nun war es aber nicht mehr zu ändern. Sie beeilten sich schnellstmöglich so viel Strecke wie möglich zwischen ihnen und ihren Verfolgern zu bekommen. Das war aber gar nicht so einfach, denn plötzlich fingen die Bäume an nach ihnen zu greifen. Das Problem mit den Bäumen mit seinem Schwert beseitigend, hörte Seno schon daß nächste Problem: Emelia fing an außer Atem zu kommen. Er mußte sie aufmuntern. So log er sie an, daß sie bald bei einer Lichtung seinen und wirklich, sie mobilisierte ihre letzten Kräfte.
Welcher Gott es auch immer war der mit ihnen ein Einsehen hatte, fanden sie doch tatsächlich wenig später eine Lichtung.
„Rüber.“, rief Seno Emelia zu und hoffte, sie würden die etwa einhundert Schritt breite Lichtung noch rechtzeitig passieren können. Zeitgleich machte der Vogel, den Corvin getötet hatte, einen Kreisflug um die Lichtung.
Die Erde tat sich auf. Diesmal viel stärker als beim Reichsweg. Seno stolperte und viel halb hin. Schnell drehte er sich um, sah Emelia zurückblickend, sich noch einigermaßen auf den Beinen haltend einen Feuerball werfend auf ihn zukommen. Der Nekromant rollte sich weg, damit Emelia nicht über ihn stolperte. Eine Körperlänge weiter lag er dann im Grass und sah den sich rasch zuziehenden Himmel an. Mit großen Augen sah er den ersten Blitzen zu, die sehr nahe bei ihnen einschlugen.
„Da!“, rief Emelia. Seno sprang auf, streckte seinen Geist zeitgleich nach Toten aus, und sah dahin, wo Emelia hinwies. Keine zehn Meter vor ihnen, gerade kurz vor den etwas schützenden Bäumen, türmte sich die Erde zu einem unüberwindlichen Wall auf.
„Zur Seite!“, rief er und sprintete die Wand entlang. Vielleicht könnte man um sie rum kommen und sich hinter ihr verbergen? Seno grinste bei dem Gedanken, gegnerische Magie für sich aus zu nutzen.
Der Regen setzte ein. Wie aus Eimern goß es auf ihn herab. Zeitgleich setzte ein Wind ein, so stark, wie Seno es noch nie erlebt hatte. Der Boden war im Nu durchtränkt. Er rutschte aus, fing sich wieder, wurde von einem Windstoß gepackt und landete unsanft an die Erdwand.
Schnell wischte er sich die Erde aus dem Gesicht und sah, noch ehe er sich erhob zu seinen Gegnern. Hätte er es mal lieber nicht getan. Längliche Gegenstände, vielleicht Stöcke oder Felsspitzen, alle mindestens fünf Finger breit, er konnte es in der schnelle nicht erkennen, rasten auf ihn zu. Es waren viele, vielleicht 30 Stück, welche schon die halbe Lichtung überquert hatten und sich ihm mit rasender Geschwindigkeit näherten.
„Weg hier, Emelia!“, schrie er aus und rutschte bei dem Versuch aus, sich hastig aus der Flugbahn zu bewegen. Beim Fallen sah er nach Emelia, ob sie wenigstens den tödlichen Geschossen entkommen konnte, doch zu seiner Verwunderung sah er seine Begleiterin nicht.
Ihr Verschwinden ignorierend versuchte er noch einmal weg zu kommen, wohl wissend, daß ihm kaum Zeit für diesen zweiten Versuch blieb.
Haben Sie schon mal zugesehen, wie die Schleusen einer gestauten Sees zur Frühlingszeit geöffnet wurde? Wie das kleine Rinnsal, gleich unterhalb der Schleusen, in kürzester Zeit zu einem kleinen reißenden Strom wurde, wie das Wasser auf einmal überall war? Ja? Dann können sie sich in etwa vorstellen, was auf einmal auf der Lichtung los war.
Von einem Augenblick zum anderen stand die ganze Lichtung im Schein brennender Bäume. Feuerbälle flogen wie Pfeilsalven quer über die Lichtung.
Die ihm geltenden Flugteile verbrannten in einem Augenblick. Seno mußte trotz dieser glücklichen Rettung in letzter Sekunde mit Schrecken daran denken, was das Feuer, welches die Gegenstände verbrannt hatte ihn getroffen hätten. Vermutlich wäre er sofort auch nur noch Asche.
Seno stand auf, fasziniert den Feuerbällen nachschauend, welche die Magier nun alle in Richtung ihrer Gegner warfen. Da kam der Regen zurück. Platzregen und Sturmböen setzen augenblicklich ein. Die Mitte der Lichtung erhob sich, eine zweite Erdwand entstand. Die kleinsten Feuerbälle erlöschten im Wind und Wasser, die großen Bälle schlugen sinnlos im neuen Erdwall ein. Der Regen verschwand. Hörte aber nicht auf, sondern viel geschwächt auf den Gegnern ab, löschte die brennenden Bäume.
Die erste Angriffswelle von ihnen war damit beendet und der Gegner wußte nun, daß sie es nicht nur mit zwei Gegnern zu tun hatte.
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Ohne zu sehen, ob sie getroffen hatte, drehte sie sich weiter in die ursprüngliche Laufrichtung und setzte die Flucht fort. Der Boden bockte unter ihr. Sie versuchte weiterzulaufen und dabei das Gleichgewicht zu behalten. Mit viel Glück schaffte sie es. Beinahe wäre sie dabei noch über Seno gestolpert, der sich jedoch rechtzeitig zur Seite weggerollt hatte. Als neben ihnen ein Blitz einschlug, zuckte Emelia zusammen. Jetzt also begann die Schlacht. Sie lief weiter auf den Waldrand zu. Doch plötzlich erhob sich der Boden vor ihr zu einem sehr hohen Wall. Als er wuchs, wollte die Pyromantin noch versuchen hinauf zu springen. Doch der Wall wuchs derart schnell, dass sie dieses Vorhaben aufgab und stattdessen ihren Lauf abbremste. In dem Moment rief Seno: „Zur Seite!“ Ohne sich umzudrehen lief Emelia nach rechts den Wall entlang. Plötzlich öffneten sich die Schleusen des Himmels und Fluten von Wasser ergossen sich auf sie. Es war zuviel Wasser für ihren Hitzeschild. Zunächst dampfte sie etwas, doch dann erlosch der Schild. Sie erneuerte ihn nicht. Es war zwecklos. Außerdem würde sie ihre Kraft noch für wichtigeres brauchen. So lief sie weiter. Der Boden wurde immer glitschiger. Sie hasste Wasser. Besonders in solchen Mengen. Mittlerweile schlitterte sie mehr, als sie lief, über den Boden. Zu allem Überfluss erfasste sie nun ein starker Wind und verfing sich in ihrem nassen Umhang. Ihre Füße verloren den Bodenkontakt. Der Wind wehte sie geradezu davon. Ihr Flug wurde hart von dem Erdwall gebremst. An dem nassen und ebenso glitschigen Erdwall rutschte sie etwas benommen herunter.
Es war dunkel. „Weg hier, Emelia!“, hörte sie Senos Stimme rufen. Mit einer Armbewegung befreite sie sich von ihrem klitschnassen Umhang, der ihr die Sicht versperrt hatte. Suchend sah sie sich um. Seno war ganz schön weit entfernt. Er war in die andere Richtung gelaufen. Wahrscheinlich war es besser gewesen, sich zu trennen. So boten sie nicht ein zu einfaches Ziel. Doch da flogen irgendwelche Geschosse auf Seno zu. Rasch versuchte sie diese zu entflammen und verbrennen, bevor sie ihn erreichten. In dem starken Regen und Wind war das keine einfache Aufgabe. Plötzlich jedoch entflammten die Geschosse und verbrannten innerhalb kürzester Zeit zu Asche, die zu Boden geregnet wurde. Emelia sah sich um. Da hatte ihr doch jemand geholfen. Eine Sekunde später schien die ganze Lichtung in Flammen zu stehen. Erleichtert lachte Emelia auf. Die Verstärkung war eingetroffen. Dann konnte ihr Helfer vorhin nur Corvin gewesen sein. Doch er würde kaum verraten, dass er ihr geholfen hatte.
Die Lichtung war erfüllt von Feuerbällen und Wasserdampf. Die Pyromanten griffen mit der Eins-Plus-Zwei-Taktik an, die im Orden ständig exerziert wurde. Die Gruppe hatte sich aufgeteilt. Je ein Meister führte zwei Schüler in die Schlacht. Die anderen ausgebildeten Pyromanten kämpften teilweise in Zweierteams oder als Einzelkämpfer. Der Überraschungsangriff schien gelungen zu sein. Doch kaum erfreute sich Emelia an dem Feuer rings um sie herum, kam der massive Regen zurück. Sie hatte kaum bemerkt, dass er zwischendurch weniger geworden war. Doch nun fiel schon fast eine Sintflut vom Himmel. Der starke Wind dazu ließ die Pyromantin laut fluchen. Vor Kälte zitterte sie nun. Ihre Wut auf diesen Regen und die Kälte entfachte ihren Hitzeschild erneut. Flackernd kehrte er ins Leben zurück. Wasserdampf stieg von ihr auf. Langsam kehrten Wärme und Hitze zu ihr zurück. Die anderen Pyromanten dampften ebenfalls vor sich hin. Der Wasserdampf, der von ihnen aufstieg wurde sogleich von dem heftigen Wind davon geweht. Dann ließen Wind und Regen plötzlich wieder nach. Dafür hatte sich zwischen ihnen und ihren Gegnern ein zweiter Erdwall aufgetürmt. Diese Feiglinge! Corvins tiefe Stimme dröhnte über die Lichtung. Er formierte seine Truppe neu. Suchend sah sich Emelia um. Wo war Seno? Sie konnte ihn nirgendwo entdecken. War er etwa von einem Feuerball getroffen worden?
„Wir dürfen dem Gegner keine Zeit lassen, sich zu formieren! Lavina, Vernon, Locmaar, ihr produziert einen großen Hitzeschild hier über dem Wall.“, befahl Corvin und wies dabei auf die Mitte des Erdwalls. Die drei taten, wie ihnen befohlen war. Der Wall trocknete dort schnell und der große Schild loderte über ihm. „Der Rest in Deckung!“, rief Corvin. Er nahm einen kleinen Beutel aus seiner Tasche und warf ihn auf die trockene Stelle des Walls. Die anwesenden Pyromanten entfernten sich rasch von der Stelle des Walls und warfen sich zu Boden. Auch Emelia legte sich flach auf den Boden, wie sie es gelernt hatte. Im Orden wurden häufig Kampftaktik und Disziplin exerziert. Alle Pyromanten wussten genau, was Meister Corvin jetzt vorhatte. Emelia bereitete sich darauf vor, aufzuspringen und loszustürmen.
Corvin stand noch etwa zwanzig Meter von dem Beutel entfernt und murmelte etwas. Dann rief er den dreien, die den Hitzeschild aufrecht hielten zu: „Jetzt!“ Alle vier drehten sich auf das Kommando um, und sprangen mit wenigen Schritten zu Boden.
Dann erschütterte eine mächtige Explosion die Lichtung. Erdbrocken schossen durch die Luft. Die Lichtung war in dichten Staub gehüllt. „Feuer frei!“, rief Corvin. Emelia sprang auf und stürmte auf die Stelle zu, an der sich eben noch der Erdwall erhoben hatte. Die Bäume rundherum brannten nicht mehr und der leichte Regen wusch nur langsam den Staub aus der Luft. Emelia blinzelte, um etwas sehen zu können. Die anderen Pyromanten waren auch schon längst wieder auf den Beinen und liefen in Formation auf das große Loch im Erdwall zu. Die ersten warfen Feuerbälle hindurch. Sie eroberten den geschützten Platz im circa fünf Meter breiten Durchbruch. Je ein Meister mit seinen zwei Schülern begaben sich an die Enden des Erdwalls, um von den Flanken her die Gegner angreifen zu können. Emelia lief auf den Durchbruch zu. Sie schleuderte ebenfalls Feuerbälle hindurch.
Heftigster Regen setzte wieder ein. Dampf stieg erneut von den Feuermagiern auf. Kein Sturm? Emelia frohlockte schon. Hatten die harten, trockenen Erdbrocken von der Explosion einige Gegner getroffen? Doch schon kam der Wind zurück. Doch der Sturm war nicht so stark, wie zuvor. Hochkonzentriert stand Corvin in Deckung hinter dem Erdwall, jedoch mit freier Sicht auf einige der Gegner. Maglyn und Arnulph standen schützend vor ihm. Blitze schossen vom Himmel und schlugen dicht bei dem Durchbruch ein. Zwei Pyromanten wurden von der Energie eines sehr dicht einschlagenden Blitzes zur Seite geschleudert. Vernon, Locmaar und Hagaar stürmten nun durch den Durchbruch und zückten ihre Schwerter. Kaum hatten sie diese gezogen, loderten deren Stahlklingen in Flammen auf. Ihre Schilde loderten wütend um sie herum. So stürmten sie auf die nächststehenden Gegner zu.
Ein lautes Brüllen hinter sich ließ Emelia sich umdrehen. Hinter ihnen, mitten zwischen den beiden Erdwällen, richtete sich gerade eine riesige Echse auf. Die Gestalt war so groß wie drei Männer übereinander. Als sie das Maul aufriss, um erneut ein markerschütterndes Brüllen hervorzubringen, erschauderte Emelia. Die Echse entblößte dabei messerscharfe lange spitze Zähne. Voll Panik sammelte sie einen großen Feuerball in ihren Händen. „Eine Echse!“, schrie sie in Panik und warf den Feuerball auf die Echse, die sich ihr jetzt näherte. Einige Pyromanten sahen zu ihr hin, aber keiner unternahm etwas. Der Feuerball flog durch die Echse hindurch, ohne ihr zu Schaden. Wie konnte das sein? Hatte sie sich geirrt und nur vorbeigeschossen? Konnte sie nichts gegen die Bestie tun? Warum half ihr keiner?
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Seno merkte erst nach Sekunden, daß sein Mund weit offen stand. So einen Kampf hatte er noch nie erlebt. Es ging zu wie in einem Krieg. Und die Feuermagier verstanden diesen perfekt. Ihr Anführer, dieser Corvin, rief kurze Befehle, welche sofort umgesetzt wurden. Doch er bestimmte nur die grobe Richtung, die Meisten folgten einen anscheinend antrainierten Plan, als ob sie jeden Tag in einen Krieg zogen. Auch wenn er in dem Moment Emelia nicht ausmachen konnte, so wurde er sich bewußt, daß er sie gänzlich unterschätzt hatte. Nein, ihrer Feuerkraft war er sich durchaus immer bewußt gewesen, doch mit welcher Perfektion und Sicherheit mehrere Feuermagier gemeinsam gegen einen Feind kämpften war schon bewundernswert.
Seno wurde sich seiner Teilnahmslosigkeit bewußt und schloß den Mund. Schnell kontrollierte er noch einmal die drei Wiederbelebten, oh nein, die Zwei, einen hatte er schon verloren. Sie hatten immer noch ihren Befehl und griffen gemeinsam mit den Fähigkeiten ihres ersten Lebens eine einzelne Person an. Wie dies genau ablief und wie weit es vom Erfolg gekrönt war, vermochte Seno nicht zu erkennen. Er schnappte sich seinen Bogen und rannte den neuen Erdhügel entlang, bis ihn eine gewaltige Explosion stolpern lies. Er war ins Strudeln gekommen, doch konnte sich noch fangen. Ein schneller Blick nach hinten zeigte ihm, daß die Explosion seinen Mitstreitern nichts angetan hatte. Im Gegenteil, sie nutzen das entstandene Loch aus um ihrerseits einen Angriff zu starten.
Zufrieden änderte Seno aber nicht seine Laufrichtung, sondern hielt an seinem Plan fest, den Erdhügel zu umrunden.
Das Unterholz knackte verdächtig, doch darauf konnte und wollte der Nekromant nicht achten. Die Schlacht vor ihm war am toben und er mußte seinen Teil dazu beitragen. Er spürte, daß er alle Wiederbelebten verloren hatte. Neue Tote spürte er in großer Anzahl, doch war er sich nicht sicher, wie die Lage gerade war. Was wenn er einen Wiederbelebten auf seine Mitstreiter jagte? Er mußte unbedingt ein freies Sichtfeld haben.
Dies bot sich ihm schon wenig später, wie er bis auf vierzig Schritt sich dem Kampfgetümmel genähert hatte. „Das gibt es nicht!“, zischte er wütend auf. Da lief gerade Willem in die Gruppe der Feinde rein und griff sie nicht an! „Verräter und so was haben wir geholfen!“ Gerade ließ sich Willem die Lage erklären und war dran sich zu verwandeln
„Nimm das!“ Wütend schoß Seno drei Pfeile ab, ein jeder Tödlich für Willem, der nichts ahnte.
Wieder legte er einen Pfeil ein und spannte den Bogen. Diesmal zögerte Seno etwas, suchte sich einen aus, welchen er gefährlich für seine Kameraden hielt.
„AAHHhhhhh....“, entfuhr es ihm, wie es rapide kälter wurde. So schnell und so kalt, daß er nicht mehr in der Lage war seinen gespannten Bogen ab zu feuern. Sein ganzer Körper versteifte, erfror in der Zeit eines Wimpernschlages. Nur seine Augen ließen sich noch bewegen.
Gehetzt suchte er die Front seiner Feinde ab. Wer hatte ihn getroffen? Da, der Mann muß es gewesen sein. Auf jedenfall starrt dieser besagte Mann ihn kurz an, ehe er etwas näher Schritt und etwas vom Boden hob. Seno sah genauer hin. Wütend erkannte er seine drei Pfeile, sie waren nie an ihr Ziel angekommen. Willem lebte! Da, sah er ihn auch.
Das war nicht fair. Wieso klappte den auch gar nichts? Außer sich vor Zorn sendete Seno seinen Geist aus, ertastete alles was tot war, wohl wissend, daß er nun auch Würmer erwischte. Allen gab er nur diesen einen Befehl. ‚Tötet Willem!’
Dies erledigt sah er sich weiter um, die Feuermagier drängten langsam durch die Lücke hindurch. Ihre Feuerbälle trafen trotzdem kaum etwas. Eisschilde, Schilde aus Lehm, aus Holz und sogar aus Luft schützten die Feinde, die ihrerseits die Feuermagier angriffen. Aus beiden Seiten gab es Tote, doch der Kampf schien langsam für Senos Seite gut aus zu gehen. Obwohl, wieso wichen die Feinde so schnell zurück? Warum verteilten sie sich nicht besser neben dem Durchbruch? Wieso wurde dieser gar nicht wieder geschlossen? Das roch noch einer noch unbekannten Falle. Ja, daß mußte es sein, die planten irgend etwas! ‚Haut ab, geht nicht durch den Wall.’, versuchte Seno zu schreien, doch sein Mund blieb verschlossen. Zitternd mußte er weiter beobachten, bis es einen lauten Knall gab.
Seno erschrak sich, ohne sich zu bewegen. Sein schöner Bogen war zerbrochen. Nur noch die traurigen Reste hielt er in der steifen Hand. Neu aufkochende Wut ließen ihn sich wieder auf Willem konzentrieren. Vielleicht konnte er den Tod des Verräters noch erleben.
Zuerst fand er ihn nicht, liefen doch mittlerweile mehrere große Tiere in dem Getümmel vor ihm rum.
Einen Bären konnte er schließlich ausmachen, der von Wiederbelebten, wie auch Lebenden angegriffen wurde. Erstaunt besah sich Seno die Szene.
Da schlug sich der Bär mit einem Wiederbelebten rum, hieb ihn zu Boden und versetzte einem Mann einen tödlichen Hieb, welcher gerade einen anderen Widerbelebten mit schnell wachsendem Efeu einfing.
Das war äußerst unlogisch. War dies wirklich Willem? Wieso griff er Feind wie Freund gleichermaßen an? Seno verstand es nicht. Er sah weiterhin zu, sah, wie zwei Wölfe miteinander kämpften. Keiner der Wölfe war wiederbelebt. So ein Tumult wie da gerade entstand war schon sehr verwirrend. Und Seno gefiel es, sollte der Tiermagier doch in Blutrausch geraten. Sollen sie sich doch gegenseitig töten. Umso leichter hatten sie es. Zufrieden grinste Seno und spielte weiterhin den Beobachter.
Der Bär biß seinem Gegner in den Hals, richtete sich auf, schubste einem hinkenden Hirsch weg und schlug auf ein Kind oder einem knienden Erwachsenen ein, so genau konnte der Nekromant dies nicht erkennen. Was war an seiner Theorie falsch? Der Bär griff doch gezielt seine eigenen Leute ein, oder nicht? Seno war sich nicht sicher, reagierte nicht, und sah zu wie der Hirsch sein Geweih in die ungeschütze Seite des Bären rammte. Gleichzeitig traf den Hirsch ein langer Eiszapfen, der ihn zu Boden warf. Konnte es sein, daß Willem.. Ist es möglich..?
Der Bär erhob sich. Diesmal wehe ihm ein starker Wind entgegen, ließen ihn nicht an einen jungen Kerl dran, der wohl diesen Wind erzeugt. Seno kapierte. Schnell gab er seinen Wiederbelebten einen neuen Befehl.
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Laut brüllend kam die Echse immer näher. Emelia warf einen weiteren Feuerball in ihre Richtung, bevor sie sich umdrehte und rannte. Wenn sie nichts gegen dieses Ungeheuer ausrichten konnte, wollte sie wenigstens etwas Distanz zu ihm gewinnen. Als sie sich Corvin näherte, bemerkte sie, dass er sich komplett auf ein Ziel konzentriert hatte. Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet. Er war zur Zeit nicht ansprechbar. Sie machte die beiden, die ihn schützten, auf die Bedrohung aufmerksam, doch die sahen sie nur verständnislos an und kämpften unbeeindruckt weiter. Keiner verstand sie. Keiner half ihr. Keiner nahm sie ernst. Was sollte sie nun tun? Was konnte sie schon tun? Wenn ihre Feuerbälle die Bestie nicht verletzten, was blieb ihr dann noch? Einer Panik nahe lief sie durch den Durchgang. Sie konnte die Bestie hinter sich immer noch brüllen hören. Plötzlich war sie still. Erstaunt drehte sich die Pyromantin um. Von der Echse war weit und breit nichts zu sehen.
In dem Moment krachte es in ihrem Rücken, so dass von ihrem Schild die Funken stoben, und sie wurde nach vorne zu Boden geschleudert. Benommen lag sie auf der Erde. Etwas Hartes hatte sie an Rücken und Hinterkopf getroffen.
Jemand packte sie und zog sie in Richtung Wall, aus der Mitte des Schlachtfeldes heraus. „Alles in Ordnung?“, fragte eine ihr wohlbekannte Stimme. Als sich Emelias Blick wieder klärte, erkannte sie ihre Schwester. „Ja. Mir geht es gut.“, antwortete sie rasch. Lavina nickte ihr zu und stürzte sich wieder in die Schlacht. Nachdem sie zweimal tief durchgeatmet hatte, stand Emelia langsam wieder auf. Im Kampflärm fällt ihr ein immer lauter werdender Singsang auf, den sie weder einer Sprache zuordnen noch die Quelle bestimmen konnte.
Die Schlacht tobte. Im Getümmel fielen ihr ein Bär und ein Wolf auf, die gegen die Gegner kämpften. Hinter sich hörte sie plötzlich ein Knirschen. Emelia fuhr herum. An dem Wall entlang schlich ein mit einer dünnen Eisschicht überzogener Schatten auf sie zu. Klirrend, knirschend und nun auch fluchend stürzte sich der Schatten mit einem langen Dolch in der Hand auf sie. Im Reflex schleuderte Emelia ihm einen Feuerball auf die Brust. Die Wucht des Feuerballs ließ ihn ein paar Schritte zurücktaumeln. Sofort produzierte und warf die Pyromantin einen großen Feuerball hinterher. Der Schatten ging rückwärts zu Boden und Flammen hüllten ihn ein. Schreiend begann er sich zu wälzen.
Durch seinen Sturz hatte der Schatten den Blick auf eine Statue freigegeben. Ungläubig starrte Emelia dorthin. Eine Seno Statue!? Durchsichtig? Interessiert betrachtete ein junger Mann mit kurzem weißen Haar die Szene. Seno war in Eis eingeschlossen? Wieso hatte er ihren Hitzeschild nicht mehr? Hatte sie den während der Schlacht verloren? Das musste wohl der Fall gewesen sein. Doch es war müßig, darüber nachzudenken. Nun erzeugte sie einen neuen Hitzeschild um Seno.
Währenddessen wurde aus dem lauten Singsang eine immer bedrohlicher klingende Intonation. Die Pyromantin sah sich um. Am Waldrand stand dieser Dämonenbeschwörer. Von ihm ging diese Beschwörung aus. Als er die Arme hob, begann der Boden zu beben. Ein in erdfarben gekleideter Magier zwischen ihnen brach gerade lautlos zusammen. Emelia warf einen großen Feuerball in Richtung Waldrand. Abrupt riss der Singsang ab. Dafür tat sich nun unter lautem Krachen der Boden vor dem Durchgang auf.
Die Gegner zogen sich rasch in den Wald zurück. Ein lautes Brüllen erfüllte die Luft. Eine große Gestalt erhob sich aus dem Boden vor dem Durchgang. Erdbrocken fielen von ihr ab, als sie sich erhob. Wie gebannt starrte Emelia sie an. „Neu Formieren! Archon Drei!“, hörte sie die erschöpft klingende, aber immer noch durchdringende Stimme ihres Mentors. Rasch befolgten die Pyromanten die Order. Sie begaben sich in die angesagte Position, die sie von ihrem derzeitigen Standpunkt erreichen konnten. Diejenigen, die durch das Wesen von den anderen abgeschnitten waren, sammelten sich hinter dem Durchgang, die anderen links und rechts von ihm am Wall.
Emelia blieb auf der Seite, auf der sie war und suchte mit den Augen das Schlachtfeld ab. Hoch über dem Wall auf der anderen Seite schwebte jemand in der Luft. War das dieser Gedankenmagier? War auch dies nur eine Illusion, wie das Biest, welches sie vorhin gesehen hatte? Rasch schickte sie einen Feuerball in seine Richtung, doch der wurde, kurz bevor er sein Ziel treffen konnte, abgelenkt.
Die Pyromanten in ihrer Gruppe formierten sich in zwei Richtungen. Einige nahmen den Waldrand unter Beschuss, die anderen das Wesen, welches vor dem Durchgang gerade zwei lederne Schwingen streckte. Die Feuerbälle, die dieses Wesen trafen, schlugen funkensprühend auf seinem Panzer auf. Was in Pyrrus Namen war das? Solch ein Wesen hatte sie nie zuvor gesehen. Nicht einmal in den Büchern, die sie gelesen hatte. Es war doppelt so hoch und doppelt so breit wie ein kräftiger, großer Krieger. Es hatte ein riesiges mit scharfen Zähnen besetztes Maul. Rot glühten seine Augen in tiefen dunklen Höhlen. Das musste ein Dämon aus Drekus’ Reich sein.
Emelia wandte ihren Blick von dem Ungeheuer ab. Und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe. Mit anderen Pyromanten zusammen deckte sie den Waldrand mit Feuerbällen ein. Sofort stand der Waldrand in Flammen, doch im gleichen Moment setzte schon wieder heftiger Regen ein. Sturm blieb diesmal aus. Etwas abseits von der gegnerischen Gruppe fiel Emelia ein einzelner Magier auf, der sich anscheinend auf irgendetwas konzentrierte. War das nicht dieser unfreundliche Garposch? Was auch immer der da machte, sie beschoss, es zu verhindern. Eine Salve gezielter kleiner Feuerbälle sollte dies bewerkstelligen. Einige der Bälle wurden abgelenkt und schlugen irgendwo im Wald ein, doch zwei trafen ihr Ziel. Ein langgezogener Schrei erklang vom Wall. Als Emelia ihren Blick dorthin richtete, schlug der Gedankenmagier gerade auf dem Wall auf.
Der Dämon wütete inmitten der drei Pyromantengruppen. Der lange gepanzerte Schwanz des Dämons traf gerade Arnulph mitten auf der Brust. Er flog in hohem Bogen nach hinten. Abigunda wurde gerade on einer Klauenhand gepackt und der Dämon biss ihr die Kehle heraus. Verdammt. Es stand gar nicht gut. Und dieser Dämon war gewiss keine Illusion. Mit Tränen in den Augen wandte sich Emelia nun auch dem Dämon zu. Langsam begann der Dämon an einigen Stellen zu Rauchen. Er war also nicht ganz immun gegen ihre Flammen, nur gut gegen sie geschützt.
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Es wurde wärmer. Erst langsam, doch dann immer schneller. Der Schutzschild schien nie ganz weg gewesen zu sein. Das Eis schmolz rapide und Seno fühlte sich zusehends besser. Er war Emelia gar nicht böse, daß ihr Schutzschild schwächer als die Kräfte des Eismagiers waren, hatte er doch wichtige Informationen sammeln können. Nun funktionierte der Schutzschild wieder und er wußte um Willems Gesinnung Bescheid. Nun möge die Schlacht beginnen.
Seno bewegte langsam seine Gliedmaßen wieder. Gleichzeitig rasten aber seine Gedanken. Mehrere Tiere und ein paar Magier lagen tot rum. Schon zu viele um sie alle zu kontrollieren. Mit Bedacht, wählte er die richtigen aus und unterstütze nun Willem. Der Tiermagier war erst verwundert, verstand dann aber bald was da geschah und konzentrierte sich um einen Magier, während die Wiederbelebten ihm den Rücken frei hielten.
Den Bewegungen wieder mächtig schlich sich Seno nun in eine etwas günstigere Position: Hinter einem Baum.
Wieder erzitterte der Boden. Etwas Riesiges erhob sich am Wall aus dem Boden. „Ein Dämon!“, erkannte Seno schreiend, sich an den Erzählungen seines Vaters erinnernd. Sie waren verloren. Jetzt half nur noch Flucht. Seno lief plötzlich kalter Schweiß runter. Zitternd hörte er das Brüllen dieses Ungetüm, ehe sich dieser in die Schlacht warf.
Ein dumpfes Gefühl breitet sich in Senos Kopf aus. „Nein.“, sprach er leise aus und ging in die Knie, hielt sich seinen Kopf mit den Händen fest. Was hatte ihm sein Vater noch gesagt? ‚Starke Dämonen lassen die Köpfe von Nekromanten alleine dadurch platzen, daß sie in Sichtweite sind!’ Dämonen, diese untoten Kreaturen des Unterreichs.
Ein jeder denkt Feuermagier sind die Erzfeinde von Nekromanten. Doch weit gefehlt. Dämonen sind Tote mit Gehirn und sie spüren Nekromanten. Entweder der Nekromant beherrscht den Dämonen oder der Dämon zerstört den Nekromanten. Aber noch nie hat ein Nekromant ein Dämon beherrscht!
Zitternd kniete Seno sekundenlang auf dem Boden, unfähig weg zu rennen, seinen Tod erwartend. Doch nichts geschah. Es dauerte etwas, bis er es realisierte. Er war nicht dabei zu sterben. Der dumpfe Schmerz in seinem Kopf war noch da, aber ließen sich aushalten. Es mußte ein ganz junger Dämon sein, den sie da vor sich hatten.
Seno schlug die Augen auf und besah sich den Kampf. Die Feinde waren zurück gewichen, die Bäume brannten, Willem hielt sich tapfer, ein Wolf an seiner Seite kämpfend Der Dämon war natürlich auch noch immer da und zerfleischte seine Kameraden.
Er, Seno der Nekromant, mußte nun was gegen den Dämonen tun. Denn nur er war in der Lage dieses Monster auf zu halten. Jetzt war die Stunde in der er seine Fähigkeiten endlich fürs Gute einsetzen konnte. Die Stunde, wo er seinen Vater stolz machen konnte.
Senos Gedanken wichen aus den Körper der Wiederbelebten heraus und er konzentrierte sich voll auf den Dämonen.
Dämonen sind Untote, Untote können beherrscht werden. Er Seno, ein Nekromant, einziger Sohn seines Vaters, würde nun einen Dämon bezwingen. Vielleicht würde er das schlechte Ansehen von Nekromanten für allezeit verbessern können. Seno schwitze vor Aufregung.
Seine Gedanken drangen in den Dämonen ein. Ja, so einfach ging es nur bei Toten. Die Augenblicke zogen sich zu Unendlichkeiten hin, wie Seno die Kontrolle des Monsters an sich zog.
„Verschwinde!“ Seno erschrak. Der Dämon hatte ihm im Geiste etwas gesagt. Zitternd vor Eifer schlug Seno weiterhin zu. ‚Rede du nur, ich breche dich und dann gehörst du mir’, dachte sich Seno voller Vorfreude.
Doch so sehr sich Seno auch Mühe gab. Der Wille von dem Monster wollte nicht weichen. Immer angestrengter versuchte er es doch noch zu schaffen, doch nicht der kleinste Erfolg stellte sich ein.
Wütend über seine Schwäche gab Seno letztendlich auf und besah sich noch einmal den ganzen Kampf. Die Reihen der Gegner hatten sich gut gelichtet, aber auch einige der Feuermagier lagen zu Boden. Willem hatte irgendetwas Längliches im Oberschenkel und war nur noch dabei sich zu verteidigen. Der Wolf, wohl seine Gefährtin, sorgte durch geschicktes Angreifen und zurückweichen, dafür, daß keiner der Magier tödliche Magie auf Willem wirkte. Doch es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Beiden untergingen. Der Dämon währenddessen wütete ungemindert unter den Magiern weiter, auch wenn es so schien als ob die Feuerbälle ihm ein wenig schmerzten.
Die prekäre Lage der Tiermagier auf der einen Seite, der hoffnungslose Kampf gegen den Dämonen auf der anderen Seite ließen Seno kurz wanken, wo er weiterhin helfen könnte.
Aber es war klar, das dies Kopfschmerzen verursachende Wesen zuerst fallen mußte. Seno streckte seinen Geist wieder aus. Diesmal wieder zu den rum liegenden Leichen. Zum Glück hatte das Feuer bei den Bäumen nicht vor den zurück gelassenen Kadavern halt gemacht, so daß seine halbe Armee brannte.
Ein Wolf, drei Eichhörnchen, ein Feuermagier, zwei Gedankenmagier schlossen sich ihm an. Seno spürte die Schwierigkeit, die er mit den Menschen hatte. Er wollte sie nicht einfach zuschlagen lassen, sondern sich ihrer alten magischen Fähigkeiten bedienen, was viel mehr Anstrengung bedeutete. Doch er war sich bewußt, daß Fäuste nichts brachten und wenn er eine Chance haben wollte dem Dämonen zu schaden, dann mußten die Wiederbelebten Magie wirken.
So kämpfte er eine Weile, bis ihm eine Idee kam. Sofort setzte er sie in die Tat um, und ließ die Eichhörnchen an dem Dämonen hochklettern. Sie waren zu klein und flink, der Dämon zu beschäftigt um sich um sie zu kümmern. Würde sein Plan gelingen?
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Verzweifelt warf Emelia Feuerbälle auf den Dämon. Zwischendurch produzierte sie auch einige kleine Rauchwolken. Ihre Kräfte erschöpften sich langsam. Ihre Feuer verpufften zu sehr an diesem Gegner. Durch den ständigen Regen war der Dämon mittlerweile in Dampf gehüllt. Ein Feuerball entflammte kurz an der Seite des Dämons. Kamen sie jetzt durch den Schutz des Dämons hindurch? Hoffnung keimte in der Pyromantin. Doch als das Feuer erstarb, sah sie ein kleines Skelett zu Boden fallen. Das hatte also gebrannt. Der Dämon blieb unbeeindruckt.
Was war das gewesen? Emelia sammelte neue Kraft und beobachtete den Dämon scharf. Da wimmelte noch etwas Kleines auf dem Dämon herum. Irgendein kleines Tier krabbelte an ihm hoch. Nein, es waren zwei. Diese beiden hatten bisher pures Glück gehabt, nicht von einem der zahlreichen Feuerbällen getroffen worden zu sein, die auf dem Dämon zerplatzten. Was wollten die beiden da? Was auch immer, die Pyromantin beschloss, ihnen zu helfen. Sie nahm etwas von der Energie von ihrem und Senos Schild und schuf kleine Schilde um die beiden Tierchen. Was immer ihr vorhabt, viel Glück. Möge Pyrrus euch schützen.
Von irgendetwas schien der Dämon abgelenkt zu sein. Er schlug nun mehrfach ins Leere. Das verschaffte Emelia etwas Zeit zum Durchatmen. Ein Flammenregen ging auf den Dämon nieder. Das musste von Corvin kommen. Gut dass sie die kleinen Tierchen geschützt hatte. Ein Wolf, der gerade den Dämon ansprang, fing Feuer. Oder brannte er schon die ganze Zeit? Emelia wusste es nicht. Aber, wenn ihnen ein toter, äh untoter Wolf half, dann musste Seno erfolgreich aufgetaut sein. Die Pyromantin atmete erleichtert auf.
Endlich hörte der Regen wieder auf. Emelia sah kurz zum Waldrand, wo sich die gegnerische Magiergruppe gesammelt hatte. Ein Bär und ein Wolf kämpften dort auf verlorenem Posten inmitten der Gegner. Wieso kämpften ein Bär und ein Wolf auf ihrer Seite? Der Bär war verwundet. Ein Speer steckte in seinem rechten Bein.
Rasch sah sie sich um. Vernon war in der Gruppe auf ihrer Seite. Emelia ging zu ihm und machte ihn auf die Situation am Waldrand aufmerksam. Immerhin war er einer derjenigen Pyromanten, die sich bestens auf den Nahkampf verstanden. „Vernon, der Bär und der Wolf dort drüben kämpfen für uns. Wir sollten ihnen helfen.“, sagte sie laut, um den Kampflärm zu übertönen. „Ich übernehme hier für Dich.“, fügte sie hinzu. Vernon nickte und winkte Hagaar auf der anderen Seite zu. Die beiden liefen Feuer werfend in Richtung Waldrand und zogen, kurz bevor sie bei den beiden Tieren ankamen, ihre Flammenschwerter. Den Platz von Vernon einnehmend warf Emelia nun wieder Feuerbälle gegen den Dämon.
Plötzlich heulte der Dämon laut auf. Doch es schien nicht am Feuer zu liegen. Hektisch schlug er mit seinen Armen um sich. Dann sah Emelia, was ihn schmerzte. Eines der kleinen Tierchen hatte sein linkes Auge erreicht und dort festgebissen. Dort tropfte eine schwarze Flüssigkeit herunter. Mit einer Klauenhand fegte der Dämon die Tierchen von sich herunter. In hohem Bogen flogen sie zu Boden, rappelten sich aber wieder auf. Emelia warf einen kleinen Feuerball gezielt auf das verletzte Auge, verfehlte es jedoch. Der Feuerball zerplatzte auf der Stirn des Dämons. Doch ein paar Funken müssen das Auge dennoch erreicht haben. Der Dämon wandte sich ihr brüllend zu und näherte sich. Etwas sirrte an ihr vorbei. Ein Speer traf den Dämon in der rechten Seite und blieb stecken. Der musste mit unglaublicher Wucht geworfen worden sein, da er den Panzer hatte durchdringen können. Rasch warf Emelia einen großen Feuerball auf die Stelle, in der der Speer steckte. Der Dämon heulte kurz auf, näherte sich ihr aber weiterhin bedrohlich. Emelia wich zurück. Die Feuermagier, die den Speer im Dämon stecken sehen konnten, konzentrierten ihr Feuer ebenfalls darauf. Mit einer Klaue schlug der Dämon nach Emelia. Sie wich knapp aus. Dann schien der Dämon erneut von etwas abgelenkt zu sein. Doch unvermittelt schlug er, während er sich von ihr abwandte, mit dem Schwanz nach ihr. Die Pyromantin versuchte noch auszuweichen, doch die Attacke streifte sie noch.
Schmerzen explodierten in ihrer Seite. Als sie die Augen öffnete, sah sie den Himmel. Rauch und Dampf zogen in Schwaden dahin. War sie bewusstlos gewesen? Sie wusste es nicht. Jetzt konzentrierte sie sich darauf, zu atmen.
53
Den Dämon erschütterte nichts. Die Feuerbälle verpufften wirkungslos. Hätte er doch nur noch seinen Bogen. Er konnte jetzt selber nicht mehr viel machen. Er dirigierte seine Wiederbelebten, doch mehr war nicht drin. Seno mußte sich selber eingestehen, daß er zu feige war, sein Schwert zu ziehen und sich dem Dämonen zu stellen. Nein, eigentlich war er nicht feige. Es wäre reiner Selbstmord, mit einem Schwert da hin zu gehen. Natürlich konnte er Willem helfen, wenn dieser nicht schon tot war, doch er fand es wichtiger seine ganze Konzentration auf den Kampf mit dem Dämonen zu richten. Wenn dieses Ungetüm besiegt war, wären die dezimierten Gegner nur noch ein Klacks.
Die Wiederbelebten taten ihre Aufgaben perfekt, brachten aber auch nicht den Erfolg. Seno spürte zwar, wie sich Zähne und Waffen in die Haut des Riesen bohrten, doch viel weiter, als durch den äußeren Panzer kamen sie auch nicht und verursachten dem Monster wohl kaum mehr Schmerzen als eine lästige Mücke am abendlichen Lagerfeuer. Seine ganze Hoffnung legte Seno auf seine drei Eichhörnchen die sich noch immer auf dem Weg nach oben befanden. Durch die ruckartigen Bewegungen des Dämonen rutschten ihm die kleinen Tiere immer wieder ab. Es war doch etwas anderes, wenn Tiere gesteuert werden oder selber agieren.
Die Feuerbälle könnten gefährlich werden. Hoffentlich trafen sie nicht allzuoft die kleinen Tiere. Zwar waren diese durch die Magie des Wiederbelebens etwas gegen Feuer geschützt, aber halt nicht perfekt.
Da! Als ob er es herraufbeschworen hatte, verlor Seno in diesem Moment die Kontrolle über eines der Eichhörnchen. Noch zwei und sie waren fast am Ziel.
Das Erste hatte das Ziel erreicht und biß zu. Der Dämon bäumte sich auf. Seno grinste, selbst so eine Ausgeburt war am Auge empfindsam.
Seine kleinen Helfer wurden weggeschleudert. Schnell ließ er sie wieder hinlaufen.
Zeit für einen kleinen Rundumblick. Die Feuermagier sahen erschöpft aus, hielten sich aber noch gut. Der Dämon bekam eine neue Wunde, diesmal ein flammender Speer, die Gegner kämpften noch immer im Wald, wurden aber gerade von zwei Magiern angegriffen, welche flammende Schwerter gezogen hatten.
Seno konzentrierte sich weiterhin auf den Dämonen, der immer rasender wurde. Die Magier warfen ihr Feuer nun mehr auf den Speer und auf sein Gesicht, wohl in der Hoffnung durch die verletzten Stellen größeren Schaden an zu richten.
Seine Eichhörnchen waren da. Schnell liefen sie an den Beinen des Dämonen noch. Als er sie in Hüfthöhe hatte bekam Seno einen neuen Einfall. Warum nicht von innen? Dachte er sich und gab einem der beiden Helfer einen neuen Befehl.
Flink lief das Eichhörnchen zum Speer, welcher immer noch steckte und machte sich dran, in die Wunde ein zu dringen. Grinsend ließ Seno ihn graben, bis die Verbindung abriß. Tod! Da trafen eindeutig zu viele Feuerbälle ein. Gleichzeitig verlor er auch noch eine Verbindung zu seinem Wolf. Er verlor einen nach dem andern seiner Helfer. Wenn nicht bald Kampfende war, würde er völlig nutzlos sein.
Der Dämon wankte nun bedrohlich, war aber immer noch dabei wild um sich zu schlagen. Jetzt oder nie! Seno zückte sein Schwert, was er erst nicht einsetzen wollte und rannte los. Weinige später blieb er erneut stehen, da ihn sein neu gewonnener Mut wieder verlassen hatte. Wie kann ein Mensch gegen einen Dämonen antreten? Zweifelt plagten ihn. Was, wenn die Magier ihn aber als feige betrachteten? Hin und hergerissen trat Seno näher dran. Da waren ja immer noch die Feuerbälle. Kein Mensch konnte verlangen, daß er einem Dämonen und Feuerbällen entgegentreten würde.
Sollten sie ihn doch als Feige ansehen. Seno änderte etwas die Richtung und lief los: mitten in den Wald rein.
Er wollte nicht fliehen, nein davon war er weit entfernt. Sein Ziel waren ihre ursprünglichen Gegner. Viel lieber zog er gegen Magier als gegen Dämonen in die Schlacht, wenn auch seine Chancen zum Überleben dadurch nicht viel größer wurden.
Zitternd rannte er zu der zweiten Schlacht, wo mittlerweile zwei Tiere und zwei Feuerschwerter schwingende Magier die Gegner attaktierten. Seno war noch nicht ganz da, als die Erde mit einem lauten Rumpfs erzitterte.
Beim Stoppen sah er wie die meisten Leute vor ihm sich zu der Geräuschquelle umsahen. Ein Feuermagier nutzte die Sekunde der Unaufmerksamkeit und zerteilte regelrecht einen jungen Mann.
Nun stand Seno und sah selber zurück. Staunend sah er den massigen Körper des Dämonen flach auf der Erde liegen, einer seiner Arme unkontrolliert zuckend.
Ein Blick wieder zu den Feinden verriet ihm, daß die Überlebenden flohen. Panisch rannten sie durch das brennende Unterholz weg, die zwei Feuermagier bei ihnen setzten ihnen nach.
Der Kampf war vorbei. Sie hatten es tatsächlich geschafft. Freudig drehte sich Seno wieder dem Dämonen zu und beteiligte sich nicht an der Verfolgung. Die Magier würden wohl auch bald umdrehen. Außerdem gab es jetzt wichtigeres zu tun. Mit großen Schritten lief er auf den Dämonen zu.
Ein letztes Zucken und der Dämon lag still. Seno aktivierte seine verliebenden Kraftreserven und öffnete im Rennen schon mal einen seiner Beutel. Da war der Moment. Mit großen Augen sah Seno wie der Dämon sich verwandelte. Wie sein Vater es ihm gelernt hatte wurde aus dem Dämonen nun ein großer Haufen schwarzer Sand. Freudig hielt er die Flasche aus seinem Beutel nun in der Hand und entleerte sich.
„Halt!“ Forderte ein Feuermagier und hielt sein brennendes Schwert quer vor Seno, was diesen stoppen ließ. „Ich..“, versuchte Seno zu sagen, schwieg dann aber und besah sich staunend den Berg schwarzen Sand an. Diese Gelegenheit konnte er sich nicht entgehen lassen. Das wäre wahnsinnig.
Ein Schritt zur Seite und ein kräftiger Schubs und der Magier flog hart zu Boden.
Seno stürmte nun weiter, mitten in den Sand rein. „Lass ihn!“ Sprach eine harte Stimme weit neben ihm. Seno beachtete sie nicht und füllte hastig seine Flasche mit dem schwarzen Sand.
Hektisch verschloß er das Glasgefäß. Kein Augenblick zu früh, denn schon löste sich der schwarze Sand auf. Staunend besah Seno sich den Haufen um ihn rum an, wie er in wenigen Augenblicken ganz verschwand.
Der schwarze Sand war kaum verschwunden, da fiel es ihm wieder ein. Die Magier wollten ihn ja daran hindern, etwas vom schwarzen Sand zu nehmen. Er packte sich an sein Schwert, welches er beim Laufen zum Dämonen wieder in die Schlaufe gesteckt hatte und stand auf.
Keiner griff ihn an. Verwundert sah Seno sich um. In Gruppen standen die Magier zusammen, Verwundete wurden verpflegt, es wurde sich unterhalten und auch der Platz wo eben noch der Dämon war bestaunt doch keiner griff ihn an. Nur ein einzelner Magier, der der ihn auch aufhalten wollte, sah Seno an, als ob er sein Feuerschwert heute noch einsetzen wollte.
54
Einatmen. Ausatmen. Emelia bemerkte, dass ihr Hemd über der linken Seite feucht wurde. Verdammt. Sie versuchte gerade, sich aufzurichten, als der Boden donnernd erzitterte. Rasch legte sie sich zurück auf den Boden. Staub wirbelte hoch auf. Verzweifelt hielt sich Emelia ihren rechten Ärmel vor Mund und Nase. Lange kämpfte sie dagegen an, doch schließlich musste sie husten. Tränen schossen ihr in die Augen. Eine Rippe war wohl mindestens angebrochen.
Als sich der Staub endlich gelegt hatte, sah sie das vertraute Gesicht ihrer Schwester über sich. „Lavina?“, fragte sie leise. „Ja, ganz ruhig.“, beruhigte Lavina sie. Vorsichtig legte Lavina ihre Hand auf die Wunde und versiegelte sie. Dann half sie Emelia auf. Instinktiv presste Emelia ihren linken Arm auf die Verletzung. Langsam sah sie sich um. Es war ruhig. Der Dämon lag gefällt am Boden. „Was ist geschehen?“, fragte sie leise. „Wir haben es geschafft.“, meinte Lavina. Als der Dämon fiel, sind die anderen Gegner geflohen.
Schnelle Schritte näherten sich. Emelia hörte ein lautes „Halt!“. So rasch es ihre Rippe zuließ, drehte sie sich um. Dabei verzog sie ihr Gesicht nur leicht. Erstaunt sah sie, dass Seno einen Pyromanten zur Seite stieß und auf den Dämon zulief. Was tat er da? Wo war der Dämon hin? Mit großen Augen betrachtete Emelia die Stelle, an der eben noch der Dämon gelegen hatte. Dort lag nur noch ein Haufen Asche. Nein, die wäre bereits davon geweht. Das war irgendetwas Schwereres als Asche. Der Nekromant stürmte in den Haufen und befüllte eine Flasche mit dem schwarzen Zeug. Was hatte er vor? Im nächsten Moment war das schwarze Zeug gänzlich verschwunden, bis auf das wenige in Senos Flasche. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Was wollte der Nekromant mit den Resten eines Dämonen? Jetzt griff er auch noch zu seinem Schwert!? Erschrocken sah Emelia Seno an. Nur wenige Schritt von ihm entfernt stand Locmaar, dessen rechte Hand gereizt an seinem Schwertknauf herumspielte, als wartete er nur darauf, dass Seno eine falsche Bewegung machte. Die Anspannung zwischen den beiden konnte sie fast knistern sehen.
So schnell sie konnte ging sie in die Richtung der beiden Streitenden. Unterwegs wollte Emelia etwas Beschwichtigendes dazwischen rufen, doch, als sie dafür Luft holte, schmerzte die Rippe wieder, und als sie rufen wollte, brach nur erneut Husten aus ihr heraus. Wieder standen ihr vor Schmerzen Tränen in den Augen. In dem Moment erhob sich Corvins Stimme: „Ich sagte vorhin, lass ihn!“ Augenblicklich entspannte sich Locmaars Haltung. Doch noch immer sah er Seno mit funkelnden Augen an. In dem Moment kamen Vernon, Hagaar, Willem und eine Magierin vom Waldrand zurück. War das seine Radona? Wie auch immer, sie brachten eine willkommene Ablenkung. Locmaar wandte seinen Blick von Seno ab und ging seinen Freunden entgegen.
Emelia war froh, dass sich diese aufgeheizte Stimmung nicht entladen hatte. Diese Situation hätte böse enden können. Immerhin war Locmaar ein erfahrener Nahkämpfer und ausgebildeter Pyromant. Vorsichtig ging sie nun auf Seno zu. Leise fragte sie ihn: „Was war denn hier los?“ Seno sah sie seltsam an. Dann sagte er: „Ich wollte… er hat…ach was. Wir sollten rüber gehen und Willem danken.“ Verwirrt sah die Pyromantin ihn an. „Was willst Du mit dem schwarzen Zeug anfangen?“, hakte sie halb neugierig und halb misstrauisch nach. Er zuckte nur mit den Schultern und ging auf Willem und seine Begleitung zu. Die Pyromantin folgte ihm noch immer etwas misstrauisch, versuchte aber zu ihm aufzuschließen.
Herzlich kam Willem auf sie zu: „Eure Ablenkung hat funktioniert. Ich konnte Radona befreien. Ich danke euch beiden herzlich.“ Willem strahlte sie trotz seiner schweren Verletzung am Oberschenkel an. „Wir danken euch für eure Unterstützung.“, bedankte sich Seno für beide. Emelia konnte gerade nur zustimmend nicken. Für mehr fehlte ihr gerade die Luft. Doch glücklicherweise unterhielt sich Seno noch etwas mit den beiden. Als es Emelia wieder etwas besser ging, bot sie Willem leise an: „Ich könnte eure Wunde versiegeln, wenn ihr wollt.“ Erstaunt sah Willem Emelia an. Dann blickte er auf seinen immer noch blutenden Oberschenkel und meinte etwas irritiert: „Ihr? Ich denke, ihr seid Feuermagierin?“ Etwas verlegen antwortete sie leise: „Ja, ich bin Pyromantin. Wir können mit etwas Hitze Wunden versiegeln. Dann würde sie wenigstens nicht mehr bluten.“ Etwas misstrauisch stimmte Willem dem Angebot schließlich zu. Mit ein wenig Hitze versiegelte Emelia seine Wunde. Es roch etwas nach verbranntem Haar. Oder war das Fell? Immerhin blutete die Wunde nicht mehr, woraufhin sich Willem abermals bedankte. „Das war das mindeste, was ich für Euch tun konnte, nach Eurer selbstlosen Hilfe.“, meinte Emelia wieder leise. Lauter sprechen konnte sie gerade nicht. Doch wenigstens konnte sie überhaupt etwas ohne große Schmerzen sagen.
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Seno sah sich zufrieden um. Er lebte noch und ein Blick verriet ihn, daß auch Emelia die Schlacht überlebt hatte, sie war ihm doch etwas ans Herz gewachsen.
Da der Magier ihn nicht angriff, ging Seno zu Emelia und unterhielt sich kurz mit ihr. Doch sie wollte nur wissen, wieso er den schwarzen Sand aufgesammelt hatte und so lenkte er sie ab, indem er auf Willem und seine Gefährtin wies, die einsam und verlegen in der Gegend rumstanden.
Es wurde sich bedankt, beglückwünscht und gegenseitiges Lob ausgesprochen, als wäre man alte Freunde. So ein Kampf konnte die Menschen stark zusammen rücken.
Doch schon bald war alles besprochen und Willem drängte darauf wieder weiter zu ziehen. So verabschiedete man sich, sprach die üblichen Floskeln und trennte sich.
Während die Tiermagier weggingen, näherte sich Seno mit Emelia dem Anführer der Magiergruppe, Corvin.
„So denn, Die Schlacht ist unser. Mein Anspruch will ich nun gelten machen.“ Die näherkommenden Magier starrten Seno an, als wäre er doch in der Schlacht verletzt worden. „Du willst was? Du meinst das Dokument? Es wird nie wieder deine Hände berühren.“ Die Erklärung eines Magiers wurde von den zustimmenden Rufen anderer Magier untermalt.
„Ich habe aber ein Anrecht darauf. Emelia und ICH waren es, die das Dokument geholt haben.“, erklärte Seno nun leicht wütend. „Ja und? Was will ein Nek...“ „Schweig, Vernon. Es sind ungewöhnliche Zeiten angebrochen. Ein Nekromant hat unserer Sache gedient. Dies müssen wir respektieren. Aber du wirst verstehen...“, mit diesen Worten wandte sich Corvin zu Seno hin, während die meisten seiner Waffenbrüder ihn ungläubig ansahen. „das wir unmöglich dir das Dokument aushändigen können. Nach deiner Geschichte spielt dein Vater...“ „Onkel.“, warf Seno dazwischen. „ein.. Onkel ein seltsames Spiel. Mein Vorschlag in Güte. Komm mit uns zu unserem Orden, wo wir mit den Verantwortlichen sprechen werden. Gemeinsam wird uns eine Lösung einfallen, die jede Seite zufrieden stellen wird.“ Leichte Proteste wurden laut, sie ignorierend sprach Seno nach einer Weile des Nachdenkens: „Ich bin nicht in der Lage Forderungen durch zu setzen. Dein Vorschlag ehrt mich und ich nehme ihn an, wenn ihr mir meine Unversehrtheit versprecht.“ Gespannte Stille. Corvin streckte ohne zögern seine Hand vor. „Ihr.. Du steht unter meinem Schutz, bis du den Orden wieder verlassen hast oder einen unschuldigen Feuermagier angreifst.“ Seno schlug ein und ein Raunen ging im Kreis umher.
Corvin zögerte etwas, dann sah er verwundert auf und richtete seine Aufmerksamkeit Emelia zu. „Bitte senke dein Schild um unseren Gast.“ „Ja, Meister Corvin.“ Seno spürte etwas. Er konnte es nicht beweisen, doch er vermutete, daß Corvin ihn mit einem Schutzschild versah, was ihn an etwas erinnerte. „Danke Emelia für deinen Schutz. Ohne dich hätte ich den Kampf nicht überlebt.“
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Nach der Schlacht sammelten sich die überlebenden Pyromanten um Corvin. Nicht alle hatten es geschafft. Willem und Radona hatten sich gerade in die Wälder verabschiedet. Wohlweißlich hatten sie eine andere Richtung eingeschlagen als die geflohenen Gegner.
Kaum hatte Seno sich Corvin genähert, fing er schon wieder damit an, Anspruch auf das Dokument zu erheben. Erstaunt sah sie den Nekromanten an. Entweder war er sehr dumm oder sehr mutig, das Thema erneut in dieser Runde anzusprechen. Seno lieferte sich ein kurzes Wortgefecht mit Vernon. Zielsicher legte sich der Nekromant vorwiegend mit ausgebildeten Pyromanten an. War das vielleicht eine Taktik? Damit stieg sein Ansehen unter den Schülern langsam und sie würden ihm mit etwas mehr Respekt begegnen. Doch diese Taktik war ziemlich riskant. Die Wut eines Pyromanten war nicht zu unterschätzen. Und Vernon war nicht gerade für seine Geduld und Nachsichtigkeit bekannt. Noch erstaunter als zuvor war Emelia, als Corvin dazwischen ging und Seno ein großzügiges Angebot machte. Er sollte die Pyromanten in ihren Orden begleiten, wo sie eine gemeinsame Lösung finden würden. Mit großen Augen sah Emelia zwischen Seno und Corvin hin und her. Nur wenige Außenstehende hatten bisher den Orden betreten dürfen. Unwillkürlich hielt sie den Atem an vor Spannung.
Die Pyromantin lächelte als Seno das Angebot annahm. Jetzt wurde ihr erst bewusst, dass ihr kleines Abenteuer bald beendet war und sie dann wieder im Orden wäre, während Seno alleine weiter durch die Welt zog. Vielleicht würde sie ihn etwas vermissen. Die ruhige, aber laute Stimme von Corvin schreckte sie aus ihren Gedanken: „Bitte senke Deinen Schild um unseren Gast.“ Schnell und immer noch leise antwortete sie: „Ja, Meister Corvin.“, und senkte den Schild rasch. Ihr war gar nicht mehr bewusst gewesen, dass der Schild noch aktiviert war. Lächelnd stellte sie fest, dass sie sich bereits daran gewöhnt hatte.
Kaum hatte sie den Schild gesenkt, bedankte sich Seno bei ihr für eben diesen. „Danke, doch ohne Dich hätte ich nicht einmal die Schlacht erreicht.“, bedankte auch sie sich leise. Bevor sie aufbrachen, galt es noch, die Seelen der Toten auf dem Schlachtfeld zu befreien. In der Tradition der Pyromanten schritten die verbliebenen Meister das Schlachtfeld ab und verbrannten die Leichen zu Asche.
Als sie sich auf den Weg in Richtung Heimat machten, ging Emelia mit gemischten Gefühlen. Einerseits freute sie sich auf die angenehm warmen Gebäude des Ordens, doch andererseits, jetzt wo ihr Abenteuer und die kleine Reise bald vorbei waren, würde sie im Orden wohl bald Fernweh bekommen. Doch sie war froh darüber, dass Seno sie noch bis dahin begleiten würde.